"Wir sind ein reiches Land mit langen Landgrenzen. Wer Marktpreise unterbietet, findet viele Käufer", sagt ein Vertreter der Islamischen Republik, der anonym bleiben will. Im Auge hat er dabei offenbar die Nachbarn Irak, Pakistan und Afghanistan. Das dabei erlöste Bargeld könne über Land, See oder auch über ein Drittland fliessen.

Der Iraner will in jüngster Zeit "Tonnen an Gold" losgeschlagen haben - bei Reisen nach Dubai, um die "Arbeit zu erledigen". Die beschriebene Praxis passt zu einer Strategie, bei der Schmuggel, Tauschgeschäfte und Hinterzimmerabsprachen eine grosse Rolle spielen können.

Um die US-Sanktionen im Banken- und Finanzsektor zu umgehen, hat die Islamische Republik nach Einschätzung von Geschäftsleuten und Analysten ein dichtes internationales Kontaktnetzwerk zu Händlern, Firmen, Wechselstuben und Geldsammelstellen geknüpft, um sich trotz des von Washington gegenüber dem Iran ausgeübten Drucks wirtschaftlich über Wasser zu halten.

"Iran ist ziemlich ausgebufft im Umgang mit wirtschaftlichen Härten", meint der Kenner des Golfstaats, Ali Vaez, von der Nicht-Regierungsorganisation International Crisis Group: "Iran kann sich beispielsweise darauf verlegen, Öl zu schmuggeln und so für Einnahmen sorgen."

Die auf dem internationalen Radar erscheinenden Rohöl-Exporte des Opec-Landes sind seit dem vergangenen Jahr unter den Sanktionen um mehr als 80 Prozent eingebrochen. Die Islamische Republik verfügt allerdings weiter über Milliarden-Einnahmen aus dem Export petrochemischer Güter - etwa von Flüssiggas nach Asien. Die Abnehmer sitzen beispielsweise in China und Malaysia.

«Nur Bargeld»

Bei einem Besuch in Istanbul erhielt Reuters jüngst Einblick, wie Hinterzimmerabsprachen im Graubereich ablaufen können. Drei junge Iraner schlossen diskret einen rund zwei Milliarden Dollar schweren Deal mit internationalen Händlern zur Lieferung von Gütern ausserhalb des Ölsektors ab.

Nach stundenlangen Verhandlungen und Telefonaten nach Teheran stand die Vereinbarung schliesslich: "Aber keine Versicherung, keine Banken und nur Bargeld", so die Devise eines der Unterhändler von einer mit der Regierung verbundenen Import-Export-Gesellschaft.

"Amerika kann den Iran nicht isolieren", sagt trotzig ein Teheraner Regierungsmitglied, das unerkannt bleiben möchte. Wenn der Ölexport versiege, müssten eben andere Ausfuhren forciert werden: "Petrochemische Güter, Textilien, Nahrungsmittel. Was auch immer."

Doch trotz aller Durchhalteparolen treffen die Sanktionen insbesondere das einfache Volk hart: So sind die Preise für Brot, Reis und andere Grundnahrungsmittel kräftig nach oben geschnellt. "Es ist einfach für die da oben darüber zu räsonieren, wie Iran amerikanischem Druck widersteht. Doch die müssen sich nicht wegen steigender Mietkosten und Nahrungsmittelpreise Sorgen machen", schimpft ein Teheraner Lehrer im Ruhestand: "Die Preise steigen doch jeden Tag."

(Reuters)