Die Auftragsvergabe in Deutschland laufe nach den Neuwahlen im Frühjahr erst verspätet an, teilte Rheinmetall am Donnerstag in Düsseldorf mit. Dabei spielt die Bundeswehr für den Rüstungskonzern eine wichtige Rolle, im ersten Halbjahr machte Deutschland fast ein Drittel des Umsatzes aus. Zum Jahresauftakt machten sich zudem Vorzieheffekte bemerkbar. Im zweiten Quartal brach die sogenannte Nomination daraufhin um 77 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro ein. Diese Kennziffer umfasst neben dem klassischen Auftragseingang unter anderem das Volumen aus neu abgeschlossenen Rahmenverträgen mit militärischen Kunden.
Nun baut Rheinmetall-Chef Armin Papperger vor allem auf das vierte Quartal und rechnet dann mit deutlich mehr Bestellungen. «Unsere Auftragsbücher sind voll und werden sich in Zukunft weiter füllen», sagte Papperger. Mit 63,2 Milliarden Euro stieg der sogenannte Backlog, der neben dem Auftragsbestand zum Beispiel auch die erwarteten Abrufe aus bestehenden Rahmenverträgen mit militärischen Kunden beinhaltet, auf eine weitere Bestmarke. Im Gesamtjahr erwartet der Konzern hier sogar mehr als 80 Milliarden Euro.
Nachdem sich der Rheinmetall-Kurs allein seit Jahresbeginn fast verdreifacht hatte, nutzten die Anleger den Zeitpunkt für Gewinnmitnahmen. Am Nachmittag verlor das Papier 5,7 Prozent auf 1.682,50 Euro. Ein Händler sprach von «grossen Vorschusslorbeeren» angesichts der Kurs-Rally von Februar bis Anfang Juni. Zuletzt hatte die Rheinmetall-Aktie schon auf hohem Niveau konsolidiert. Das Rekordhoch von Anfang Juni bei 1.944 Euro ist mittlerweile etwas ausser Sichtweite geraten. Die vage Hoffnung auf einen Waffenstillstand in der Ukraine mit Blick auf ein mögliches Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Putin und US-Präsident Trump drückte zusätzlich auf die Stimmung im Rüstungssektor.
Mit seinen Quartalszahlen verfehlte Rheinmetall die Erwartungen. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um fast neun Prozent auf 2,43 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis kletterte um gut zwei Prozent auf 276 Millionen Euro. Analysten hatten hier jeweils mehr auf dem Zettel. Die operative Ergebnismarge ging von 12,1 auf 11,3 Prozent zurück. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre ein Gewinn von 131 Millionen Euro nach 62 Millionen ein Jahr zuvor.
Jefferies-Expertin Chloe Lemarie sprach von alles in allem schwachen Zahlen. Der Fokus liege jetzt auf dem Jahresende. Analyst Sven Weier von der UBS plädierte daher dafür, nicht nach hinten zu schauen. Es sei zu erwarten gewesen, dass das zweite Quartal etwas schwach ausfalle. Die Bestätigung der Jahresziele und Rheinmetalls Aussage, diese später womöglich zu erhöhen, seien beruhigend. Laut JPMorgan-Fachmann David H. Perry ist obendrein jede Kursschwäche eine Einstiegschance.
Angesichts der Beschlüsse des Nato-Gipfels im Juni und der geplanten Aufrüstung in Europa rechnet Rheinmetall mit einer weiterhin starken Nachfrage. Bevor sich diese konkretisiert, hält der Dax-Konzern an der bisherigen Jahresprognose fest. Demnach soll der Umsatz im laufenden Jahr weiter zwischen 25 und 30 Prozent zulegen. Das würde einem Erlös von 12,2 bis 12,7 Milliarden Euro entsprechen. Die operative Ergebnismarge dürfte nach wie vor rund 15,5 Prozent erreichen.
Rheinmetall hat sich nach eigener Aussage bereits auf wieder anziehende Bestellungen im Restjahr vorbereitet und die Lagerbestände aufgestockt. Das trübte den freien Barmittelzufluss (Free Cashflow) im zweiten Quartal erheblich, er sackte von plus 170 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf minus 911 Millionen ab. Investitionen für den Bau neuer Werke und den Kapazitätsaufbau an bestehenden Standorten belasteten zusätzlich, genauso wie geringere Vorauszahlungen der Kunden./niw/men/jha/
(AWP)