Die juristische Schlappe der Behörde gibt Binance und Coinbase Hoffnung, dass die SEC mit ihren Klagen gegen die beiden Börsenbetreiber ebenfalls nicht durchkommt. Ausserdem könnte der von vielen Investoren gehegte Traum von einem börsennotierten Fonds auf die Cyber-Devise Bitcoin endlich wahr werden.

Vergangene Woche hatte ein Gericht den Verkauf der Ripple-Kryptowährung XRP über eine Börse für rechtens erklärt. Es handele sich hierbei nicht wie von der Behörde postuliert um Wertpapiere. Für diese gelten strenge Auflagen, über deren Einhaltung die SEC wacht. Es war der erste grössere Sieg einer Kryptowährungsfirma gegen die Börsenaufsicht seit mehr als einem Jahrzehnt. Deren Chef Gary Gensler unterstellt der Branche "Wild West"-Methoden.

"Das Urteil stärkt die Argumente von Coinbase und Binance, dass digitale Vermögenswerte, die an diesen Börsen gehandelt werden, nicht als Wertpapiere gelten", bringt Anwältin Teresa Goody Guillén von der Kanzlei Baker & Hostetler die Bedeutung auf den Punkt. Coinbase und der kleinere Rivale Bittrex, der nach einer Klage der SEC in die Insolvenz schlitterte, waren für Kommentare zunächst nicht zu erreichen. Binance und die SEC wollten sich zu diesem Thema nicht äussern.

Die Kuh ist noch nicht vom Eis

SEC-Chef Gensler äusserte sich enttäuscht über das Urteil, obwohl Richterin Analisa Torres entschied, dass diejenigen XRP, die Ripple direkt an institutionelle Investoren verkauft hat, durchaus als Wertpapier zu betrachten seien. Denn einem Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1946 zufolge ist "eine Investition von Geld in ein gemeinsames Unternehmen mit Gewinnen, die ausschliesslich aus den Bemühungen anderer stammen" einen Investitionsvertrag und damit eine Art Wertpapier.

Bei an einer Börse gehandelten XRP hätten Käufer zufolge dagegen keine begründete Gewinnerwartung im Zusammenhang mit der Geschäftsentwicklung von Ripple, urteilt Torres. Daher seien es keine Wertpapiere im Sinne des Gesetzes. Bisher hatten Gerichte stets im Sinne der SEC entschieden und Kryptowährungen als Wertpapiere eingestuft. Die Behörde strengte in den vergangenen Jahren mehr als 100 ähnlicher Verfahren an, von denen die meisten aber mit einem Vergleich beigelegt wurden.

Experten gegen daher davon aus, dass die Behörde in Revision gehen wird. "Es steht zu viel auf dem Spiel, vor allem im Hinblick auf die Verfahren gegen Coinbase und andere Emittenten, als dass die SEC diese Entscheidung stehen lassen könnte", sagt Juraprofessorin Carol Goforth von der University of Arkansas.

Ripple-Chefjustiziar Stuart Alderoty blickt einer Revision gelassen entgegen: "Jedes Berufungsgericht, das sich mit dieser Angelegenheit befasst, würde dieses Urteil ergänzen und bestätigen", sagt er in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Auch Anwalt Philip Moustakis von der Kanzlei Seward & Kissel warnt vor möglichen negativen Konsequenzen für die SEC. "Es besteht ein erhebliches Risiko, dass ihre Zuständigkeit für die Kryptomärkte eingeschränkt wird, wenn sie in Berufung geht und verliert." Ausserdem sei dann ein Grossteil der Klage gegen Coinbase hinfällig.

Hoffnungen auf Bitcoin-Fonds

Coinbase, Bitstamp und andere Kryptowährungsbörsen haben inzwischen den Handel mit XRP, den sie 2021 wegen der SEC-Klage gegen Ripple ausgesetzt hatten, wieder aufgenommen.

Das Urteil schürt auch Hoffnungen auf eine baldige Zulassung eines börsennotierten Bitcoin-Fonds. Bislang gibt es nur ETFs auf Terminkontrakte für diese Cyber-Devise. Anfang Juli hatte der weltgrösste Vermögensverwalter BlackRock einen neuen Anlauf genommen, das Placet der SEC für einen Fonds, der direkt in Bitcoin investiert, zu erhalten. Den ursprünglichen Antrag hatte die Behörde als unklar und unvollständig bezeichnet. Andere Fondsanbieter bissen mit ähnlichen Vorstössen bei der Börsenaufsicht bislang ebenfalls auf Granit.

(Reuters)