Ricardo, Autoscout24 oder Immoscout - die Swiss Marketplace Group will mit ihren Online-Marktplätzen noch in diesem Jahr an die Börse und ihren Investorinnen und Investoren eine attraktive Dividende ausschütten.

Dass ein Börsengang für E-Commerce-Unternehmen durchaus lukrativ ist, zeigen die Kursentwicklungen der globalen Player. Während in den vergangenen Jahren Titel der US-amerikanischen Riesen Amazon, Walmart und eBay oder ihre chinesischen Pendants JD.com und Alibaba bei den Anlegerinnen und Anlegern auf dem Einkaufszettel standen, ist derzeit ein hierzulande weniger bekannter Mitspieler bei vielen Analysten auf der Watchlist: Mercado Libre - das «Amazon Lateinamerikas».

Marktführer in Lateinamerika

Innerhalb eines Vierteljahrhunderts, seit seiner Gründung im Jahr 1999, hat sich Mercado Libre in den Märkten Lateinamerikas als führender E-Commerce-Händler etabliert. Von Mexiko bis Chile treffen sich Verkäuferinnen und Käufer auf der Online-Anzeigenplattform, um Artikel als Auktion oder zum Festpreis zu handeln. Die Anzeigen platzieren sie kostenpflichtig, auch wenn ein Verkauf nicht garantiert ist. Käuferinnen und Verkäufer bewerten sich über ein Bewertungssystem, ähnlich wie beim Schweizer Marktplatz Ricardo.

Darüber hinaus stellt Mercado Libre mit «Mercado Pago» seinen Nutzern einen digitalen Bezahlservice bereit, der auch für Geldtransfers genutzt werden kann. «Mercado Pago» ist eng mit dem Online-Marktplatz verknüpft. Zusätzlich bietet Mercado Libre mit «E-Commerce Services» weitere Dienstleistungen für Händler an, die Werbelösungen, Versanddienstleistungen und Softwaretools umfassen.

Börsenerfolg ohne Gleichen

2007 ging das multinationale Unternehmen mit Sitz in Uruguay als erste lateinamerikanische Tech-Firma am US-Index Nasdaq an die Börse. Und das scheint sich bisher auszuzahlen. In knapp 18 Jahren haben die Aktien von Mercado Libre vom Erstkurs von 22 Dollar auf zurzeit 2500 Dollar zugelegt - eine Wertsteigerung von über 11’200 Prozent. Mit einem Kursgewinn von 45 Prozent entwickelt sich die Aktie im laufenden Jahr ebenfalls gut. Der Nasdaq hat in der gleichen Zeit 7 Prozent hinzugewonnen.

Geht es nach den bei Bloomberg erfassten Analysten, dann hat die Mercado Libre-Aktie weiterhin Potenzial. Das zwölfmonatige Kursziel veranschlagen sie bei 2840,3 Dollar, also 14 Prozent höher als derzeit. Entsprechend empfiehlt die Mehrheit der Analysten die Titel zum Kauf: 25 mit «Buy» oder «Strong Buy», lediglich zwei mit «Hold» und eine Verkaufsempfehlung.

Konkurrenz kann nicht mithalten

Zwar haben die grossen E-Commerce-Händler seit der Pandemie exponentielle Kursgewinne verbuchen können, jedoch können die Platzhirsche nicht mit der Latino-Version mithalten.

So kosten die Aktien von Amazon, dem zurzeit grössten Online-Händler der Welt, 220 Franken und stehen wieder dort, wo sie ins Jahr gestartet sind. eBay übertrifft mit seinem momentanen Kurs von 76 Dollar pro Titel die Erwartungen der Analysten.

Auch die chinesische Konkurrenz hat das Nachsehen. Zwar lieg die Alibaba-Aktie dieses Jahr um über 32 Prozent im Plus bei 114 Dollar - an das Kursziel von knapp 160 Dollar schaffen sie es jedoch weiterhin nicht.

Hohe Bewertung als Risiko

Die Gewinnentwicklung von Mercado Libre konnte mit dem massiven Kursanstieg allerdings nicht mithalten. Die Bewertungskennzahl «Kurs-Gewinn-Verhältnis» (KGV) beträgt Ende Jahr hohe 64. Die Aktie gilt damit als überbewertet und teuer. Die Aktien von Amazon, eBay oder Alibaba haben ein KGV von 35, 18 beziehungsweise 15.

Es fragt sich nun, ob man bei einer derart heiss gelaufenen Aktie wie Mercado Libre noch zugreifen soll? Das Unternehmen hat eine dominante Marktposition in Lateinamerika, insbesondere in Brasilien, Argentinien und Mexiko, die zusammen über 95 Prozent vom Umsatzanteil ausmachen. Um die Marktführerschaft weiter auszubauen, setzt Mercado Libre auf Expansion. Analysten rechnen in diesem Jahr mit einem Umsatzanstieg von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 27,3 Milliarden Dollar. Für das Folgejahr soll der Umsatz nochmals in ähnlichem Tempo wachsen.

Zurzeit liefert das Geschäftsfeld «Commerce» 12,2 Milliarden Dollar Einnahmen und das Segment Fintech 8,6 Milliarden Dollar. In den nächsten drei Jahren will der Konzern besonders im Fintech-Bereich zulegen und mit seinen Finanzdienstleistungen rund um «Mercado Pago» um 52,4 Prozent wachsen - 178 Millionen Lateinamerikaner ohne Bankzugang stellen ein grosses Potenzial dar.

Risiken nicht von der Hand zu weisen

Trotz des Börsenerfolgs gibt es einige Herausforderungen, mit denen Mercado Libre konfrontiert ist. Ein bedeutendes Risiko ist die Währungsabwertung in Lateinamerika, da viele Länder mit schwankenden und teilweise stark abwertenden Währungen zu kämpfen haben. Aber auch instabile politische Verhältnisse oder anstehende Fintech-Regulierungen in den einzelnen Ländern. Dies kann die Kaufkraft der Kunden erheblich beeinträchtigen und somit die Geschäftsverlauf des Unternehmens unter Druck setzen. Zudem scheint Amazon als globaler Gigant zunehmend in die lateinamerikanischen Märkte vorzudringen. Von Alibaba sind solche Bestrebungen bis jetzt nicht auszumachen.

Ebenfalls sollte man berücksichtigen, dass Mercado Libre keine Dividenden ausschüttet. Gewinne werden direkt wieder reinvestiert. Für Investoren, denen Dividenden zweitrangig sind und die stattdessen Kursgewinne anstreben sowie eine Growth-Strategie verfolgen, könnte Mercado Libre durchaus eine Beobachtung wert sein.

Monique Misteli
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