Selbst für die hartgesottensten Kryptoanlegerinnen und -anleger war die Woche ein starker Tobak: Ein algorithmischer Stablecoin namens TerraUSD stürzte von seiner Dollarbindung ab und zog damit selbst die grössten digitalen Vermögenswerte wie Bitcoin oder Ether in einen Strudel panischer Verkäufe.

Bitcoin ist seit seinem Höchststand im November um fast 55 Prozent gefallen, und 40 Prozent der Inhaber sind jetzt mit ihren Investitionen im Minus. Dies berichtet der Finanznachrichtensender CNBC und bezieht sich dabei auf Daten des Marktforschers Glassnode.

Dieser Prozentsatz ist sogar noch höher, wenn man nur die neu dazugekommenen Investoren der letzten sechs Monate betrachtet. Noch Anfang November herrschte am Kryptomarkt noch völlige Euphorie und der Bitcoin erreichte ein Allzeithoch bei 69'000 Dollar.

Es ist eine kleine Ironie der Geschichte, dass in den USA kurz vor dem Peak eine Werbung geschaltet wurde, in der der Schauspieler Matt Damon die Kryptowelt mit dem Slogan "den Mutigen hilft das Glück" anpries. Der Werbespot "Fortune Favors the Brave" wurde auf Twitter und YouTube über 28 Millionen Mal aufgerufen. Wenn man zum Zeitpunkt der Ausstrahlung Bitcoin im Wert von 1000 Dollar gekauft hätte, musste einen Wertverfall um die Hälfte in Kauf nehmen.

Allein im letzten Monat fielen 16 Prozent aller Bitcoin-Wallets in einen nicht realisierten Verlust, da die weltweit beliebteste Kryptowährung auf die Marke von 31'000 Dollar fiel und damit den Rückgang der Tech-Aktien verfolgte. Die enge Korrelation von Bitcoin mit dem Technologieindex Nasdaq 100 stellt zunehmend das Argument in Frage, dass die Kryptowährung als Inflationsschutz fungiert.

Die 40-Tage-Korrelation zwischen Bitcoin und dem Nasdaq-100-Index liegt derzeit bei 0,82 und damit nahe an einem Rekordwert, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen. Eine Korrelation von 1 zeigt an, dass zwei Vermögenswerte in perfektem Einklang handeln; ein Wert von -1 bedeutet, dass sie in entgegengesetzter Richtung handeln.

Investoren zahlen drauf, um ihr Risiko zu verringern

Die Analysten von Glassnode stellten bei diesem jüngsten Ausverkauf auch einen Zustrom von "dringenden Transaktionen" fest, bei denen die Anleger höhere Gebühren zahlten. Dies deutet darauf hin, dass sie bereit waren, einen Aufschlag zu zahlen, um die Transaktionszeiten zu beschleunigen. Der Gesamtwert aller On-Chain-Transaktionsgebühren, die in der letzten Woche gezahlt wurden, erreichte 3,07 Bitcoin - der höchste Wert, der bisher in den Daten erfasst wurde.

"Die Dominanz der On-Chain-Transaktionsgebühren im Zusammenhang mit Börseneinlagen signalisiert ebenfalls Dringlichkeit", so der Bericht von Glassnode weiter. Dies untermauert die Annahme, dass Bitcoin-Investoren als Reaktion auf die jüngste Marktvolatilität versuchten, ihr Risiko zu verringern, zu verkaufen oder ihre Margin-Positionen zu besichern.

Ist die eingekehrte Ruhe am Kryptomarkt von Dauer?

Am Freitag kehrte auf den Kryptomärkten ein Hauch von Ruhe ein. Aber die Verluste waren immer noch beträchtlich. Laut CoinMarketCap verlor der Markt für Kryptowährungen in der volatilsten Woche für Bitcoin seit Oktober rund 270 Milliarden Dollar an Wert. Zudem drängt sich die Frage auf: Welche anderen Bereiche des Krypto-Universums könnten nach dem Zusammenbruch bei TerraUSD bald aus den Fugen geraten und einen ähnlichen Zusammenbruch des Marktes wie diesen verursachen? 

"Die Auswirkungen für das Kryptouniversum und das, was wir post mortem gelernt haben, sind bedeutende und wichtige Lektionen für die Zukunft", schrieb Mati Greenspan, Gründer des Krypto-Forschungsunternehmens Quantum Economics, in einem am Donnerstag veröffentlichten Newsletter.

Doch dem markökonomischen Gegenwind wird sich Bitcoin auch in den kommenden Wochen nicht entziehen können. Kryptowährungen werden zusammen mit anderen Anlageklassen im Umfeld einer strafferen Geldpolitik abgestossen.

Der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, bekräftigte am Donnerstag, dass die Zentralbank die Zinssätze bei ihren nächsten beiden Sitzungen wahrscheinlich um jeweils einen halben Prozentpunkt anheben wird und dass sie möglicherweise noch weiter gehen könnte. Powell, der versucht, die schnellste Inflation seit vier Jahrzehnten zu zähmen, räumte in einem Interview mit dem öffentlichen Radioprogramm Marketplace ein, dass die Fed früher hätte handeln sollen.

Risikobereitschaft muss sich stabilisieren

Edward Moya, leitender Marktanalyst bei Oanda, sagte in einer E-Mail am späten Donnerstag, dass der Fall von Bitcoin unter 30'000 einen "wichtigen Einstiegspunkt für viele institutionelle Investoren" geschaffen habe. 

"Das Vertrauen in die Kryptowährung hat nachgelassen, aber es scheint, dass wir uns dem Ende des Marktausverkaufs nähern," fügte er hinzu. "Bitcoin hat sich von 25'424 Dollar erholt, aber das wird nicht von Dauer sein wenn sich die Risikobereitschaft nicht bald stabilisiert."

ManuelBoeck
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