Die Aktie von Zur Rose ist bei Leerverkäufern sehr beliebt. Schon seit Monaten wird der Versandapotheke die unrühmliche Rolle der am meisten leerverkauften Aktie der Schweiz zuteil. Wie Erhebungen der Beratungsfirma S&P Global zeigen, liefen Ende Januar Wetten im Umfang von nicht weniger als 40 Prozent aller ausstehenden Titel gegen das bis über beide Ohren verschuldete Unternehmen. In der Spitze waren es sogar mehr als 43 Prozent, was einem noch nie dagewesenen Wert für eine Schweizer Aktie überhaupt entspricht.

Doch nun müssen sich die Leerverkäufer warm anziehen, setzt Zur Rose doch überraschend zum Befreiungsschlag an. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion verkauft die Versandapotheke ihr Schweizer Geschäft an den "orangen Riesen" Migros. Aus der Transaktion fliessen ihr rund 350 Millionen Franken zu. Es sind Gelder, welche das Unternehmen aufgrund der Verzögerungen bei der Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland dringend benötigt.

Was genau die Transaktion für die künftige Umsatz- und Ertragsentwicklung bedeutet, lässt sich Beobachtern zufolge noch nicht abschliessend sagen. Zur Rose selbst will im März neue Finanzziele kommunizieren.

Abwärtsspirale wird durchbrochen

Obschon die Börse nichts so sehr scheut wie die Ungewissheit, reagiert die Zur-Rose-Aktie zeitweise mit einem Kurssprung von mehr als 90 Prozent. Zur Stunde gewinnt sie noch 35 Prozent auf 53 Franken. Das entspricht immerhin noch etwas mehr als einer Kursverdoppelung seit Januar.

Beobachter erklären sich diese Börsenreaktion damit, dass sich die Versandapotheke mit dem Verkauf des Schweizer Geschäfts endlich aus den Fängen der Leerverkäufer befreien könnte. Deren Rechnung war lange Zeit denkbar einfach: Je tiefer sie den Aktienkurs drücken konnten, desto grösser die Verwässerung bei einer nächsten Kapitalerhöhung durch das hochverschuldete Unternehmen. Diese Abwärtsspirale wurde nun durchbrochen.

Wie die Zürcher Kantonalbank in einem Kommentar schreibt, erreicht Zur Rose durch den Bereichsverkauf eine signifikante Stärkung der Kapitalbasis. Dadurch sei die Investment-These für Investoren deutlich weniger riskant geworden. Dem Autor zufolge bleibt zwar unklar, wie gross die monatliche Barmittelverbrennung ohne die Stütze des Schweizer Geschäfts bleiben wird. Er selber geht von rund 6 Millionen Franken monatlich aus. Mit der stark reduzierten Verschuldung sei dies nun aber weniger relevant. Der Analyst hegt weiterhin Zweifel an einer zeitnahen Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland und hält deshalb am Anlageurteil "Marktgewichten" fest.

Sein Berufskollege bei der UBS beurteilt die Transaktion ebenfalls positiv, verringert sich dadurch doch der Refinanzierungsbedarf im Hinblick auf die fällig werdenden Anleihen. Dennoch hält er vorerst an seiner Kaufempfehlung sowie am 12-Monats-Kursziel von 23,50 Franken fest.