Eine zunehmende Zahl von Anlegern kauft bei Aktien jeden möglichen Kursrückgang, weil sie davon überzeugt sind, dass die Zentralbanken bald vor Zinsanhebungen absehen werden und eine sanfte Landung der Wirtschaft unmittelbar bevorsteht. Die Aussagen der Zentralbanker werden zwar mit Argus-Augen beobachtet und obwohl weiter steigende Zinsen im Raum stehen, scheint der Optimismus ungetrübt. Es scheint, dass schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind. Das genügt, dass jede Schwäche der Aktien-Futures gemäss untenstehender Grafik, auf beiden Seiten des Atlantiks gekauft wird. Die roten Markierungen zeigen, wo die Anleger jeweils hinzukaufen und der Kurs deswegen nicht gross sinkt. 

Beim Euro Stoxx 50 Future ist "Buy the Dip" wieder zurück.

Beim Euro Stoxx 50 Future ist "Buy the Dip" wieder zurück.

Quelle: Bloomberg

Emmanuel Cau, Stratege von Barclays, sieht den Grund für dieses Muster bei den Hedge Fonds, die Short-Positionen eindeckten sowie bei Fonds mit systematischen Strategien, die ein Aktienengagement hinzufügen. "Dieser Prozess ist jetzt weit fortgeschritten". Aber Long-Only-Fonds, die die jüngsten Gewinne verpasst haben, sind immer noch defensiv positioniert und könnten versucht sein, Boden gut zu machen, indem sie von Rückgängen profitieren, sagt er. "Das Risiko-Ertrags-Verhältnis fühlt sich nach einem so starken Lauf ausgeglichener an, und eine gewisse Konsolidierung ist logisch“, sagt Cau. "Aber im Moment glauben wir, dass die Märkte noch gute Gründe haben könnten, an eine sanfte Landung zu glauben."

Während einige Anleger der Rally nachjagen, stärken andere ihre Absicherungen mit Blick auf die noch bevorstehenden Risiken. Die Gesamtzahl der auf dem Euro Stoxx 50 gehandelten Puts war in dieser Woche mehr als dreimal so hoch wie die Zahl der Calls, ein relativ seltenes Ereignis. Unterdessen ist die Gesamtpositionierung in Aktien immer noch niedrig und ein guter Grund, warum die Märkte noch mindestens einige Wochen steigen könnten.

Das Put-/Call_ratio auf den Euro Stoxx 50 Index.

Das Put-/Call-Ratio auf den Euro Stoxx 50 Index zeigt, dass derzeit deutlich mehr Put-Optionen nachgefragt werden. 

Quelle: Bloomberg

"Die Positionierung bleibt trotz ihrer Verbesserung im letzten Quartal relativ schwach", sagt Davide Silvestrini, Derivatestratege von JPMorgan. "Dies wiederum könnte die kurzfristige Performance unterstützen." Eine niedrige implizite Volatilität bietet eine Absicherung gegen das Risiko, dass der Markt kurzfristig nach oben drückt, sagt Silvestrini. Mittelfristig wird sich das Bild laut dem Strategenteam von JPMorgan wahrscheinlich umkehren. Während sich die Märkte aufgrund der Erwartung, dass die Disinflation ohne signifikante Schwäche des Wirtschaftswachstums stattfinden kann, nach oben bewegen, ist es unwahrscheinlich, dass dieses Szenario eintritt, sagen sie. Sie gehen davon aus, dass die Gewinn- und Makroerwartungen nach dem ersten Quartal enttäuschend sein werden, und empfehlen, die aktuelle Stärke zu nutzen, um das Engagement zu reduzieren.

Anleger haben möglicherweise zu schnell eine sanfte Landung eingepreist

Der Arbeitsmarkt ist immer noch in Schwung und droht, die Inflation länger hoch zu halten. Davor haben die Zentralbanken immer wieder gewarnt. Die US-Inflationszahlen in der nächsten Woche werden ein grosser Test für den Aktienmarkt. "Der Arbeitsmarkt muss sich abkühlen, damit die Fed ihr Inflationsziel erreicht", sagt Mark Haefele, CIO von UBS Wealth Management. "Bei einer Arbeitslosenquote von 3,4 Prozent, dem niedrigsten Stand seit 1969, wird dies schwer zu erreichen sein."

Auf der ganzen Linie bleiben viele grosse Vermögensverwalter skeptisch gegenüber einem günstigen Szenario mit steigenden Aktienpreisen und erwarten, dass sich die Wirtschaft abschwächt, was den Aktien letztendlich einen Schlag versetzen wird. Die Aktien der Industrieländer erholten sich aufgrund der Hoffnung auf eine Erholung des Wachstums, was einige Anleger zum Einstieg veranlasste - aus Angst, etwas zu verpassen. Aber diese Aktien "preisen die Rezession, welche wir vor uns sehen, nicht vollständig ein", sagen die Strategen von BlackRock Investment unter der Leitung von Jean Boivin.

(Bloomberg)