Wie gross die Verunsicherung an den Finanzmärkten derzeit ist und wie ratlos gewisse Investoren sind, zeigt das Beispiel eines Aktienfonds aus Zug. Der Fonds von Mellinckrodt, der eigentlich auf Schweizer und deutsche Aktien setzt, hat seine Aktienquote im Oktober gesenkt - auf null. Im Vordergrund steht der Kapitalerhalt.

Eine Panikreaktion? Georg Oehm, der für die Strategie des Fonds mitverantwortlich ist, glaubt jedenfalls nicht an eine baldige Erholung an den Aktienmärkten. Er glaubt schon gar nicht an eine attraktive Einstiegsgelegenheit nach den jüngsten Korrekturbewegungen: "Vielmehr erwartet uns eine längere unangenehme Seitwärtsbewegung", sagt Oehm im Gespräch mit cash.ch.

Die Fondsmanager haben zwar nicht sämtliche Aktien verkauft, aber ihren Bestand durch Derivate, mit sogenannten "single stock futures" abgesichert. Dadurch wird das Aktienexposure aufgehoben, die Nettoaktienquote sinkt auf null, wie folgende Abbildung aus dem Fonds-Factsheet zeigt:

Quelle: mellinckrodt.com

Für Fondsmanager ist dieses Verhalten selten. Sie sind als Investoren in der Regel eher Berufsoptimisten: Sie sollten an steigende Aktienkurse glauben, weil ihnen sonst das Verkaufsargument für ihre Produkte fehlt. Doch der Glaube an eine Erholung der Aktienkurse ist nicht nur bei einzelnen Investoren geschwunden.

Immer mehr Bargeld

Wie eine Erhebung der britischen Grossbank Barclays zeigt, haben Grossanleger jüngst Aktien verkauft und ihre Barmittelbestände deutlich erhöht (cash berichtete). Die Stimmung am Aktienmarkt spricht also immer weniger für eine Jahresendrally und darüber hinaus. Geschweige denn für die Aussicht auf eine positive Jahresperformance. Der globale Aktien-Index von MSCI steht seit Anfang Jahr mehr als 7 Prozent im Minus.

Alleine 4,5 Prozent hat der Schweizer Leitindex (Swiss Market Index) in den letzten fünf Handelstagen verloren. Darunter sind hohe Tagesverluste von mehr als 2 Prozent. Auch die globale Leitbörse in den USA befindet sich auf dem Rückzug. Die grosse Verunsicherung unter Anlegern steht unter dem Eindruck des Handelsstreits zwischen China und den USA, den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt.

Hinzu kommen politische Ungewissheiten in Italien und Grossbritannien, düstere Wolken am Konjunkturhimmel und weniger optimistische Prognosen, was die zukünftigen Unternehmensgewinne betrifft. Doch während viele Anlageberater derzeit zum Kauf von defensiven Aktien raten, bleibt Georg Oehm ganz an der Seitenlinie. "Mein Rat an Anleger: nicht zu früh einsteigen".

Kaum eine Anlageklasse im Plus

Aber es sind nicht nur Aktieninvestoren, denen momentan die Orientierung schwerfällt. Das viele Zentralbankengeld habe die Märkte über Jahre verzerrt, sagen auch Vertreter der Immobilien- oder der Obligationenmärkte. Dadurch ist es schwierig geworden, die unterschiedlichen Anlageklassen zu bewerten.

Kommt hinzu, dass das Geld der Notenbanken allmählich aus dem Markt abgezogen wird. Welche Effekte das in Zukunft haben wird, weiss niemand. Bereits steuern zum Beispiel Unternehmensanleihen auf das schlechteste Jahr seit der Finanzkrise zu. Überhaupt: Kaum eine bedeutende Anlageklasse hat in diesem Jahr für Gewinne gesorgt.

Ob es für Privatanleger in diesem Umfeld sinnvoll ist, auf aktiv betreute Fonds zu setzen, die ihr Risiko auf null reduzieren, ist eine andere Frage. Bei passiven Produkten, die einem Index folgen (Indexfonds oder ETF), sind auf jeden Fall die Kosten tiefer – egal, wie wild es an den Märkten weitergeht. Klar ist aber auch: Immerhin setzt Georg Oehm seine Ratlosigkeit konsequent um.

Schauen Sie auch das Video mit Georg Oehm, das auf der Fonds-Plattform fundplat.com publiziert wurde: