Dirk Stöwer, Geschäftsführer von Kontor Stöwer Asset Management im deutschen Trier, setzt auf die psychologische Wirkung der Ankündigungen der Notenbanken und hat einen speziellen Anlagetipp, der auf die Konsumgewohnheiten der „Silver Ager“ abhebt.

Wie schlimm ist die Lage der Weltwirtschaft wirklich?

Dirk Stöwer: Deutschland ist von der Abschwächung der Konjunktur natürlich recht stark betroffen, allein schon wegen der Automobilindustrie. Aber insgesamt ist die Lage eigentlich noch ganz okay. Die Schwäche ist letztlich auch nur eine Beruhigung nach einem enormen Boom. Hinzu kommt: Der Konsum ist stabil, er wird auch durch die gesunkenen Ölpreise unterstützt. Und der Bausektor steht auch weiter gut da.

Die Finanzmärkte sagen aber gerade etwas anderes, die kurzfristigen Zinsen in den USA sind höher als die langfristigen. Eine solche inverse Zinsstruktur wies in der Vergangenheit meist auf eine anstehende Rezession hin.

Das stimmt. Andererseits gesellte sich in der Vergangenheit dann auch meist dazu, dass die Zinsdifferenzen zwischen Staatsanleihen und Unternehmensanleihen schlechter Bonität deutlich auseinandergegangen sind. Der Hintergrund ist, dass bei solchen Firmen dann vermehrt Pleiten erwartet wurden. Doch das ist bislang eben noch nicht der Fall. Daher ist eine Rezession in den USA keineswegs eine ausgemachte Sache, man wird das wohl erst nächstes Jahr sehen.

Wie stark helfen die Ankündigungen der Notenbanken, ihre Politik wieder zu lockern?

Das hat vor allem eine psychologische Wirkung. In Europa hat die EZB es ja geschafft, über einen kompletten Wirtschaftszyklus hinweg die Zinsen nicht zu erhöhen – daher hat sie jetzt auch kaum Spielraum nach unten. In den USA hat die Notenbank ein wenig Spielraum, aber dort ist eine Zinssenkung eigentlich gar nicht erforderlich. Sie wird aber dennoch etwas machen, um die Finanzmärkte zu beruhigen, denn diese erwarten das.

Auf welche Unternehmen setzen Sie vor diesem Hintergrund?

Da ist zum einen Adidas. Der Sportartikelhersteller steht derzeit auf der Sonnenseite, weil es weltweit einen Trend gibt, dass die Verbraucher sportliche Kleidung immer stärker auch im geschäftlichen Alltag tragen, beispielsweise Sportschuhe zum Anzug. Aber auch Senioren, die sogenannten Silver Ager, tragen heute wie selbstverständlich entsprechende Kleidung. Hinzu kommt: Diese Sportschuhe werden immer teurer und die Modelle wechseln immer schneller. Das Unternehmen profitiert somit langfristig gleich von mehreren Megatrends.

Der Aktienkurs ist aber schon sehr stark gestiegen, das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei 27.

Das ist in der Tat sehr sportlich, um im Bild zu bleiben. Aber dem steht ja die Erwartung von weiterem deutlichem Wachstum und einer Ausweitung der Marge gegenüber. Wer aber lieber eine etwas günstigere Aktie will, kann beispielsweise auf Vidrala setzen.

Klingt spanisch.

Ist es auch. Es ist ein spanisches Unternehmen mit Sitz in Madrid, das Glasflaschen herstellt. Das Unternehmen hat in den letzten 20 Jahren den Marktanteil in Europa von zwei auf 15 Prozent gesteigert, insbesondere durch sehr gelungene Akquisitionen. Hinzu kommt: Das Unternehmen profitiert vom Trend weg von Plastik hin zu Glas. Das Geschäft brummt daher, die Kapazität ist voll ausgelastet, und Vidrala kann die Preise erhöhen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 ist die Aktie zudem deutlich günstiger als jene von Adidas. Die Dividendenrendite liegt zwar nur bei 1,3 Prozent, das ist bei einem solchen Wert aber auch nicht entscheidend.

Und wer lieber mehr Dividende möchte?

Da bietet sich die Deutsche Euroshop an, eine Immobiliengesellschaft, die sich auf Shoppingcenter spezialisiert hat. Die Dividendenrendite liegt derzeit bei rund 6,5 Prozent. Das liegt vor allem daran, dass sich der Aktienkurs in den vergangenen vier Jahren praktisch halbiert hat, und das wiederum hat seinen Grund in einer Angst unter Investoren, dass der Onlinehandel dem stationären Handel das Wasser abgräbt. Ich finde diesen Kursabschlag jedoch übertrieben, denn der innere Wert, also der reine Wert der Immobilien, ist inzwischen größer als die Marktkapitalisierung der Aktie. Sprich: Wenn man das Unternehmen in seine Einzelteile zerlegen und verkaufen würde, käme mehr dabei heraus als der aktuelle Marktwert an der Börse.

Es gibt aber nicht nur die Tendenz zum Onlinehandel, sondern auch weg von den Einkaufszentren auf der grünen Wiese zurück in die Innenstädte.

Die Immobilien der Gesellschaft liegen meist in den Innenstädten, es sind größtenteils Einkaufspassagen. Aber ich sehe das auch vor allem als Alternative zu einem Immobilienkauf: Wo kann man damit heute eine jährliche Rendite von 6,5 Prozent einfahren? Und bei der Aktie der Deutschen Euroshop hat man obendrauf noch die Fantasie, dass sich der Bewertungsabschlag in den kommenden Jahren abbaut und dadurch auch der Kurs wieder steigt.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der «Welt» unter dem Titel «So profitieren Sie von den Konsumgewohnheiten der Silver Ager»