Der weltgrösste Online-Händler enttäuschte die Börsianer mit dem Wachstum seiner Cloud-Sparte AWS und einem verhaltenen Gewinnausblick. Für die seit dem Zoll-Schock an den Finanzmärkten Anfang April gut gelaufene Aktie ging es am Freitag im frühen Handel um bis zu acht Prozent nach unten.
«Im Rampenlicht stand eindeutig die Sparte AWS, und die leuchtet nicht so hell wie erwartet», schrieb Analyst Matt Britzman vom britischen Broker Hargreaves Lansdown . Während Microsoft und die Google-Holding Alphabet mit dem Cloud-Wachstum jüngst Stärke demonstriert hätten, sei AWS von Amazon nicht der erhoffte grosse Erfolg gewesen.
Mit dem Kursrutsch infolge der Quartalszahlen ist das Papier jetzt auch im bisherigen Jahresverlauf wieder im Minus, aber immer noch 35 Prozent über dem Jahrestief von Anfang April. Amazon liegt in der Rangliste der weltweit wertvollsten Tech-Unternehmen mit etwas mehr als 2,3 Billionen Dollar auf Rang vier - weit hinter Nvidia (4,3), Microsoft (3,9) und Apple (3,0) und knapp vor Alphabet (knapp 2,3).
AWS wächst langsamer als Rivalen
Ein weiterer Grund für die Talfahrt der Aktie war Amazons Prognose für das laufende Quartal. Der Konzern stellte beim operativen Ergebnis eine Spanne in Aussicht, die am unteren Ende deutlich unter den Erwartungen der Analysten liegt. Sie hatten im Schnitt mit 19,4 Milliarden Dollar gerechnet. Amazon geht von 15,5 bis 20,5 Milliarden Dollar aus.
Besser als erwartet fiel das Geschäft im vergangenen Quartal aus. Der Umsatz des weltgrössten Online-Händlers stieg im Jahresvergleich um 13 Prozent auf 167,7 Milliarden Dollar (146,7 Mrd Euro), während die Experten im Schnitt mit gut 162 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Der Gewinn sprang um mehr als ein Drittel auf 18,2 Milliarden Dollar hoch.
Das Wachstum der Cloud-Sparte AWS lag im vergangenen Quartal mit 17,5 Prozent gerade so im Schnitt der Markterwartungen. AWS setzt auf den KI-Boom und konkurriert mit den Cloud-Bereichen von Microsoft und Google . Diese hatten zuletzt deutlich höhere Wachstumsraten. Der Umsatz von Microsofts Cloud-Plattform Azure stieg im vergangenen Quartal um 39 Prozent und Googles Cloud-Geschäft um fast 32 Prozent.
KI-Wettrüsten
AWS ist seit Jahren die Nummer eins bei Cloud-Diensten wie Rechenleistung und Speicher aus dem Netz. Alle drei Rivalen stecken jedoch gerade viel Geld in den Ausbau ihrer Rechenzentren, vor allem für KI-Anwendungen. Allein im vergangenen Quartal lagen die Kapitalinvestitionen von Amazon über 31 Milliarden Dollar. Finanzchef Brian Olsavsky liess durchblicken, dass es im zweiten Halbjahr im ähnlichen Tempo weitergehen soll. Anleger fragen sich, ob sich die hohen Investitionen für Amazon genügend auszahlen.
Amazon-Chef Andy Jassy konterte in einer Telefonkonferenz mit Analysten, die Branche stehe bei Künstlicher Intelligenz erst am Anfang. Amazon wolle mehr Kunden mit niedrigeren Kosten für den Betreiber ihrer KI-Software anlocken. Und Amazon könne immer noch nicht schnell genug die Kapazitäten ausbauen, um mit der Nachfrage Schritt zu halten.
Offene Fragen rund um Zölle
Auf Fragen von Analysten zu den Folgen der von US-Präsident Donald Trump eingeführten Importzölle sagte Jassy, man sei noch unsicher, wer am Ende die höheren Kosten tragen werde. Im ersten Halbjahr habe Amazon noch keinen Rückgang der Nachfrage gespürt. Viele Artikel, die in den USA über die Plattform des Konzerns verkauft werden, kommen aus dem Ausland und sind von den Importzöllen betroffen.
(AWP)