Im Moment verläuft es an den weltweiten Aktienmärkten in ruhigen Bahnen - sprich, die Richtung der Kurse zeigt in der Tendenz nach oben. Sei es der Swiss Market Index, der Euro Stoxx 50 oder der Nasdaq: Sie alle befinden sich auf oder in der Nähe eines Rekordniveaus.

Doch die Ruhe könnte schneller vorbei sein, als wohl vielen lieb ist. BLKB-Anlagechefin Fabienne Hockenjos nannte im cash-Interview gleich zwei Gefahren, die kurzfristig die Nervosität an den Märkten merklich erhöhen könnten: Erstens dürfte sich die bereits jetzt angespannte Pandemie-Lage mit der kälteren Jahreszeit verschärfen.

Zweitens rückt die Zinssituation an den Märkten in den Vordergrund. "Sobald wir den Pfad des Taperings kennen, werden wir sehr schnell in der Zinsdiskussion stecken", begründet die Expertin ihre Prognose im Interview. Die negative Marktreaktion habe auch in der Vergangenheit im Vorfeld des Taperings der US-Notenbank Fed - der Reduktion der Anleihenkäufe - stattgefunden. 

Bei Marktturbulenzen steigt der VIX

Wenn es Marktturbulenzen gibt, dann wird dies an der Kursentwicklung des "VIX" offensichtlich. Hinter dem vielfach genannten Kürzel steckt die Chicago Board Options Exchange (CBOE). Der "Volatility Index" drückt die erwartete Schwankungsbreite beziehungsweise Volatilität des S&P 500 für die nächsten 30 Handelstage aus.

Ein hoher Wert weist auf einen unruhigen Markt mit potenziell grossen Kursschwankungen hin, niedrige Werte lassen eine Entwicklung ohne starke Kursschwankungen erwarten. Der VIX wird auch "Angstbarometer" genannt. Doch aufgepasst: Über die Richtung der Änderung, also steigende oder fallende Kurse, gibt der Angstbarometer keine Auskunft. Dies, obwohl eine gegenläufige Korrelation zwischen dem VIX und S&P 500 besteht. Fällt der S&P 500, steigt in der Regel der VIX und vice-versa.

Marktphasen, wo diese Beziehung zwischen VIX und S&P 500 nicht zu gelten scheint, sind selten. Treffen diese ein, sollten die Alarmglocken läuten. Wenn zum Beispiel der S&P 500 und der VIX gleichzeitig steigen, betrachten institutionelle Investoren den Markt meist als überkauft, während Privatanleger noch immer stark "bullish" sind. Institutionelle Anleger können auch zu früh Absicherungsgeschäfte tätigen, doch meist liegen sie schlussendlich richtig.

Von der Anlegerangst profitieren

Der VIX stieg letztmals in der zweiten Augusthälfte mit der aufkommenden Tapering-Diskussion deutlich an - auf ein Niveau von knapp 22 Punkten. Der Angsbarometer ist seither zurückgekommen und zeigt knapp 18 Punkte an. Gut möglich, dass der Index kurzfristig aus den genannten Gründen wieder auf ein Niveau oberhalb von 20 Punkten zurückschnellt. Auch sind die Börsen im vierten Quartal traditionell besonders anfällig auf Volatilität.

Der VIX am 7. September (Quelle: cboe.com).

Dieser Umstand bietet für Anlegerinnen und Anleger Chancen: Denn es sind Absicherungsgeschäfte mit der "Anlegerangst" möglich. Diese bestehen beispielsweise darin, VIX-ETF (Exchange Traded Funds) zu kaufen. Diese bilden den Wertverlauf von VIX-Futures nach. Ein bekannter börsengehandelter Fonds ist dabei der "iPath Series B S&P 500 VIX Short-Term Futures ETN (VXX)"

Steigt die Verunsicherung am Markt, kann man hiermit grosse Gewinne einfahren. In Zahlen ausgedrückt: Wer den oben genannten ETF Mitte August für gut 26 Dollar eingekauft hat, konnte es kurze Zeit später für 30 Dollar verkaufen - eine Rendite von 15 Prozent.

Über die Zeit lauern Renditeeinbussen

Investoren, die an VIX-ETF interessiert sind, sollten ihre Anlage generell nur für kurze Zeitperioden tätigen. Dies sollte auch kein Problem sein, da die meistgehandelten Produkte sehr liquid sind und eine gute Möglichkeit zur Spekulation bieten – es gilt ein hohes Risiko bei gleichzeitigen hohen Renditemöglichkeiten.

Doch auch über eine kurze Zeitperiode muss ein Anleger im Normalfall "Renditeeinbussen" in Kauf nehmen. Denn es fallen Rollkosten an, wenn von einem Kontrakt auf den nächsten umgestellt wird. Zudem muss einem bewusst sein, dass diese ETF die Performance des VIX nicht ideal wiedergeben. Zwar steigen und fallen sie zumeist synchron. Doch die Änderungsrate ist meist verschieden und es besteht oft eine Zeitverzögerung. Der Ein- und Ausstieg ist daher sehr anspruchsvoll.

Anlegerinnen und Anleger, die den Volatilitätsindex nicht für Absicherungsgeschäfte nutzen wollen, können diesen für Anlageentscheide hinzuziehen. Denn antizyklische Investoren kaufen in der Regel bei hoher Volatilität und verkaufen bei niedriger, getreu der Anlegermaxime: "Kaufen, wenn alle anderen verkaufen". Dies aus dem einfachen Grund, da der VIX nach einem Spike zu seinem langzeitlichen Mittelwert zurückkehrt – sprich im Sinne des Mean-Reversion-Effekts.

ManuelBoeck
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