Die Kontoeröffnung findet auf dem Smartphone statt und dauert zehn Minuten. Die App ist gratis, Inland- und Sepa-Überweisungen kosten nichts. Das Schweizer Start-up Neon will eine der abgespecktesten und günstigsten Formen des Bankings anbieten: eine Konto-App und dazu eine Maestrokarte.

Neon will in den in der Schweiz noch wenig erschlossenen Markt der Konto-Apps drängen. Mit einem ähnlichen Angebot ist schon Revolut aus Grossbritannien unterwegs, eine Smartphone-Anwendung, die in erster Linie wegen niedriger Devisenkurse auch in der Schweiz immer beliebter wird - allerdings hat Revolut keine Banklizenz in der Schweiz. Die Bank Cler wiederum ist als Schweizer Bank mit der Konto-App "Zak" am Markt, wobei sich dahinter natürlich letztlich die Bank Cler und ihre Eigentümerin, die Basler Kantonalbank, befinden.

Auch Neon kommt nicht ganz ohne Bank aus. Zum einen nutzt das Start-up die gefeierte Open-Banking-Schnittstelle Finstar der Hypothekarbank Lenzburg. Zum andern verfügen Neon-Kunden auch über ein physisches und einlagengeschütztes Konto bei der Hypo Lenzburg. Ansonsten aber kann Neon damit werben, mit einer herkömmlichen Bank kaum etwas gemeinsam zu haben: keine Schalteröffnungszeiten, keine Risikogeschäfte am Finanzmarkt, keine Banker mit hohen Boni.

Ob die Konto-App Neon in der Schweiz bald scharenweise heruntergeladen wird, wird sich zeigen. Neon ist ein "early stage" Start-up und wird allein mit dem bisherigen Angebot kaum Geld verdienen. "Neon als Geschäftsmodell ist gewissermassen eine Wette auf die Zukunft", sagt Ralf Beyeler, Technologieexperte beim Vergleichsdienst Moneyland. Das Fintech werde wohl in Zukunft neben einem kostenlosen Basis-Produkt auch kostenpflichtige Premium-Dienstleistungen anbieten müssen, um bestehen zu können.

Für Kunden ist die entscheidende Nachricht aber eine andere: Auch Neon ist ein Signal dafür, dass dank der Digitalisierung die Kosten sinken oder noch sinken werden. Einfache Konto-Apps oder Apps für den Zahlungsverkehr im In- und Ausland werden sich mit der Zeit durchsetzen, da sind sich Kenner der Szene sicher. Andere digitalisierte Bank- und Anlageprodukte sind schon einen Schritt weiter.

Anlagen, Kredite und Hypotheken digital

Aktienhandel bei Online-Banken gibt es schon seit geraumer Zeit: Dort sind die Gebühren in aller Regel günstiger als bei Gross- und Privatbanken. Mit dem Hypomat wiederum digitalisierte die Glarner Kantonalbank 2016 den Markt für Hauskredite. Hier ist der Kostenfaktor schwieriger mit traditionellen Hypothekenfinanzierern vergleichbar, weil in diesem Markt die Preise nicht ganz transparent sind. Klar aber kann der Hypomat mit einem Kostenvorteil punkten.

Bei Krediten billiger als herkömmliche Anbieter ist das Crowdlending, wo Darlehen über die Plattform direkt von Geldgebern zu Kreditnehmern geleitet werden. Bekannte Anbieter wie Cashare, Lend oder Swisspeers bieten günstigere Konsum- und Privatkredite als traditionelle Anbieter, die regulatorisch bis zu 10 Prozent Zins verlangen dürfen.

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Auch der Börsenhandel wird digitalisiert. Auf automatisierte Anlageprozesse haben sich Robo-Advisors spezialisiert, die in der Schweiz seit einigen Jahren schon unterwegs sind. Anbieter wie True Wealth, Digifolio, Saxo Bank oder Swissquote verwenden günstige Indexprodukte wie ETF (Exchange Traded Funds) und verlangen Gebühren von etwa 0,5 bis 0,8 Prozent (cash berichtete). Banken, die Kunden traditionelle Anlagestrategien anbieten, haben da Mühe, bei den Kosten mitzuhalten.

Robo-Advisors wollen nicht nur tiefe Gebühren ermöglichen, sondern auch gute Renditen liefern. Weil diese Anbieter noch relativ neu sind, ist ein Vergleich mit dem traditionellen Anlagegeschäft schwierig. Passiv verwaltete ETF, wie sie die Robos verwenden, rentieren meist nicht schlechter als aktiv gemanagte Fonds oder Strategien.

Festgeld- und Kunstmarkt-Fintechs kommen

Auch Savedo, ein deutsches Unternehmen, tritt mit dem Angebot optimierter Renditen an und wird in der Schweiz an den Start gehen. Über die Plattform werden Festgeldprodukte in verschiedenen europäischen Ländern angeboten. In der Schweiz will Savedo demnächst Festgeld von schweizerischen, britischen und deutschen Banken mit mindestens AA-Rating den Kunden schmackhaft machen. Geworben wird mit kostenloser Kontoführung und gebührenfreiem Anlegen. Korrespondenzbank ist für Schweizer Nutzer auch hier die Hypothekarbank Lenzburg, bei der für Savedo-Kunden ein Konto eingerichtet wird.

Noch ist das vorgesehene Savedo-Angebot für die Schweiz etwas mager: Online verfügbar ist Festgeld mit ein- bis siebenjähriger Laufzeit mit bis zu 0,7 Prozent jährlicher Verzinsung. Für Schweizer Kassenobligationen, ein mit Festgeld vergleichbares Instrument, gibt es zum Teil noch etwas bessere Zinsen. In Deutschland vermittelt Savedo aber auch Festgeld von süd- und osteuropäischen Banken, mit tieferen Bonitätsratings, dafür höheren Zinsen. So gewährt eine kroatische Bank über Savedo für Festgeld mit fünf Jahren Laufzeit 1,75 Prozent Zins. Im Vergleich zu einem Schweizer Bankkonto eine eindeutig bessere Verzinsung.

Auch exotischere Fintechs haben das Potential, die Anlagewelt aufzumischen. Der Kunsthandel ist eine Nische in der Welt der Finanzanlagen, und die Nische in der Nische ist dann die digitale Kunst. Diesen sehr verschlossenen, von Insidern beherrschten Markt will das Zuger Startup Orion Vault einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Auch Orion Vault gehört zu den "early stage" Fintechs. Kern des Startups ist, digitale Kunstwerke über die Plattform zu erwerben, zu handeln und in der Cloud zu speichern. Dies macht den Kunsthandel transparenter und zumindest potentiell günstiger.

Ausserdem ist dank der dezentralen Speicherkette Blockchain die Eigentümerschaft eines digitalen Kunstwerks zertifiziert – und damit eine der wenigen Blockchain-Anwendungen in der Finanzwelt. Auch in einer exotischen Anlageform ist dies eine bemerkenswerte Entwicklung.