Künstliche Intelligenz ist als Lösung für alles Mögliche angepriesen worden - von der Abschaffung der Schlangen an den Kassen bis hin zur Ausmerzung der systematischen Voreingenommenheit bei Einstellungen an der Wall Street. So war es nur eine Frage der Zeit, bis jemand versuchen würde, KI auf Value Investing loszulassen.

Die Strategie, Aktien zu kaufen, die im Verhältnis zu ihren Fundamentaldaten günstig erscheinen, erweist sich seit mehr als einem Jahrzehnt als problematisch. Aber ein südkoreanischer Vermögensverwalter ist der Ansicht, dass sein KI-unterstützter börsengehandelter Fonds die Lösung ist.

Qraft Technologies hat den Qraft KI Enhanced US Next Value ETF, Ticker NVQ, angemeldet. In den Unterlagen heisst es, dass diese Strategie das faktorbasierte Investieren wiederbeleben kann, indem die immateriellen Vermögenswerte eines Unternehmens auf der Basis von Finanzausweisen und Patentdatenbanken geschätzt werden. Faktorbasiertes Investieren bedeutet, dass für ein Unternehmen spezifische Faktoren analysiert und darauf Renditechancen abgeleitet werden. 

NVQ erzielte in den 12 Monaten bis Ende Juli einen simulierten Ertrag von 13 Prozent im Vergleich zu minus 3 Prozent für den S&P 500 Value Index - aber Value-Investing-Traditionalisten werden von der Zusammensetzung des Portfolios schockiert sein.

Vorliebe für Big Tech

Die drei grössten Positionen des Robo-Fonds im Juli waren Amazon, Alphabet und Facebook. Das ist nicht gerade die Art unterbewerteter Aktien, die normalerweise von einer wertorientierten Strategie bevorzugt werden. Für Qraft ist es jedoch nur "Value Investing 2.0".

"Immaterielle Vermögenswerte sind durch die Entwicklung der Informationstechnologie zu einem wichtigeren Faktor für den tatsächlichen Wert eines Unternehmens geworden", schrieb Gründer Hyungsik Kim in einer E-Mail. "Es ist leicht zu erkennen, welche der folgenden Faktoren für die Messung des Werts von Amazon wichtiger sind: Lager (Sachanlagen) oder automatisierte Logistiksysteme (immaterielle Vermögenswerte)."

Die Erkenntnisse seien ein Weckruf für viele verbleibende Befürworter des Value-Investing: Die faktorenbasierte Strategie ist nicht tot, sie leide lediglich unter veralteten Rechnungslegungsregeln, die immaterielle Investitionen wie Analysen eher als Ausgaben statt als Kapital behandelten.

Infolgedessen, so der Schluss, haben wissensintensive Unternehmen viel niedrigere Buchwerte und höhere Kosten, wodurch sie teurer aussehen als sie tatsächlich sind.

(Bloomberg/cash)