Mit spektakulären Ankündigungen und teuren Neuentwicklungen treibt Tesla seit längerem die traditionellen Autobauer vor sich her - nun ist der Elektroauto-Pionier auch in seinem Kerngeschäft profitabel, wie aus den am Montag nach US-Börsenschluss veröffentlichten Zahlen hervorgeht. Zum ersten Mal seit 2019 war das Unternehmen aus dem Silicon Valley demnach nicht mehr vom Verkauf von CO2-Zertifikaten an andere Autobauer abhängig, um einen Gewinn auszuweisen. Im zweiten Quartal übertraf Tesla dank gestiegener Auslieferungen, höherer Preise und Einsparungen die Erwartungen der Experten. Dabei liess sich der US-Konzern vom weltweiten Chipmangel und Engpässen bei den Rohstoffen nicht ausbremsen. "Tesla hat mit seinen Zahlen beeindruckt, da der Grossteil der Einnahmen aus Fahrzeugverkäufen stammt", sagte Jesse Cohen, Senior Analyst von Investing.com. Die Aktie legte nachbörslich gut ein Prozent zu.

Auch Frank Schwope von der NordLB zeigte sich beeindruckt: "Tesla scheint mit dem Autoverkauf erstmals richtig verdient zu haben", sagte der Autoanalyst. Allerdings könnten auch Sondereffekte eine Rolle gespielt haben, warnte Schwope vor Euphorie. Tesla als weltweit wertvollster Autobauer wird schon länger an der Börse gefeiert, dabei bewerten Aktienkäufer das Unternehmen mehr wie einen Technologiekonzern und weniger wie einen Autohersteller. "Wir sehen Tesla als ein innovatives Wachstumsunternehmen in einer noch recht frühen Phase, das nicht nur seinen eigenen Markt grundlegend verändert, sondern auch angrenzende Märkte beeinflusst", sagte Portfoliomanager Keith Lee vom Vermögensverwalter American Century Investments. Damit dürfte das Ergebnis den Ton setzen für die mit Spannung erwarteten Geschäftszahlen von Apple, Microsoft und Alphabet am Dienstag.

Die Erträge von Tesla stammten bisher meist aus dem Verkauf von CO2-Verschmutzungsrechten, die andere Hersteller dem US-Unternehmen abkaufen, weil ihre Autos im Schnitt noch zu viel des klimaschädlichen Gases ausstossen. Inzwischen steuern immer mehr Autobauer um und bringen selbst Elektroautos in höheren Stückzahlen auf den Markt. Teslas Einnahmen aus dem Verkauf von Emissionsrechten schrumpften auf 354 Millionen Dollar, ein Rückgang von 17 Prozent.

Angesichts der weltweiten Rekordnachfrage werde die Versorgung mit Bauteilen inzwischen schwieriger, erklärte Tesla. Dies werde das Wachstum bei den Auslieferungen im restlichen Jahr beeinflussen. Man liege im Plan, um in diesem Jahr den Elektro-SUV Model Y in Grünheide bei Berlin und Texas in den USA zu fertigen. Allerdings verschob Tesla die Auslieferung des schon vor längerem vorgesellten Elektro-Sattelzugs "Semi Truck" auf 2022, um sich besser auf diese Fabriken konzentrieren zu können, wie es hiess. Die Tesla-Aktie stieg nachbörslich um rund ein Prozent.

Tesla hatte die Absatzzahlen für das zweite Quartal bereits Anfang Juli bekanntgegeben. Mit gut 200'000 Fahrzeugen lieferte der Konzern so viele Fahrzeuge aus wie noch nie und erfüllte in etwa die Erwartungen der Experten. Nun gab Tesla einen Umsatz von knapp zwölf Milliarden Dollar bekannt, etwa doppelt soviel wie im Vorjahreszeitraum. Vor einem Jahr hatte die Produktion im Tesla-Werk in Kalifornien wegen der Pandemie-Bekämpfung mehr als sechs Wochen stillgestanden. Von dem Datenanbieter Refinitiv befragte Analysten hatten 11,3 Milliarden erwartet. Der Nettogewinn nach US-Bilanzierungsregeln (GAAP) lag bei 1,14 Milliarden Dollar. Der Gewinn je Aktie ohne Sonderposten belief sich auf 1,45 Dollar, deutlich über den Vorhersagen von 98 Cent.

Abschreibung auf Bitcoin

Tesla verbuchte Abschreibungen von 23 Millionen Dollar im Zusammenhang mit seinen Bitcoin-Beständen. Der US-Konzern hatte erst im Februar eine Investition von 1,5 Milliarden Dollar in Bitcoin bekanntgegeben. In den folgenden Wochen war spekuliert worden, welche Folgen der volatile Bitcoin-Kurs für das Unternehmen haben würde. Die Kursschwankungen wurden auch von Konzern-Chef Elon Musk selbst angeheizt, der Bitcoin zunächst als Zahlungsmittel für E-Autos akzeptierte, dann aber unter Hinweis auf den Energieverbrauch für die Herstellung zurückruderte. Vergangene Woche vollzog er eine erneute Kehrtwende: Sein Konzern werde die Cyber-Devise "sehr wahrscheinlich" wieder akzeptieren.

Am Rande der Präsentation der Zwischenbilanz kündigte Musk an, er werde künftig wahrscheinlich nicht an mehr Telefonkonferenzen teilnehmen, um die Finanzergebnisse mit Investoren und Analysten zu diskutieren. Diese Gesprächsrunden anlässlich von Quartalsberichten waren lange Zeit ein Ritual, bei dem der schillernde Tech-Milliardär seine Fangemeinde und die Konkurrenz mit Ankündigungen und markigen Sprüchen unterhielt, Rivalen kritisierte oder technologische Neuheiten ankündigte.

(Reuters)