Für den Kauf neuer Fahrzeuge bieten die Regierungen in der gesamten Region den Verbrauchern immer attraktivere Anreize an.

Die Dynamik nimmt in einem Markt zu, der bereits heute der zweitgrößte der Welt ist - zwar weit hinter China, aber deutlich vor Nordamerika. Die Europäische Union hat diese Woche einen beispiellosen Plan in Bewegung gesetzt, um Mitte des Jahrhunderts per Saldo neutral in Bezug auf CO2-Emissionen zu werden. Die Automobilhersteller stehen bereits vor der schwierigen Entscheidung, emissionsfreie Fahrzeuge zu liefern oder strenge EU-Strafen für umweltschädliche Modelle zu zahlen. 2020 dürfte sich als entscheidend für die Branche erweisen.

“Es ist besser, Elektroautos zu subventionieren, als hohe Bußgelder für den Verkauf von Verbrennungsmotoren zu zahlen”, sagte der NordLB-Analyst Frank Schwope. “Wir sollten nächstes Jahr stetige Zuwächse bei den Zahlen sehen.”

In Europa wird laut Bloomberg in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 ein Absatzwachstum von 35% für reine Elektro- und Plug-in-Hybrid-Personenkraftwagen erwartet, das weit über dem in China und Nordamerika liegt. Reine Batterie-Fahrzeuge haben in den drei Regionen längst Plug-In-Hybride überholt.

Für dieses Jahr wird in Europa ein Wachstum von 32 Prozent erwartet, verglichen mit einer Abkühlung des Marktes in China, da die Regierung des Landes ihre Subventionen zurücknimmt. Auch für Nordamerika wird eine Abschwächung prognostiziert, da Tesla mehr Modelle 3 ins Ausland liefert.

Verkaufsdruck wird immer stärker

Der Verkaufsdruck wird immer stärker, nachdem mehr Unternehmen wie Volkswagen für die Einführung neuer Modelle Rekordsummen ausgeben. In Europa haben Elektroautos immer noch einen relativ kleinen Marktanteil - obwohl sich der Anteil dem Chinas nähert.

“Die Preisgestaltung und die Entwicklung der Lade-Infrastruktur werden die Eckpfeiler des E-Auto-Wachstums sein”, sagte Emmanuel Bulle, Analyst bei Fitch Ratings, in einer E-Mail. Er verwies darauf, dass einige Verbraucher aufgrund von Reichweiten-Befürchtungen nicht bereit seien, mehr für reine Elektroautos zu zahlen.

Als Reaktion darauf drängen die europäischen Regierungen auch auf den Ausbau der Ladenetze. In Großbritannien und Deutschland integrieren Unternehmen wie Char.gy und Ubitricity Ladegeräte in Straßenlaternenpfähle, um die Infrastruktur schneller auszubauen.

Hier eine Übersicht, wie sich die wichtigsten europäischen Märkte entwickeln:

Deutschland

Das Augenmerk sollte im nächsten Jahr auf Europas größtem Automarkt liegen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im September ein wegweisendes Klima-Paket mit Subventionen zur Steigerung der E-Auto-Verkäufe vorgestellt. Die Politik scheint zu funktionieren, Deutschland dürfte das bedeutend kleinere Norwegen als Nummer eins bei batteriegetriebenen Autos überholen.

Autokäufer, die weniger als 40'000 Euro bezahlen, haben Anspruch auf bis zu 6000 Euro an staatlichen und betriebliche Prämien. Dies könnte bis 2025 bis zu 2,6 Milliarden Euro kosten, schätzt Bloomberg. Der Mechanismus wird wahrscheinlich die Art beeinflussen, wie die deutschen Autohersteller ihre nächste Runde batterieelektrischer Fahrzeuge vermarkten, sagt Matthias Schmidt, ein Berliner Automobilanalyst.

“Der Listenpreis von 40'000 Euro wird in den nächsten ein bis zwei Jahren ein sehr wichtiges Niveau für batterieelektrische Fahrzeuge sein”, sagte er. VW wird ID.3-Autos für unter 30'000 Euro verkaufen, bei BMW liegt der Einstiegspreis des Elektro-Mini bei 32'500 Euro. Beide sind für die Käufer eine heimische Alternative zu Teslas Modell 3.

Insgesamt planen die deutschen Autohersteller, ihr Angebot an Elektroautos bis 2023 auf 150 Modelle zu verdreifachen und bis 2024 rund 50 Milliarden Euro zu investieren, sagte Bernhard Mattes, Chef der Autohersteller-Lobby VDA. Zudem will die Regierung, dass bis 2025 etwa 1 Million Ladestellen stehen.

Frankreich

Frankreich setzt sich im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens für die Förderung von Elektroautos und Ladestationen ein, um die CO2-Emissionen zu senken und die heimische Industrie zu unterstützen. Die Regierung muss vorsichtig vorgehen, nachdem Autos als ein Krisenpunkt während der massiven Gelbwesten-Demonstrationen auftauchten, die mit Protesten gegen eine Treibstoffsteuer begannen.

In dem entstehenden Markt hat sich das Kompakt-Modell Zoe von Renault in diesem Jahr mit einem Marktanteil von 43% als absatzstärkstes Reinelektro-Auto etabliert, vor dem Modell 3 und dem Leaf von Nissan Motor Co., sagt das Beratungsunternehmen Inovev. Mit einer verkauften Stückzahl von 35'000 in Europa in den ersten neun Monaten des Jahres liegt der Zoe immer noch weit hinter dem Modell 3 zurück, das laut BloombergNEF auf einen Absatz von fast 63'000 Fahrzeugen kam.

Der Staat gewährt Käufern bis zu 6000 Euro zuzüglich eines Bonus für die Verschrottung eines Altwagens beim Kauf eines Elektroautos.

Grossbritannien

Der zweitgrößte Automarkt der Region ist von der Unsicherheit über den Brexit betroffen, sodass das Wachstum des Absatzes von Elektrofahrzeugen den allgemeinen Einbruch etwas gemildert hat. Der Absatz von Elektroautos hat sich bis November auf 32'911 Fahrzeuge mehr als verdoppelt, sagt der britische Verband der Automobilhersteller und -händler. Sie kommen jedoch nur auf einen Anteil von 1,5% am Gesamtmarkt.

Großbritannien bietet Zuschüsse und Rabatte für reine Elektrofahrzeuge in Höhe von bis zu 3500 Pfund an, nachdem die Subventionen für Hybride im vergangenen Jahr eingestellt wurden.

Niederlande

Das kleine Land schlägt sich beim Elektroauto-Absatz erheblich besser als seine wirtschaftliche Bedeutung erwaerten ließe. Die Regierung plant nun, mindestens für die nächsten fünf Jahre Steuervorteile zu gewähren, um das langfristige Ziel zu erreichen, bis 2050 nur saubere Autos im Land zu haben.

Derzeit bietet das niederländische System eine Fülle von Anreizen, die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer und einen viel niedrigeren Umsatzsteuersatz für die ersten 50'000 Euro des Preises eines Elektroautos umfassen.

Skandinavische Länder

Während Norwegen in diesem Jahr wohl die Spitzenposition als größter europäischer Markt für batterieelektrische Autos an Deutschland verlieren wird, haben die Länder in der Region eine Vorreiterrolle übernommen, da sie zu den ersten gehörten, die Kaufanreize boten.

Zu den Anreizen der norwegischen Regierung gehört die Befreiung von Abgaben wie Einfuhrsteuern, Mehrwertsteuer und der jährlichen Straßenmaut.

In Schweden erhalten Käufer von Elektroautos beim Kauf einen Bonus von bis zu 60'000 Kronen (5700 Euro). Die unterschiedlichen Ansätze der beiden Länder in Bezug auf Anreize hatten unbeabsichtigte Konsequenzen, da einige Schweden den Bonus einlösen und dann ihr Elektroauto nach Norwegen exportieren, wo die Nutzung großzügiger subventioniert wird.

In Dänemark hat die sozialdemokratische Regierung beschlossen, geplante Steuererhöhungen für Elektroautos aufzuheben, und die Steuerermäßigungen für Fahrten zur Arbeit mit Elektroautos erhöht.

Italien

Italien kommt für die ersten neun Monate des Jahres auf einen Absatz von weniger als 8000 batterieelektrischen Fahrzeugen und liegt damit weit hinter den anderen großen europäischen Märkten, wie aus Daten des Verbands der Europäischen Automobilhersteller hervorgeht.

“Die Regierung hat bisher kein wettbewerbsfähiges System für öffentliche Anreize für Elektroautos im Vergleich zu anderen europäischen Ländern geliefert”, sagte Stefano Aversa von Alix Partners. Ein Elektroauto kostet mindestens 30'000 Euro, verglichen mit einem Preis zwischen 10'000 und 15'000 Euro für die meistverkauften Kompakt-Modelle in Italien.

Zwar hat die Regierung im März Anreize von bis zu 6000 Euro pro Fahrzeug vorgestellt, aber sie reichen nicht aus, um die Preis- und Kulturlücke zu schließen, sagt Roberto Vavassori, Leiter des europäischen Teilelieferantenverbandes Clepa.

Der Absatz könnte im nächsten Jahr steigen, wenn Fiat Chrysler Automobiles NV die erste vollelektrische Version seines Fiat 500 City und Hybrid-Plug-in-Versionen des Jeep Renegade und des Compass auf den Markt bringt.

(Bloomberg)