Am vergangenen Freitag fielen die Kurse der US-Unterhaltungskonzerne ViacomCBS und Discovery um je 27 Prozent. Bei grosskapitalisierten Unternehmen wurden 35 Milliarden Dollar Börsenwert vernichtet. Auch die China-Tech-Giganten Baidu und Tencent, die über Kotierungen am US-Markt verfügen, waren betroffen. Der E-Commerce- und Internetkonzern Alibaba stand zwischenzeitlich ebenfalls unter Druck. Einen offensichtlichen Grund für die Kursstürze gab es zunächst nicht.

Doch dann: Spekulationen zufolge haben grosse Investmentbanken – genannt werden Goldman Sachs und Morgan Stanley – grosse Aktienpakete verkauft. Solche Geschäfte werden Block Trades genannt und sind an sich nichts ungewöhnliches. Typischerweise wird über diese "Aktienblöcke" privat verhandelt und sie werden ausserhalb der Börsenzeiten verschoben.

Ungewöhlich ist der vermutete Umfang dieser Block Trades vom Freitag. Der Finanzdatendienst Bloomberg schätzt, dass einzelne Pakete über eine Milliarde Dollar wert waren. Und offenbar wurden einige davon auch während der Börsenöffnungszeiten gehandelt.

Archegos: Hedgefonds mit schillerndem Gründer

Dies hat den Markt äusserst nervös gemacht. Unruhe entsteht vor allem dann, wenn bei Blocktrades Preise bezahlt werden, die unter dem tatsächlichen Aktienkurs liegen. Noch mehr Verunsicherung kommt auf, wenn nicht klar ist, wer die Verkäufer sind.

Am Freitag ging das Gerücht um, ein grosser Fonds werde liquidiert und Vermögenswerte müssten zwangsweise verkauft werden. Kurz: Händler vermuten, dass einige mehr wissen als andere und über eine aufziehende Krise bereits informiert sind. Und schon brechen Verkaufswellen los.

Bloomberg berichtete dann, dass Archegos Capital Management in Bedrängnis sei. Dabei handelt es sich um das Family Office des umtrittenen Traders Bill Hwang. Hwang, der mit einem auf Asien ausgerichteten Milliarden-Hedgefonds Starrenditen erwirtschaftet hatte, wurde 2012 wegen Insiderhandels bei chinesischen Bankaktien verurteilt. Sein Fonds wurde danach geschlossen.

Dann zog Hwang das Family Office Archegos auf, das unter anderem dafür bekannt ist, substantiell mit Derivaten gehebelt zu investieren. Sprich, beträchtliche Risiken eingeht.

Investmentbanken fordern Aktienverkäufe

Wenn Wetten schief gehen, verlangen Broker wie beispielsweise Investmentbanken mehr Sicherheiten von Hedgefonds und beginnen damit, Positionen ihrer Kunden zu liquidieren, um Verluste auszugleichen. Nun berichtet Bloomberg unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, dass Hwang von seinen Banken gezwungen worden sei, Aktien im Wert von 20 Milliarden Dollar zu veräussern. Zu den grossen Positionen von Hwangs Finanzgesellschaft gehörten ViacomCBS, Discovery und Baidu - also die Aktien, deren Kurse am Freitag so stark abstürzten. 

Wie kommen bei alledem globale Banken wie die Credit Suisse ins Spiel? Sie treten bei Hedgefonds als Broker auf. Manche Banken müssen bei solchen Marktkrisen dafür dann mit Verlusten klarkommen. Goldman Sachs und Morgan Stanley sind dem Vernehmen nach einigermassen glimpflich davongekommen, nachdem sie als erste verkauft haben. Andere Banken werden aber im Strudel mitgerissen. 

Das japanische Bankenimperium Nomura hat Gerüchten zufolge einen hohen potentiellen Verlust durch einen US-Kunden erlitten. Dabei handelt es sich möglicherweise um Archegos. Von einem drohenden "bedeutenden Verlust" hat am Montagmorgen auch die CS geschrieben. Sie wies zwar darauf hin, dass ein Hedgefonds eine Rolle spiele, nannte aber wie Nomura keine Namen. Viele am Markt vermuten aber, dass auch die CS bei Archegos involviert ist.

Während die Märkte nervös auf mögliche weitere grosse Block Trades warten, fragen sich Beobachter, weshalb grosse Banken so viel Geld einem Hedgefondsmanager wie Hwang mit seiner schillernden Vergangenheit ausgeliehen haben.

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.