Das zeigte sich insbesondere letzte Woche an der US-Börse: Während die grossen Benchmarks für US-Aktien fielen, verzeichneten kleinere und spekulativere Aktien solide Gewinne. Oder anders ausgedrückt: Je kleiner eine Aktie ist, desto besser lief es. Während der S&P 500, der Dow Jones und Nasdaq Composite im Laufe der letzten Woche jeweils etwa ein Prozent zurückgingen, legte ein Index, der Microcaps abbildet, um 3,3 Prozent zu.

Angeheizt und angetrieben von Daytradern, explodierte das Volumen vor allem auch bei Penny Stocks. Diese sollen mittlerweile bis einen Fünftel des Handelsvolumens aller US-Aktien ausmachen. Als Penny Stocks gelten Aktien, die weniger Wert sind als ein Dollar. Dahinter stecken oft Firmen, die Kapitalerhöhungen hinter sich haben, obskure Geschäftsmodelle verfolgen oder in Schwierigkeiten stecken.

Ebenso stürzten sich Investoren wie wild auf Börsengänge. Die Aktien von Affirm und Poshmark zum Beispiel verdoppelten sich bei ihren Börsendebüts. Die Titel von Poshmark, einer Art Online-Brockenhaus, hatten am Donnerstag einen Ausgabepreis von 92 Dollar. In den Handel starteten sie dann bei 97,60 Dollar.

Signal als Beispiel für die Unersättlichkeit der Anleger

"Leute mit einer Risiko-Mentalität fangen an Dinge zu tun, die sie normalerweise nicht machen würden", sagt Rob Conzo, CEO bei The Wealth Alliance. "Die Leute glauben an Aktien. Und sie haben gesehen, wie ihre Aktienportfolios durch die Decke gegangen sind."

Auch an nur leicht regulierten ausserbörslichen Handelsplätzen, die von professionellen Anlegern in der Regel gemieden werden, treiben Daytrader das Volumen in die Höhe. Mehr als 1 Billion Aktien wechselten im Dezember den Besitzer über Systeme, die von Firmen wie OTC Markets betrieben werden.

Nur wenige Aktien veranschaulichen die Unersättlichkeit der Anleger besser als Signal Advance, dessen Aktie am letzten Montag um 885 Prozent in die Höhe schoss, nachdem Tesls-CEO Elon Musk seine Anhänger dazu aufforderte, die mit Signal Advance nicht verwandete Messaging-App Signal zu nutzen. Das übersahen die Anleger und kauften wie wild Aktien der Firma, die Signaldetektoren für bioelektrische Aktivität herstellt. Zomedica, eine Penny-Stock-Aktie, ist ein anderes Beispiel. Die Aktie verdoppelte sich an einem Tag beinahe, nachdem ein Netflix-Star die Firma in einem Video bewarb.

Sogar skeptische und zurückhaltende Investoren werden verrückt

"Was man mehr und mehr sieht, sind die handelsorientierten Privatanleger, die kurzfristigen Trends folgen", sagt Dan Miller, Direktor für Aktien bei GW&K Investment Management. "Die wahllose Weise der Aktienkäufe treiben die weniger liquiden, spekulativeren Namen."

Das wachsende Interesse an den exotischen Bereichen des Marktes spiegelt den Trend der Risikobereitschaft im Allgemeinen wider. Generell gewinnen kleine Aktien gegenüber grosse Aktien, volatile Aktien übertreffen schläfrige Titel und Unternehmen mit wackligen Finanzen liegen vor denen mit starken Bilanzen.

Sogar normalerweise skeptische und zurückhaltende  Investoren zeigen Anzeichen, dass sie der Verrücktheit zuliebe nachgeben. Hedge-Fonds zum Beispiel haben am Mittwoch ihre Short-Eindeckungen in Technologie- und Konsumgüteraktien dermassen erhöht, dass sie ein Fünfjahreshoch erreichten, wie Daten des Prime Brokerage von Goldman Sachs zeigen. Ihre gesamte Netto Leverage - ein Mass für die Risikobereitschaft der Branche, das Long- und Short-Positionen berücksichtigt - ist auf einen Rekordwert gestiegen.

"Die Kombination aus fiskalischem Stimulus und der anhaltenden monetären Unterstützung durch die Notenbanken sei ein sehr starker Motor für die Kapitalmärkte", sagt John Porter, Leiter der Aktienabteilung bei Mellon Investments. "Es ist schwer, gegen diese Art von Geldfluss zu wetten."

(Bloomberg/cash)