Das Coronavirus ist mit voller Wucht an den Weltbörsen angekommen. Negativ betroffen sind auch die Aktien der allermeisten Schweizer Unternehmen. Einzig Swisscom und Lonza verbuchen im Swiss Market Index SMI noch Gewinnzuwächse im laufenden Jahr. Doch es gibt auch Aktien von Schweizer Unternehmen, die gerade wegen der Coronakrise zulegen.

Der Medizinalbedarfhersteller IVF Hartmann gehören in diese Kategorie. Die Aktien stehen in diesem Jahr 15 Prozent im Plus und gehören mit der Aktienperformance 2020 zu den Top Zehn des breiten Schweizer Börsenindex SPI. Nur das Biotechnologieunternehmen Relief Therapeutics, der Finanzdienstleister Leonteq, das Vermarktungsunternehmen Highlight Event and Entertainment, das Energieunternehmen BKW und die Immobiliengesellschaft Intershop haben eine bessere Aktienperformance.

IVF Hartmann ist der führende Schweizer Hersteller von Produkten für Wundversorgung. Das im schaffhausischen Neuhausen beheimatete Unternehmen gehört mit einem Anteil von 66,3 Prozent der deutschen Hartmann-Gruppe. Zu den Kunden gehören vor allem Schweizer Gesundheitseinrichtungen wie Spitäler, Alters- und Pflegheime, Spitex, Apotheken und Drogerien.

Mundmasken und Desinfektionsmittel gefragt

Zwei Geschäftsfelder von IVF Hartmann profitieren hauptsächlich von der Coronakrise: Risikoprävention und Desinfektion. Die Hinweise im Onlineshop von IVF Hartmann deuten darauf hin, dass die Firma die grosse Nachfrage infolge des Coronavirus nicht decken kann. "Aufgrund Corona-Virus teilweise lange Lieferzeiten", steht bei Hand- und Flächendesinfektionsmittel. Das gleiche gilt für Mundmasken.

IVF Hartmann bestätigt: "Die Nachfrage nach Desinfektions- und Schutzprodukten ist seit dem Ausbruch des Coronavirus gestiegen. Wir haben deshalb beispielsweise die Produktion von Desinfektionsmitteln bei Bode in Hamburg hochgefahren", schreibt die Firmaauf Anfrage von cash.ch. Zudem sei die Belieferung von Rohstoffen, Halbfertigprodukten und Handelswaren durch die jetzige Situation erschwert. Zu ihren Kunden, zu Lagerbeständen oder der Nachfrage nach einzelnen Produkten gibt IVF Hartmann keine Auskunft. Laut Firmenangaben trägt die Konzernaktivität "Infektionsmanagement" 36 Prozen zum Umsatz bei.

Wegen der schwierigen Liefersituation ist es auch fraglich, ob die im Aktienpreis enthaltenen Fantasien nicht etwas übertrieben sind. So produziert IFV Hartmann die Schutzmasken nicht in Neuhausen, und Deutschland hat unlängst ein Ausfuhrverbot für medizinische Schutzausrüstung verhängt. In der Coronakrise machen sich nationale Egoismen bemerkbar. Inwiefern sie die Lieferketten von IVF Hartmann gefährden, ist Spekulation.

Anhaltender Negativtrend beim Gewinn

Eine weniger erfolgreiche Geschichte als der Nachfrageüberschuss durch die Coronakrise bieten die Unternehmenszahlen der jüngsten Vergangenheit. Im ersten Halbjahr 2019 verbuchte IVF Hartmann zwar mehr Umsatz, hatte aber weniger Gewinn gegenüber der Vorjahresperiode. Der Gewinn ging wegen des anhaltenden Preisdrucks und wegen Währungseffekten um 4,4 Prozent zurück. Auch schon 2018 ging der Jahresgewinn um 12,1 Prozent gegenüber 2017 zurück.

Kursverlauf der IVF Hartmann-Aktien seit Anfang 2017 (Quelle: cash.ch).

Die negative Gewinntendenz widerspiegelt sich in der Aktienkursentwicklung der letzten Jahre. Vom Höhepunkt von 219,5 Franken im März 2017 sind die Aktien auch mit der Bewertung vom Montag 21 Prozent entfernt. Die Aktien haben alleine in den Jahren 2017 bis 2020 23 Prozent ihres Werts verloren.

IVF Hartmann veröffentlicht am 11. März die Jahreszahlen. Dann wird sich einerseits zeigen, ob die Negativtendenz beim Gewinn anhält. Andererseits sollte der Ausblick darüber Auskunft geben, wie stark das Unternehmen wirklich von der Coronakrise profitiert. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von teuren 31,5 und einer Dividendenrendite von lediglich 1,4 Prozent ist die Aktie per se nicht unbedingt attraktiv.

ManuelBoeck
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