Am Autohersteller Tesla geht die Corona-Krise scheinbar schadlos vorbei. Wie lässt es sich sonst erklären, dass die Aktien am Dienstag die 1000er-Marke knackten und damit seit Jahresbeginn 145 Prozent höher stehen? Und: Die Aktien von Tesla haben, wie in der untenstehenden Grafik ersichtlich, schon die zweite Rally in diesem Jahr hinter sich. Im Februar war die 900er-Marke erstmals geknackt worden.

Der Kurs der Tesla-Aktien seit Oktober 2019 (Quelle: cash.ch) 

Diese starken Kursschwankungen sind seit Jahren eine ständige Begleiterin der Tesla-Aktie. Denn kaum eine Aktie polarisiert so stark wie die des Elektroautoherstellers: Einerseits gibt es die Tesla-Anhänger, die an die Einzigartigkeit des Unternehmens glauben und dabei die Fundamentaldaten ausser Acht lassen. Andererseits gibt es die ewigen Tesla-Kritiker, die schon vor Jahren den Untergang von Tesla vorhersagten. Momentan haben die Tesla-Anhänger am Aktienmarkt die Oberhand.

Sicherlich spielt im jetzigen Kursfeuerwerk bei Tesla auch mit, dass sich die Anleger in der jüngsten Börsenerhohlung kräftig mit Technologie- und Zukunftsaktien eindecken. Tesla gehört natürlich eindeutig in diese Kategorie. 

Doch aufgepasst: Wegen der beschriebenen Polarisierung ist es nicht erstaunlich, dass bei Tesla der Anteil der "short" (Wertpapiere, mit denen auf fallende Kurse gewettet wird) gehandelten Aktien beständig einen relativ hohen Anteil an den gesamthaft gehandelten Aktien einnimmt. Momentan werden 27 Prozent des Gesamtvolumens short gehandelt. Dies, nachdem Ende April ein Grossteil der Leerverkäufer kapituliert hatte und der Anteil der short gehandelten Aktien für längere Zeit unter 20 Prozent fiel.

In der untenstehenden Grafik sind die "short" gehandelten Tesla-Aktien in Prozent vom Gesamthandel der Aktien seit Juni 2019 abgebildet.

Dieser hohe Short-Anteil bringt mit sich, dass der Aktienwert tendenziell unter Druck gerät. Dies kann dann schnell sehr starke Korrekturbewegungen auslösen. Doch die Wette der Tesla-Shortseller kann auch schön schiefgehen. Wenn der Aktienkurs bei einem hohen Short-Anteil trotzdem weiter steigt, kann dies in einen Short-Squeeze enden. Hintergrund: Ein Short-Squeeze entsteht, wenn sehr viele Leerverkäufer binnen kurzer Zeit gezwungen sind, ihre Positionen zu schliessen und sich zu dem Zweck mit Aktien einzudecken. Dies treibt den Kurs weiter nach oben - und das könnte auch jetzt passieren.

Diese beständige Polarisierung ist auch unter den Analysten vorhanden und zeigt sich in den gegensätzlichen Empfehlungen. Die Grossbank Barclays bestätigte noch Anfang April das Rating "Untergewichten" für die Tesla-Aktie und das Preisziel von 300 Dollar. Dies entspricht einem Korrekturpotenzial von 70 Prozent. Demgegenüber gibt der Markttechnikexperte Mensur Pocinci in einem Analystenkommentar vom Donnerstag bekannt, dass Julius Bär den Investoren trotz den Höchstständen das Halten von Tesla-Aktien empfiehlt. Grund: Es ist ein starker Aufwärtstrend von den März-Tiefstständen ersichtlich.

Es ist aus diesen Ausführungen deutlich, dass ein Investment in Tesla immer auch mit einem entsprechenden Aufwärts- und Abwärtsrisiko einhergeht. Sicher ist einzig, dass Fundamentaldaten keine Entsprechung im Aktienkurs finden. Wie lässt sich ansonsten erklären, dass Tesla beinahe Toyota als wertvollster Autokonzern abgelöst hat und mehr als eine doppelte Marktkapitalisierung als Volkswagen verfügt. 

Denn erinnern wir uns: Tesla produzierte im ersten Quartal 2020 gerade mal 103'000 Fahrzeuge. Im Gegensatz dazu waren es bei Toyota 2,4 Millionen. Zudem verlor Tesla 2019 862 Millionen Dollar und hatte einen Marktanteil von 0,5 Prozent.  Und im ersten Quartal erreichte das Unternehmen gerade einen Gewinn von 0,08 Dollar pro Aktie. Diese Zahlen sprechen für sich - eigentlich. 


 

ManuelBoeck
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