Die Stimmung an den internationalen Aktienmärkten dürfte Experten zufolge in der letzten Novemberwoche nervös bleiben. Anlegerinnen und Anleger fragen sich, ob das anhaltend rasante Wachstum des KI-Börsenlieblings Nvidia den Weg für eine Jahresendrally ebnet oder doch noch eine Korrektur droht.
Denn die stark gestiegenen Bewertungen der Tech-Giganten an der Wall Street schüren Zweifel an der Nachhaltigkeit der Rally. Am Freitag rutschte der Nasdaq 100 zeitweise unter die Marke von 23'900 Punkten und verbuchte einen Wochenverlust von rund 4,2 Prozent. Die Woche beendete der technologielastige Index mit einem Minus von knapp 4 Prozent. Auch beim europäischen Stoxx 600 und beim deutschen Dax resultierten Verluste von rund 2,2 respektive 3,3 Prozent. Lediglich der Swiss Market Index (SMI) konnte sein Niveau weitgehend halten und schloss auf Wochensicht nur 0,05 Prozent tiefer.
Die Angst der Investoren vor einer KI-Blase ist nach Meinung von Sören Wiedau von der Weberbank momentan zumindest überzogen. «Die Bewertungen sind zwar hoch, bewegen sich im historischen Vergleich aber nicht in extremen Regionen und werden vor allem durch eine dynamische Gewinnentwicklung gestützt», sagt der Portfoliomanager. «Viele führende börsennotierte KI- und Technologiekonzerne erwirtschaften so starke laufende Mittelzuflüsse, dass sie ihre milliardenschweren Investitionsprogramme weitgehend aus dem operativen Geschäft finanzieren können.» Die Abhängigkeit von Fremdkapital bleibe damit überschaubar, anders als in früheren Übertreibungsphasen. Als besorgniserregend stufen Analysten von Raiffeisen Research jedoch die Tatsache ein, dass mittlerweile das Wohl des gesamten Aktienmarkts an Nvidia hänge. Die Abhängigkeit des Marktes von nur einem einzigen Sektor sei «fatal», heisst es auch bei den Strategen der LBBW.
USA zwischen KI-Boom und Konjunkturschwäche
Daneben zehren Konjunktur- und Zinssorgen an den Nerven der Investoren. Für Verunsicherung sorgte unter anderem der lange US-Regierungsstillstand. «US-Indikatoren werden nun nach und nach veröffentlicht, aber bis zur Normalisierung wird es noch eine Weile dauern. Der aktuelle Zustand der US-Konjunktur ist weiter umstritten», sagen die Analysten der Helaba.
Auch die US-Notenbank Fed stochert mangels eines kompletten Datenbildes mehr oder weniger im Nebel, was die Zinssorgen an den Börsen wachsen lässt. Nach Worten von Fed-Chef Jerome Powell sollte man bei Nebel langsamer fahren. Viele Investoren rechnen entsprechend damit, dass es im Dezember keine Zinssenkung geben wird. Laut dem CME-FedWatch-Tool gingen Händler am Freitag mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 67 Prozent davon aus, dass die die Zinssätze unverändert bleiben.
Der mit Spannung erwartete US-Datenfluss kommt jedenfalls nur schwer in die Gänge. In den Kalendern stehen hinter den Veröffentlichungen zum US-BIP, zur Inflationsentwicklung und dem Verbrauchervertrauen noch Fragezeichen. Wegen des Feiertages Thanksgiving bleibt die Wall Street zudem am Donnerstag geschlossen, der Handel am Freitag ist verkürzt.
IFO-Index und deutsche BIP-Zahlen im Fokus
Die Einschätzung der US-Notenbank zur Konjunktur steht am Mittwochabend an, wenn die Fed ihren Bericht «Beige Book» vorlegt. Zuletzt hatten die befragten Unternehmen geklagt, dass die von der Regierung von US-Präsident Donald Trump verhängten höheren Zölle Aufwärtsdruck auf die Preise ausübten.
Wie es um die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen bestellt ist, wird der Ifo-Geschäftsklimaindex für November zum Wochenstart zeigen. Zuletzt hatte sich das Barometer aufgehellt. Am Dienstag wird dann die zweite Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland kommen. Dabei komme es vor allem auf die Detailzahlen an, sagt die Helaba. «Wie sich der Staatskonsum, die Bauinvestitionen und die privaten Konsumausgaben entwickelt haben, ist noch unklar.» Am Freitag stehen dann die Verbraucherpreise im Mittelpunkt. «Die Kerninflationsrate in Deutschland liegt nun seit eineinhalb Jahren bei knapp drei Prozent, und hieran dürfte sich im November kaum etwas geändert haben», heisst es bei der Commerzbank. Mittelfristig sollte die Rate allmählich fallen.
(Reuters/cash)
