cash.ch: Herr Laubenthal, die Cembra-Aktie hat nach der Publikation der Halbjahreszahlen stark korrigiert. Wie kam es dazu?

Holger Laubenthal: Kurzfristige Kursausschläge kann es immer mal geben. Auf Jahresfrist stehen wir bei einem Kursplus von 17 Prozent, inklusive Dividende kommen wir auf etwas mehr 20 Prozent Gesamtertrag. Diese Entwicklung ist für uns relevant. Wir sind langfristig aufgestellt und die Zielrichtung stimmt, nachdem wir im ersten Halbjahr unter dem Strich 11 Prozent mehr verdient haben. Das zeigt auch, dass die strategischen Programme greifen. 

Waren die Schätzungen respektive die Erwartungen einfach zu hoch in dem Moment?

Wir kommunizieren unsere Zielsetzung, geben eine klare Guidance und sagen jeweils im Februar als auch im Juli, wo wir stehen. Wir befinden uns weiterhin auf Kurs, unsere längerfristigen Ziele zu erreichen. Ich stelle aber auch fest, dass diese kurzfristigen Schwankungen ein grundsätzliches Phänomen über die Schweiz und die Finanzindustrie hinaus geworden sind. Die Märkte reagieren im aktuellen Umfeld einfach sprunghafter. 

Die Analysten bemängelten, dass die Ausweitung der Zinsmarge im ersten Halbjahr zu gering war. Sieht es im zweiten Halbjahr gut aus?

Die Zinsmärkte waren sehr volatil im ersten Halbjahr, der Leitzins steht wieder bei null Prozent. Wir haben stets bewiesen, dass wir die Zinsentwicklung zyklusübergreifend im Griff zu haben, und das ist auch weiterhin unser Anspruch. Zudem hatten wir auch gesagt, dass wir bei der Nettozinsmarge eine Stabilisierung erwarten.

Nächstes Jahr sinken die Höchstsätze für Barkredite von 11 auf 10 Prozent. Welche Auswirkungen hat das?

Einerseits sinken die Zinseinnahmen, andererseits sinken auch die Refinanzierungskosten. Das ist, worauf es ankommt. Das managen wir aktiv. Das gehört zum A und O des Bilanzgeschäftes.

Die hiesige Konjunktur ist eher flau. Spüren Sie das?

Die Bäume wachsen auch bei uns nicht in den Himmel, es ist aber auch nicht alles Tristesse. Wir bewegen uns irgendwo dazwischen, weil die US-Zolldiskussionen und die geopolitische Situation die Stimmung unter den Konsumenten schon ein Stück weit belasten. Wir gehen dieses Thema strategisch an und fokussieren uns angesichts der gedämpften wirtschaftlichen Aussichten stärker auf die Profitabilität. Gewachsen sind wir deshalb vor allem im Leasing-Geschäft, während wir bei den Privatkrediten sehr selektiv vorgegangen sind.

Ein grosses Thema bleibt die Kostenreduktion. Sind Sie da weiterhin auf Kurs?

Wir hatten im ersten Halbjahr ein Kosten-Ertrags-Verhältnis von unter 48 Prozent. Unsere strategischen Programme haben wir in diesem Jahr weiter erfolgreich umgesetzt. So bringt zum Beispiel die Plattformen im Leasinggeschäft signifikante Effizienzgewinne und Serviceverbesserungen. Wie im ersten Halbjahr kommuniziert, setzt sich der Trend im zweiten Halbjahr fort. Wir sind mit der Zielerreichung auf Kurs. 

Jetzt kommen Applikationen mit Künstlicher Intelligenz (KI). Welchen Einfluss hat dies auf das Kosten-Ertrags-Verhältnis in den nächsten Jahren?

Die KI schafft natürlich diverse Möglichkeiten in Bezug auf die Effizienz. Die grundsätzliche Frage lautet aber, wie wir unseren Kundinnen und Kunden noch besseren Mehrwert bieten können. Da schauen wir in alle Richtungen. Die KI ist dabei ein spannendes Thema.

Die ersten Zahl-Apps oder Zahl-Applikationen wie die digitale Briefbörse von Paypal sind bereits in ChatGPT integriert. Ist das eine Konkurrenz?

Konkurrenz gab und gibt es in unserem Geschäft viel. Für uns ist die strategisch zentrale Frage, ob es auch künftig genügend Kreditbedarf gibt. Da ist meine Antwort ein klares Ja.  Wir wollen unseren Kunden die Produkte so anbieten, dass sie sie genau dort nutzen können, wie es den Bedürfnissen entspricht. Das wandelt sich natürlich mit der Zeit, weshalb wir beispielsweise sehr viel in «Embedded Finance» investieren. Dort können wir unsere Produkte direkt in die Kaufprozesse integrieren. Dazu arbeiten wir eng mit den unseren Partnern zusammen.

Kann das langfristige Wachstum durch die KI eingebremst werden?

Davon gehen wir nicht aus, weil der Grundbedarf für Kredite vorhanden ist. Kredite sind ein wichtiges Element in der Volkswirtschaft und ohne diese gibt es kein Wachstum.

Sie wachsen in etwa gleich stark wie die Schweizer Wirtschaft. Oder gibt es Abweichungen?

Ein Stück weit gehen Konsumkreditgeschäft und das Bezahlungsgeschäft mit dem Konsum insgesamt einher, weshalb die Korrelation mit der Wirtschaftsentwicklung im Normalfall eng ist. Aber auch da gilt: Es gibt weitere Einflussfaktoren und nicht jedes Quartal ist genau prognostizierbar.

Das Wachstum bei Barkrediten, Kreditkarten und «buy now pay later» war im ersten Halbjahr eher unterdurchschnittlich. Wie sieht es im zweiten Halbjahr aus?

Ein gesundes Wachstum bleibt unsere Grundausrichtung für alle unsere Geschäftsbereiche. Aber wichtiger als das Wachstum im Kreditvolumen ist die Profitabilität, welche wir weiter optimieren wollen. Entsprechend wachsen die einzelnen Produktbereiche mal schneller oder langsamer. 

Also eine klar auf Profitabilität fokussierte Wachstumsstrategie?

Wir sehen Wachstum nicht als Selbstzweck, denn ohne Profitabilität macht dieses keinen Sinn. Entsprechend investieren wir in Wachstumsinitiativen wie Embedded Finance oder gehen etwa im Payments-Bereich neue Partnerschaften ein. Wir haben neue Produkte und Services wie 'Scan2Pay' oder 'InstallmentPay' eingeführt. Zudem wurde das Loyalty-Programm unserer eigenen Kreditkartenfamilie neu aufgestellt. Das sind alles Elemente, die die Portfolioqualität stärken und ein gesundes Wachstum unterstützen. 

An der Dividendenpolitik halten Sie unverändert fest?

Wir haben keinen Grund, daran zu rütteln. Das Ziel bleibt eine mindestens gleich bleibende Ausschüttung. Wir halten am Ziel fest, mit steigender Profitabilität die Dividendenausschüttungen zu erhöhen. In den zwölf Jahren seit dem IPO konnten wir 1,2 Milliarden Franken als Dividenden inklusive einer Sonderdividende an unsere Aktionäre zurückgeben. Die erste Dividende 2014 betrug 2,85 Franken pro Aktie. Für das abgelaufene Jahr 2024 haben wir 4,25 Franken pro Aktie ausbezahlt. 

Holger Laubenthal ist seit März 2021 CEO der Schweizer Bank Cembra Money Bank. Er hat einen MBA-Abschluss der Harvard Business School und ist Diplom-Wirtschaftsingenieur im Wirtschaftsingenieurwesen. Vor seinem Engagement bei Cembra machte er eine internationale Karriere im GE-Konzern.

Thomas Daniel Marti
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