Geschlossene Läden, leere Fabrikhallen - der Coronavirus in China bereitet der deutschen Sportartikelindustrie zunehmend Kopfzerbrechen. China, wo die Virus-Infektion ihren Ursprung hat, ist für Puma und Adidas nicht nur einer der wichtigsten Märkte, sie beziehen von dort auch grosse Teile ihrer Schuhe, Textilien und Accessoires. Puma-Chef Björn Gulden sagte am Mittwoch in Herzogenaurach, das Geschäft in China liege seit Ende Januar praktisch brach. "Aber wir arbeiten derzeit unter der Annahme, dass sich die Situation kurzfristig normalisieren wird und wir dann unsere Ziele für das Jahr 2020 erreichen können." Adidas äusserte sich vorsichtiger: Das Geschäft in China sei nach einem glänzenden Jahresstart seit dem Neujahrsfest am 25. Januar um 85 Prozent eingebrochen. Wie sich das auswirke, sei offen.

Puma-Chef Gulden hofft, dass sich die Umsatzausfälle, die im laufenden ersten Quartal auch den operativen Gewinn (Ebit) belasten dürften, womöglich wieder aufholen liessen. "Es gibt Leute, die glauben, dass die Chinesen noch mehr kaufen werden, sobald die Krise vorbei ist", sagte der Manager. Zurzeit boome dort zwar der Online-Handel, doch könne Puma die Bestellungen nicht ausliefern, weil Post und Paketdienste nicht arbeiteten. Puma halte 40 seiner 110 eigenen Filialen in China offen, auch wenn sich dorthin kaum noch Kunden verlaufen. Auch die meisten der 2500 von Partnern betriebenen Sportgeschäfte seien geschlossen. "Wenn sie in vier Wochen noch immer zu sind, müssen wir unsere Prognosen korrigieren", räumte Gulden ein. "Aber wir werden unser Bestes tun, sie zu erfüllen."

Zwischen zwölf und 13 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Puma in China, das Geschäft dort ist im vergangenen Jahr um 41 Prozent gewachsen. Der fränkische Rivale Adidas verdiente 2018 sogar jeden fünften Euro auf dem riesigen Markt. Das Geschäft ist für die Branche nirgendwo auf der Welt so lukrativ wie in China. Ferner spürt Puma, dass weniger chinesische Touristen im Ausland unterwegs sind - und dort als Käufer für Sportschuhe und T-Shirts ausfallen. Adidas, die Nummer zwei auf dem globalen Markt hinter Nike, legt seine Geschäftszahlen für 2019 am 11. März vor. Bis dahin glaubt Vorstandschef Kasper Rorsted besser einschätzen zu können, wie es weitergeht.

Puma wagt dagegen schon jetzt eine Prognose für 2020: Der Umsatz soll um zehn Prozent auf mehr als sechs Milliarden Euro zulegen, das Ebit um 14 bis 18 Prozent auf 500 bis 520 Millionen Euro steigen. Dass das Wachstum damit trotz der Grossereignisse wie der Fussball-Europameisterschaft und der Olympischen Spiele geringer ausfiele als 2019, habe nichts mit dem Coronavirus zu tun, machte Gulden klar. Man plane zu Jahresbeginn immer etwas konservativer.

Ansteckender Optimismus

Seine Zuversicht steckte die Börsianer an: Die Puma-Aktie schnellte um acht Prozent nach oben und zog auch das Adidas-Papier um zwei Prozent mit. Die Prognose für 2020 sei "klar besser als befürchtet", erklärten die Analysten von Jefferies. Das vierte Quartal sei zudem besser gelaufen als gedacht.

Vorstandschef Gulden sprach mit Blick auf 2019 vom "besten Jahr, das Puma je hatte". Der Umsatz wuchs - bereinigt um Wechselkurseffekte - um 17 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro und damit stärker als vorhergesagt. Vor allem China und Indien - wo Puma noch vor Nike die Nummer eins ist - trieben das Geschäft. Aber auch in Europa legte der Umsatz um elf Prozent zu. Das Ebit lag mit 440 Millionen Euro ebenfalls über den versprochenen 420 bis 430 Millionen - und mehr als 30 Prozent über dem Vorjahr. Unter dem Strich blieb ein Gewinnzuwachs von 40 Prozent auf 262 Millionen Euro. Die Dividende soll deshalb auf 50 (2018: 35) Cent je Aktie steigen.

Entspannt gab sich Puma für den Nachschub an Waren, bei dem die Branche ebenfalls stark von China abhängt. Die Situation sei "beherrschbar", berichtete Anne-Laure Descours, die im Vorstand die Beschaffung organisiert und aus Hongkong zugeschaltet war.

Aus China bezieht Puma rund ein Fünftel der Waren für den Weltmarkt. Dort sei die Produktion von Schuhen, Textilien und Accessoires nach der obligatorischen Pause um das Neujahrsfest wieder angelaufen - wenn auch noch nicht mit voller Kapazität, weil viele Wanderarbeiter noch nicht zurückgekehrt seien, sagte Gulden. "Es sieht nicht so schlecht aus." Auch die Häfen seien seit vier bis fünf Tagen wieder offen. Die Verspätungen in der Lieferkette von zwei bis drei Wochen liessen sich wettmachen. Wegen des Zollstreits zwischen den USA und China hatten Adidas und Puma die Produktion teilweise nach Vietnam und Kambodscha verlegt.

(Reuters)