Die Credit-Suisse-Aktien haben ihre Talfahrt am Freitag wieder aufgenommen. Die Aktien der angeschlagenen Schweizer Grossbank sackten bis zum frühen Nachmittag um 11,7 Prozent auf 1,79 Franken ab. Die Situation bleibe angespannt, erklärte Daniel Bosshard, Analyst bei der Luzerner Kantonalbank. "Das Grundproblem der Credit Suisse bleibt das mangelnde Vertrauen der Kunden." Die Finanzmarktaufsicht Finma und die Schweizerische Nationalbank (SNB) hätten zwar bestätigt, dass das Institut über genügend Kapital und Liquidität verfüge. "Die Märkte scheinen der Sache aber nicht wirklich zu trauen."

Die Bankenaufseher der EZB kamen einem Insider zufolge bei einer Sondersitzung zu dem Schluss, dass die Stabilität der Branche in der Euro-Zone nach den jüngsten Turbulenzen nicht beeinträchtigt sei. Zudem seien die Aufseher informiert worden, dass das Exposure der Banken gegenüber der Credit Suisse unwesentlich sei, sagte der Insider. Die Credit-Suisse-Aktien beschleunigten daraufhin ihre Talfahrt. Die europäischen Banken- und Finanztitel notierten derweil nur leicht tiefer. Die Europäische Zentralbank (EZB) lehnte eine Stellungnahme ab.

Mit einem Minus von bisher 27 Prozent steuerte Credit Suisse auf den grössten wöchentlichen Kursrückgang seit der Finanzkrise 2008 zu. Für neue Unsicherheit sorgte am Freitag die Meldung, dass DBRS Morningstar das Rating der Credit Suisse als erste globale Rating-Agentur nach der Hilfsaktion der Schweizer Zentralbank senkte. DBRS nahm das Emittentenrating der Grossbank auf "BBB" zurück. Die Agentur verwies auf anhaltende Fehltritte und Compliance-Verstösse, die zu einer Schwächung des Unternehmens führten. DBRS mache sich zudem Sorgen, ob es Credit Suisse gelinge, "das Vertrauen der Stakeholder wiederherzustellen".

Entscheidend dürfte nun sein, wie sich die Kunden der Bank verhalten. "Ob die Einleger ausreichend beruhigt sind, um die Abflüsse in den nächsten Tagen einzudämmen, ist unserer Ansicht nach eine Schlüsselfrage", sagte Frédérique Carrier, die Leiterin der Anlagestrategie bei RBC Wealth Management.

Die Credit Suisse ist mit insgesamt über 50.000 Mitarbeitern einer der weltgrössten Vermögensverwalter. Vertrauen in die Stabilität des Instituts ist entscheidend für den Geschäftserfolg. Nach Jahren der Fehlschläge und Skandale erodierte dieses Vertrauen zuletzt aber. Alleine im vierten Quartal zogen Anleger über 110 Milliarden Franken ab. Zwischenzeitlich ebbten die Abflüsse zwar markant ab. Mit der Unsicherheit um die kalifornische Silicon Valley Bank griff aber erneut Verunsicherung um sich. Um mögliche Geldabzugs-Aufträge von Kunden umsetzen zu können, zapft Credit Suisse nun tranchenweise die SNB-Gelder an. Führt diese Massnahme nicht bald zu einer Stabilisierung, halten Experten Staatshilfen oder eine Übernahme für mögliche nächste Schritte.

(Reuters)