Das Umfeld für Fusionen und Übernahmen war im Jahr 2023 alles andere als ideal - auch in der Schweiz. So hemmten steigende Zinsen, Inflationsdruck, geopolitische Unsicherheiten und eine schwächelnde Konjunktur das M&A-Geschäft im hiesigen Markt.

"Insgesamt war das Umfeld für Transaktionen im Jahr 2023 nicht sonderlich gut", resümierte Timo Knak, Leiter M&A bei KPMG, im Gespräch mit AWP. Es habe an Stabilität gefehlt und viele Unternehmen seien stark mit den eigenen Hausaufgaben beschäftigt gewesen. Im Vergleich mit dem Vorjahr ging die Anzahl der Transaktionen denn auch um 20 bis 25 Prozent zurück, wie Knak schätzt.

Allerdings seien die Aktivitäten in den beiden Vorjahren wegen des Nachholbedarfs nach der Corona-Pandemie ausserordentlich stark gewesen. Aber auch im langjährigen Vergleich könne 2023 "höchstens als durchschnittlich" bezeichnet werden.

UBS/CS im Fokus Dafür rückten 2023 einige ganz spezielle Transaktionen ins Rampenlicht. Alles in den Schatten stellte die "angeordnete" Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Der Kaufpreis von gut 3 Milliarden Franken in UBS-Aktien wurde von Kommentatoren - zumindest auf dem Papier - als günstig bezeichnet.

Weiter sorgte auch die Übernahme des Uhren- und Schmuckhändlers Bucherer durch die Rolex Gruppe für Aufsehen. Genaue Zahlen zum Deal sind nicht bekannt, auch weil er abseits der Börsen stattfand. Der Zukauf dürfte die Luxusuhren- Gruppe aber laut Markbeobachtern rund 4 Milliarden Franken gekostet haben.

Den volumenmässig wohl grössten Zukauf vermeldete der Zuger Rohstoffkonzern Glencore im November. Das Zuger Unternehmen übernimmt einen Anteil von 77 Prozent am Stahlkohle-Geschäft des kanadischen Bergbau- Unternehmens Teck und bezahlt dafür fast 7 Milliarden US-Dollar. Glencore beabsichtigt, das Kohlegeschäft innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss der Transaktion an die Börse zu bringen.

Milliarden-Transaktionen im SMI

Grössere Bewegungen gab es insbesondere auch im Pharmabereich. Wie seit längerem erwartet, spaltete Novartis die Generika-Tochter Sandoz ab. Diese bringt heute als eigenständiges Unternehmen rund 12 Milliarden Franken an Marktkapitalisierung auf die Waage. Zudem trat Novartis im Juni das Augenmittel Xiidra für bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar an Bausch ab.

Gegen Jahresende hin auf Einkaufstour ging der Branchennachbar Roche. So kauften die Basler im Oktober ein experimentelles Magenmittel vom US- Biotechunternehmen Roivant für 7,1 Milliarden US-Dollar und kurz darauf ein Mittel gegen Fettleibigkeit von Carmot für 2,7 Milliarden US-Dollar.

Eine weitere Milliardentransaktion im SMI meldete der Zement- und Baustoff- Produzent Holcim. Mit dem Kauf des US-Unternehmens Durolast für 1,3 Milliarden US-Dollar wurde die Präsenz im nordamerikanischen Dachgeschäft weiter gestärkt. Den Umbau vom zementlastigen Baustoffhersteller zu einem Anbieter von nachhaltigen Baulösungen trieb Holcim zudem durch verschiedene kleinere Zu- oder Verkäufe voran.

Georg Fischer mit Wachstumssprung

Einen Wachstumssprung vollzog im Jahr 2023 der Industriekonzern Georg Fischer mit der Übernahme des finnischen Rohrleitungsspezialisten Oponor. Das Schaffhauser Unternehmen leistete sich für rund 2,2 Milliarden Franken den grössten Zukauf der Firmengeschichte, der den Umsatz um rund einen Viertel nach oben schnellen lässst. Ziel ist es, die neue Nummer 1 im Bereich Transport von Wasser und anderen Flüssigkeiten zu werden.

Strategisch transformativ für die Versandapotheke Zur Rose war der Verkauf des profitablen Schweizer Geschäfts an die Migros-Tochter Medbase. Der mittlerweile unter dem Namen Doc Morris firmierenden Gesellschaft flossen dadurch Mittel von 360 Millionen Franken zu. Das Geld soll dem Unternehmen den finanziellen Spielraum verschaffen, bis das E-Rezept in Deutschland eingeführt wird.

Im breiten Markt SPI ihre Kräfte gebündelt haben die beiden Schweizer Traditionsfirmen Tornos und Starrag. Der Zusammenschluss der zwei Werkzeugmaschinenbauer wurde Ende November von den jeweiligen Generalversammlungen mit grosser Mehrheit abgesegnet.

Zunahme der Aktivitäten erwartet

Für das kommende Jahr zeigt sich KPMG-Experte Timo Knak zwar nicht euphorisch, aber dennoch zuversichtlich. "Wenn die Aussichten stabiler werden und die Konjunktur sich wieder verbessert, dürfen wir durchaus mit einer Zunahme der M&A-Aktivitäten rechnen."

Impulse könnten dabei auch vom Private-Equity-Bereich ausgehen, wo noch viel "dry powder" vorhanden sei, so der Experte. Im vergangenen Jahr sei der Bereich, auf den normalerweise rund ein Drittel aller Transaktionen weltweit entfallen, noch "auf der Bremse" gestanden.

(AWP)