Die Wohnungspreise in Zürich haben diejenigen von London und Paris überholt. Das zeigt, wie lokale Wohnungsknappheit Zinserhöhungen ausgleichen kann. Da die Nachfrage durch die Einstellung von Unternehmen wie Google angeheizt wird, werden Wohnungen im Stadtzentrum zu rekordverdächtigen Preisen von über 18'000 Franken pro Quadratmeter angeboten, mehr als doppelt so viel wie in London, so die von Bloomberg zusammengestellten Daten. Selbst wenn man den ganzen Kanton Zürich miteinbezieht, sind die Angebotspreise fast so hoch wie im Zentrum von Paris. Diese Preise stiegen im August um 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr - der stärkste Anstieg seit 16 Monaten.

Während in Paris, Wien und Berlin in den letzten Monaten Preisrückgänge gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen waren, steigen die Preise in den meisten Märkten, die vom Bloomberg City Tracker beobachtet werden, immer noch an - auch wenn sich der Trend verlangsamt oder abgeflacht hat. Der Anstieg deutet darauf hin, dass sich die Verbraucher allmählich an höhere Zinsen gewöhnen, da die angespannte Lage auf den Wohnungsmärkten dazu beiträgt, dass die Preise unter diesem Niveau bleiben. Es dauert jedoch seine Zeit, bis die Zinserhöhungen der Zentralbanken das System durchdringen. Die Rahmenbedingungen sind sehr sensibel, da die Verbraucher bereits durch die Inflation unter Druck stehen und die Bewertungen hoch sind.

Zürich ist ein klarer Ausreisser

Die Trends im Vergleich zum Vormonat zeigen, dass die Angebotspreise in den neun von Bloomberg erfassten Städten meist schwächer waren, obwohl die Aktivität in den Sommermonaten typischerweise langsam ist. Um die neuesten Trends auf dem Wohnungsmarkt in europäischen Städten (Zürich, Mailand, Paris, London, Madrid, Stockholm,...) zu erfassen, stellt Bloomberg Zahlen von verschiedenen Anbietern zusammen. Bei einigen handelt es sich um Angebotspreise und Richtwerte, bei anderen um offizielle Zahlen zu Transaktionen.

Trotz der schwedischen Immobilienkrise stiegen die Preise etwa in Stockholm - wo es einen Mangel an Mietmöglichkeiten gibt - um 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Madrid und Mailand, die während der Ära des billigen Geldes einen geringeren Boom erlebten, verzeichneten einen Anstieg von mehr als 3 Prozent. In allen drei Städten war der Preisanstieg langsamer als in den Vormonaten. Zürich ist mit 5,8 Prozent jedoch ein klarer Ausreisser. Die UBS stufte Zürich als die Stadt ein mit dem weltweit höchsten Risiko für eine Immobilienblase.

Immobilien in Zürich kosten heute über 50 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Eine wachsende Zahl von Besserverdienenden habe dazu beigetragen, die Preise anzuheben, die sich noch nicht an die höheren Zinssätze angepasst haben, schreibt die UBS in ihrem Bericht. Die steigende Nachfrage durch die Zuwanderung kollidiert mit dem begrenzten Angebot und gleicht die höheren Zinssätze aus.

Weshalb Google das Feindbild ist

«Es ist unwahrscheinlich, dass sich dieser Trend bald ändert», sagt Alexander Koch, Ökonom bei Raiffeisen Schweiz. In Zürich träfen ein geringes Angebot auf eine steigende Nachfrage aufgrund von Beschäftigungswachstum und Zuwanderung. Antowrten auf die Fragen der Immobilienprobleme zu finden, sei in der Politik immer sehr schwierig und die Umsetzung dauere in der Regel viele Jahre. Zwischen Bergen und einem See gelegen, hat Zürich natürliche Grenzen für das Wohnungsangebot. «Aber die hohen Gehälter und die schöne Umgebung ziehen Menschen aus der ganzen Welt an», sagt Koch von Raiffeisen. Etwa ein Drittel der fast 450'000 Einwohner der Stadt sind Ausländer.

Unternehmen im Bereich Finanzdienstleistungen stellen in Zürich jeden zehnten Arbeitsplatz, doch Google holt auf. Die Alphabet-Tochter ist zu einem der grössten lokalen Arbeitgeber geworden und bezahlt Softwareentwicklern auf Einstiegsebene bis zu 200'000 Franken pro Jahr. Derzeit arbeiten mehr als 5'000 Menschen aus 85 Ländern für den Tech-Giganten in Zürich, der drei Standorte in der Stadt hat. Ein vierter Standort soll noch in diesem Jahr in der Nähe der Europallee zwischen Hauptbahnhof und Langstrasse eröffnet werden. Das führe dazu, dass in der Gegend etwa ein 50 Quadratmeter grosses Loft-Apartment mit einem Schlafzimmer im Zwischengeschoss für fast 1 Million Franken angeboten werden kann. Als Verkaufsargument nennt der Anbieter die Nähe zu den Google-Büros.

Die SP und insbesondere Nationalrätin Jacqueline Badran haben deshalb Google als Antreiber der Zürcher Immobilienpreise ausgemacht.

Badran kritisiert, dass die Ansiedlung von Unternehmen in der Schweiz seit 1998 gefördert wird etwa mit Steuerprivilegien für Holdinggesellschaften. « Für jeden Manager, der einwandert, gibt es schätzungsweise 10 andere, die in der Umgebung Dienstleistungen erbringen; so kommt diese Einwanderung zustande», sagte Badran, der Neuen Zürcher Zeitung Anfang dieses Monats. «In dieser Hinsicht hat unser Geschäftsmodell eines Niedrigsteuerlandes tatsächlich funktioniert, mit allen unangenehmen Konsequenzen.» Derzeit leben etwa 9 Millionen Menschen in der Schweiz, ein Anstieg von fast 10 Prozent seit 2013. Die Begrenzung des Wachstums des Landes ist im Vorfeld der Wahlen am 22. Oktober zu einem wichtigen Thema geworden.

Mehrheit der Einwanderer kommt aus beruflichen Gründen

In einer im Jahr 2022 durchgeführten Umfrage gaben 37 Prozent der Migranten berufliche Gründe und nur 6 Prozent die Suche nach Asyl als Hauptgrund für die Ansiedlung in der Schweiz an. Abgesehen von den grosszügigen Gehältern hat die Schweiz im Vergleich zu ihren Nachbarländern auch einen spürbaren Vorteil bei den Finanzierungskosten. Nachdem die Schweizerische Nationalbank den Zinssatz am Donnerstag bei 1,75 Prozent belassen hat, ist der Zinssatz der Europäischen Zentralbank mit 4 Prozent mehr als doppelt so hoch. Und während die lokalen Banken oft Einlagen von mindestens 20 Prozent verlangen, können Hypotheken manchmal über 50 Jahre laufen, was die Rückzahlungslast erleichtert.

(Bloomberg/cash)