Angesichts steigender Inflationserwartungen unter den Amerikanern wird ein Zinsschritt des Fed-Offenmarktausschusses in Höhe von 75 Basispunkten sowohl bei Goldman Sachs als auch von JPMorgan und Barclays erwartet. Die Ökonomen von Citigroup und Bank of America gehören zu denjenigen, die nach wie vor davon ausgehen, dass die Fed die Zinsen um 50 Basispunkte anheben wird.

Die Zinsentscheidung der Fed wird um 20 Uhr bekannt gegeben. Die Pressekonferenz mit Powell beginnt 30 Minuten später.

"Wenn man sich Sorgen darüber macht, wie sich die eigenen Massnahmen auf die Finanzmärkte auswirken, sollte man vorsichtig sein - das ist die alte Regel", sagte Volkswirt Jonathan Miller von Barclays, der sich als einer der ersten für einen Zinsschritt um 75 Basispunkte aussprach. "Man macht sich Sorgen über das Risiko, etwas kaputt zu machen. In diesem Fall ist es das wert, etwas kaputt zu machen. Wir befinden uns an einem sehr kritischen Punkt, an dem es so aussieht, als ob ihre Glaubwürdigkeit zu erodieren beginnt."

"Das Ziel der Fed ist es, dass sich die Inflation nicht verfestigt", sagte Diane Swonk, Chefvolkswirtin bei Grant Thornton LLP. "Das Verhalten der Menschen ändert sich. Später wird es sehr viel schwieriger, umzusteuern. Man darf nicht den Fehler der 1970er Jahre machen. Man muss sich damit befassen, die Nachfrage in einer Welt mit begrenztem Angebot zu senken, so schmerzhaft das auch sein mag."

Die Märkte begannen, einen Zinsschritt um 75 Basispunkte einzupreisen, nachdem eine Umfrage der Fed New York am Montag zeigte, dass die US-Verbraucher im Verlauf des nächsten Jahr mit noch grösserer Teuerung rechnen. 

Powell hatte im Mai erklärt, dass die Fed eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte nicht aktiv in Erwägung ziehe. Er schloss einen solchen Schritt allerdings für den Fall nicht aus, dass sich die Bedingungen ändern sollten. Für Juni und Juli stellte der Fed-Chef Anhebungen um 50 Basispunkte in Aussicht. Ausschlaggebend sei die Konjunkturentwicklung. 

Die Europäische Zentralbank wird bei einer heute angesetzten Sondersitzung informierten Kreisen zufolge über die Reinvestments der Bonds entscheiden, die unter dem inzwischen gestoppten Pandemie-bedingten Ankaufprogramm PEPP erworben wurden. Es gehe darum, wie mit diesen Mitteln auf den Renditeanstieg bei italienischen Staatsanleihen zu reagieren sei, hiess es. 

(Bloomberg)