Auf die Frage, ob er die in einem Brief von Top-Bankern an der EZB geäusserte Kritik teile, nannte James von Moltke, der Finanzvorstand der Deutschen Bank am Mittwoch mehrere Bereiche, in denen er nicht mit der EZB übereinstimmt, darunter das Leveraged Finance-Geschäft. Bloomberg hatte zuerst über das Schreiben berichtet. Die EZB hatte der grössten deutschen Bank eine zusätzliche Kapitalanforderung für dieses Geschäft auferlegt.

Unabhängig davon signalisierte Manfred Knof, der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, seine Ansicht, dass der derzeitige Zustand der Regulierung unhaltbar sei. Die europäischen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden müssten das schwierige Umfeld berücksichtigen, in dem sich die Kunden der Banken angesichts der Pandemie und der Rekordinflation befinden, sagte er.

«Auch jetzt in der Krise fährt der Regulierungszug ungebremst weiter»

"Auch jetzt in der Krise fährt der Regulierungszug ungebremst weiter", sagte Knof auf einer Konferenz zur Bankenaufsicht, die von der Deutschen Bundesbank am Dienstag in Frankfurt veranstaltet wurde. "Neue Anforderungen und neue bürokratische Hemmnisse werden geschaffen – gerade so, als wäre nichts passiert. Das kann so nicht weitergehen."

Dennoch seien die Beziehungen zur EZB sowie zur deutschen Aufsichtsbehörde BaFin und zur Bundesbank "konstruktiv" und basierten auf Vertrauen.

Wie Bloomberg am Freitag berichtet hatte, sind die Chefetagen der europäischen Banken zunehmend genervt von der ihrer Meinung nach übermässigen Einmischung und unangemessenen Forderungen der europäischen Bankenaufsicht.

«Entschlossen, Mandat zu erfüllen»

Die einheitliche europäische Aufsicht unter EZB-Hoheit sei geschaffen worden, "um die Sicherheit und Solidität des Bankensektors zu fördern", hatte ein EZB-Sprecher zu dem Schreiben gesagt. "Wir sind entschlossen, dieses Mandat zu erfüllen und die Banken anhand sehr hoher Standards zu bewerten." Man bleibe aber offen für einen Dialog über Effizienz und Effektivität der Aufsichtsprozesse.

Leveraged Loans sind ein immer wiederkehrender Streitpunkt. Die Kreditgeber argumentieren, die EZB verfolge einen zu rigiden Ansatz, während die Aufsichtsbehörde behauptet, die Banken würden die Risiken, die sie eingehen, nicht erfassen.

Die EZB hat letzten Monat angedeutet, dass sie neben der Deutschen Bank auch anderen Kreditinstituten, die ihre Warnungen vor Leveraged Finance nicht beachtet haben, höhere Eigenkapitalanforderungen auferlegen wird. Bloomberg berichtete im Mai, dass auch die französische BNP Paribas SA betroffen sei.

Warnungen der EZB waren zuletzt zutreffend

Die Warnungen der EZB-Vertreter vor den zunehmenden Risiken im Geschäft mit gehebelten Krediten haben sich in den letzten Jahren als zutreffend erwiesen, da die Banken weltweit in den letzten sechs Monaten Milliarden Dollar an Marktwertverlusten in diesem Bereich erlitten haben.

Die Leveraged-Finance-Engagements der Banken im Euroraum machen mehr als 60 Prozent ihres Kernkapitals aus, erklärte Andrea Enria, der oberste Aufsichtsbeamte der EZB, diese Woche vor den Finanzministern der Region.

"Ein grosser Teil davon sind Engagements gegenüber stark fremdfinanzierten Unternehmen, die das risikoreichste Segment einer ohnehin schon risikoreichen Anlageklasse darstellen", sagte er.

Die Banken hätten in diesem Jahr weiterhin Geschäfte abgeschlossen, "auch wenn die Möglichkeiten, sie zu syndizieren, immer unsicherer geworden sind", erklärte er. "Das Risiko im Zusammenhang mit den in den Bilanzen gehaltenen Beständen hat zugenommen."

(Bloomberg)