Die erste Woche spürbarer Lockerungen haben wir hinter uns. Doch von der Normalität sind wir noch weit entfernt. Und auch die Finanzmärkte wissen derzeit augenscheinlich nicht, wie mit der Situation umzugehen.

Denn hört man derzeit den Kommentatoren des täglichen Marktgeschehens zu, könnte man am Ende des Tages leicht schizophren werden. Da wird am Morgen die verlustreiche Börseneröffnung an der Wall Street mit der Corona-bedingten wirtschaftlichen Unsicherheit begründet. Nur, um am Abend, nachdem der Markt ins Plus gedreht hat, die Gewinne mit aufkeimenden Konjunkturhoffnungen zu erklären. Was denn nun?

An anderer Stelle werden Kursgewinne im Dow Jones mit einer Verschlimmerung der Corona-Situation erläutert. Grund: Dadurch werden weitere staatliche Hilfen wahrscheinlicher. Eine verrückte Welt. Zu allem Überfluss meldet sich mit dem US-chinesischen Handelsstreit nun auch noch der grosse Elefant im Raum zurück, der sich die letzten Monate ganz gut verstecken konnte.

Am Sonntag warnte Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed, vor einem Einbruch der US-Wirtschaft von bis zu 30 Prozent. Trotz allem schlagen sich die weltweiten Börsen vergleichsweise gut. Zwar hat die massive Aufholrally vom April gestoppt, doch seitdem bewegen sich die Kurse immerhin in stabiler Seitwärtsbewegung.

Die Anleger scheinen derzeit alles darauf zu setzten, dass noch in diesem Jahr auf den beispiellosen Einbruch der Wirtschaft eine ebenso beispiellose Erholung derselben folgen wird. Zudem ist derzeit mal wieder das FOMO-Phänomen zu beobachten. FOMO steht für "Fear of Missing Out" und beschreibt die Angst der Anleger, an den Aktienmärkten etwas zu verpassen. Jeder will dabei sein.

Die Erwartungen sind also wieder ganz weit oben, was oft ein Zeichen für die nächste Enttäuschung ist. Ich denke, als vorsichtiger Anleger ist man derzeit an der Seitenlinie noch immer ganz gut aufgehoben.