An die letzte Februarwoche werden sich Börsianer noch lange erinnern. Es war die schwärzesten Börsenwoche seit der grossen Finanzkrise von 2008. Der Swiss Market Index (SMI) verlor in diesen fünf Tagen fast 12 Prozent. Der US-Leitindex Dow Jones und sein europäisches Pendant Stoxx Europe 50 rutschen mit 12,4 und 10,3 Prozent ebenfalls zweistellig ab.

Das Coronavirus war endgültig in der westlichen Welt angekommen und schlug an den Börsen ein. Hier und dort fällt sogar der Begriff Schwarzer Schwan.

Was wir seitdem an den Börsen sehen, ist eine Achterbahnfahrt sondergleichen. Im Dow Jones wundert sich dieser Tage keiner mehr, wenn sich Tagesgewinne und -verluste von über 1000 Punkten abwechseln. Auch wer den SMI verfolgt, freut sich in der einen Sekunde noch über stabile Gewinne von über einem Prozent, nur um in der nächsten Sekunde beobachten zu müssen, wie der Schweizer Leitindex wieder tief ins Minus rutscht.

Indizes weltweit im Minus

Auf Jahressicht haben sämtliche wichtigen Länderindizes ihre Gewinne vom Januar und teilweise sogar der letzten Monate des vergangenen Jahres wieder abgegeben. Vergleicht man die wichtigsten Länderindizes auf Grundlage des Finanzdienstes MSCI, zeigt sich dabei durchaus Überraschendes. An der Spitze der Indizes steht kein geringerer als China.

Der MSCI China verlor seit Anfang Jahr lediglich 0,93 Prozent. Ausgerechnet jenes Land, in welchem das Coronavirus mutierte und schliesslich seinen Weg in die Welt fand.

Ausgewählte MSCI-Länderinidzes

Aktienmarkt (MSCI)YTD-Performance
China-0,93 Prozent 
Schweiz-1,71 Prozent
USA-2,86 Prozent
Welt-4,89 Prozent
Honkong-6,48 Prozent
Europa-7,99 Prozent
Frankreich-8,26 Prozent
Deutschland-9,21 Prozent
Japan-10,5 Prozent
UK-12,73 Prozent

Stand: 05.03.2020, Quelle: msci.com

Ebenfalls vergleichsweise glimpflich kam bisher der MSCI Schweiz weg. Der hiesige Aktienmarkt wird durch seine defensiven Schwergewichte wie Roche, Novartis und Nestlé bei schweren Krisen traditionell weniger getroffen. Laut MSCI verlor er lediglich 1,71 Prozent. Ganz anders sieht es in Gesamteuropa aus.

Der MSCI Europa verlor bisher knapp 8 Prozent, der MSCI Welt mit 4,9 Prozent etwas weniger. Von den bekannten Indizes kommt derzeit Grossbritannien mit fast minus 13 Prozent am meisten unter die Räder. Der MSCI USA kam mit einem Minus von 2,9 Prozent bisher ebenfalls glimpflich davon.

Chinas Geldspritze

Dass der chinesische Index in dieser Auflistung ganz oben steht, ist zum grössten Teil mit den Unterstützungsmassnahmen der chinesischen Regierung sowie der chinesischen Zentralbank zu erklären. Ende Januar war das Bild noch ein völlig anderes. In der letzten Januarwoche hatte China seinen Horror mit einem Wochenminus von knapp 12 Prozent erlebt. Doch die Erholung kam schnell und hält bis heute an.

Chinas Regierung und die Zentralbank stützen die Wirtschaft mit weitreichenden Massnahmen. Aus gutem Grund: Mitte Januar kam die Wirtschaft teilweise zum Erliegen. Restriktionen im Personen- und Warenverkehr sollen die Virus-Ausbreitung verhindern, schnüren der Wirtschaft aber gleichzeitig die Luft weg. Wichtige Lieferketten sind unterbrochen, die Arbeitslosigkeit steigt rasant und: Je länger die Krise dauert, desto stärker wirken all die Faktoren. 

Entwicklung des chinesischen  Einkaufsmanager-Index der Industrie in den letzten 12 Monaten, Quelle: www.stats.gov.cn

Das veranlasste China dazu, Ende Januar die Leitzinsen zu senken und mehr als 900 Milliarden Yuan (124 Milliarden Franken) in die Wirtschaft zu pumpen. China schaffte es, überzeugend klarzumachen, dass es zu allen Mitteln bereit ist, die die Wirtschaft und die Märkte zu stützen.

Dies hat bislang funktioniert. Doch das Unterfangen birgt hohe Risiken. Die Banken werden von der Zentralbank dazu angehalten, ihre Kreditvergaben zu lockern, was die wirtschaftliche Dynamik hochhalten soll. Allerdings dürfte dadurch auch die Verschuldung der chinesischen Unternehmen weiter angetrieben werden – ein schon lang bekanntes Problem, welches die Regierung vor der Corona-Krise eigentlich begann, anzupacken.

Chinas Ausblick ist düster

Hinzukommt: Blickt man auf die wirtschaftlichen Daten von China, scheint es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Aktienmärkte wieder deutlich nach unten gehen. Bereits am Wochenende teilte das chinesische Statistikamt mit, dass der Einkaufsmanagerindex für die Industrie von 50 Punkten im Januar auf nur noch 35,7 Punkte im Februar eingebrochen sei. So niedrig war der Index selbst bei der Finanzkrise von 2008 nicht. Im Dienstleistungssektor ist der Absturz auf 29,6 Punkte sogar noch schlimmer.

Fakt ist: Anleger sollten sich von der – vergleichsweise – stabilen Performance des chinesischen Aktienmarktes nicht blenden lassen. Schaut man sich die wirtschaftlichen Indikatoren des Landes an, sieht es kurz- bis vielleicht sogar mittelfristig mehr als düster aus.