Mehrere Aktionäre forderten bei dem Aktionärstreffen am Freitag in Bonn Aufklärung zu einer Kartellklage, die der kleinere Post-Wettbewerber Deutscher Versand Services GmbH (DVS) erhoben hatte. Die DVS macht dabei einen Schaden von rund einer Milliarde Euro geltend. «Wir stellen uns natürlich jeder Klage und respektieren die Entscheidung der Gerichte», sagte DHL-Chef Tobias Meyer: «Im Fall DVS halten wir die Klage aber weiterhin sowohl in der Sache wie in der Höhe für unbegründet.»
Unter anderem die Fondsgesellschaft DWS rief die DVS-Klage in Bonn auf den Plan. «Bitte ordnen Sie dieses Verfahren ausführlich ein», forderte DWS-Vertreter Hendrik Schmidt den DHL-Vorstand bei dem Aktionärstreffen auf. «Ist die DHL-Gruppe für diesen Geschäftsbereich der richtige Eigentümer?», fragte Schmidt insgesamt mit Blick auf das Briefgeschäft des Deutsche-Post-Eigentümers. DHL fährt längst rund drei Viertel des Umsatzes abseits des Deutschland-Geschäfts ein.
Der DVS-Mitgesellschafter Investor 7Square Partners habe sich in dieser Sache bereits in einem Brief an Vorstand und Aufsichtsrat von DHL gewandt und «umgehende Konsequenzen» gefordert, fügte Schmidt hinzu. DHL solle nun die Aktionäre informieren, wie sich Vorstand und Aufsichtsrat mit dem Schreiben befasst hätten.
7Square Partners hatte in dem von Reuters eingesehenen Schreiben kritisiert, DHL unterbinde den Wettbewerb im Briefbereich bei Geschäftskunden systematisch. DVS wirft dem Marktführer Deutsche Post unter anderem vor, bei Dialogpost-Werbebriefen Mindestpreise unterschritten und sich so Aufträge gesichert zu haben, die sonst DVS erhalten hätte. Die Post scheine sich anhand ihrer Praktiken zumindest in Teilen nicht mit der vom Gesetzgeber vorgesehenen Liberalisierung des Postmarktes abgefunden zu haben, hiess es in dem Schreiben von 7Square. «Die Aktionäre haben einen Anspruch auf ein vollständiges Bild», sagte ein Vertreter des Investors in Bonn.
Meyer - Gehen Streitigkeiten nicht aus dem Weg
DHL habe in strittigen Angelegenheiten mit Dritten einen klaren Kompass, sagte DHL-Chef Meyer: «Wir werden das Vermögen der Gesellschaft schützen – und werden dafür auch Streitigkeiten hier, in der Öffentlichkeit, oder vor Gericht nicht aus dem Weg gehen». Der Rechtsstreit, mit dem sich Gerichte seit Jahren befassen, werde den Konzern wohl noch einige Jahre beschäftigen. Die Vorwürfe von 7Square seien konstruiert und «schlichtweg in keiner Weise zutreffend», betonte Meyer.
Die Fondsgesellschaft DWS hatte sich bereits in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, dass der weltweit agierende Logistiker DHL eine Abspaltung des Brief- und Paketgeschäfts in Deutschland prüfen solle. Auch die Fondsgesellschaft Deka hatte entsprechende Fragen aufgeworfen.
DHL-Chef Meyer hat eine Trennung vom Brief- und Paketgeschäft in Deutschland immer wieder abgelehnt. Mit Verweis auf die komplexe rechtliche Struktur des Bonner Konzerns hatte er aber im vergangenen Jahr eine eigenständige Gesellschaft für das Geschäft auf den Weg gebracht. «Wir glauben strategisch an dieses Geschäft», hatte er zugleich gesagt: «Das Brief- und Paketgeschäft in Deutschland ist untrennbar miteinander verbunden». Die Brief- und Paketsparte beschäftigt in Deutschland knapp 190'000 Menschen. Belastet wird die Sparte von andauernden Rückgängen der Briefmenge - Meyer will dies durch den wachsenden Paketmarkt auffangen. Als Konsequenz aus den sinkenden Briefmengen will DHL rund 8000 Stellen in der Sparte streichen.
(Reuters)