Eiger, Mönch und Jungfrau – nicht nur, aber vor allem Asiaten sind von der heimischen Bergwelt begeistert und fahren mit der Zahnradbahn hoch hinauf zum Jungfraujoch auf 3454 Metern über Meer. Wie in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren mit dem Wirtschaftsaufschwung in Westeuropa und dem beginnenden Massentourismus öffnen sich nun mit wachsendem Wohlstand in Asien die Tourismusschleusen mit Gästen aus Fernost, allen voran mit Besuchern aus China und Indien.
Allein im letzten Jahr stieg die Zahl der Logiernächte in der Schweiz um 3,8 Prozent auf einen neuen Rekordstand von 38,8 Millionen. Aus China und Indien kamen dabei 6,5 und 9,1 Prozent mehr Gäste. Während sich auch der heimische Tourismus 2018 mit einem Plus bei den Einnahmen von 2,3 Prozent auf 16,6 Milliarden Franken trotz Frankenstärke recht gut schlug, ist ein Segment seit Jahren nur auf Gipfelfahrt: die Bergbahnen.
"Im Sommergeschäft profitieren die grossen Bahnen wie Jungfrau-, Titlis-, Rigi- und Schilthornbahn insbesondere vom Tourismusboom aus den asiatischen Herkunftsländern", berichtet Björn Zern, Branchenkenner des Beratungsunternehmens Zern & Partner aus Bern.
Stark steigende Umsätze
So konnte beispielsweise das grösste Bergbahnunternehmen der Schweiz, die Jungfraubahn-Gruppe, die Zahl der auf das Jungfraujoch beförderten Gäste in den letzten dreissig Jahren mehr als verdreifachen. Im vergangenen Jahr gab es ein Plus von 2,5 Prozent auf knapp 1,1 Millionen Menschen – neuer Rekord. Mit dem Boom ging der Betriebsertrag der Jungfraubahnen in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent auf 212,8 Millionen Franken nach oben, der Gewinn hat sich verdoppelt.
Eine Ertragsverdopplung auf 79,0 Millionen Franken und eine Gewinnverdreifachung im selben Zeitraum schafften die Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis. Bei einem Umsatzanstieg um einen Drittel auf 166 Millionen Franken schaffte aber auch die BVZ Holding in den letzten zehn Jahren eine Verdreifachung des Ergebnisses.
Die Aktien sind ebenfalls im Höhenflug. Die Jungfraubahnen haben sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt, BVZ hat sich seit 2014 verdreifacht. Titlis bringt im genannten Zeitraum zwar "nur" ein Plus von 40 Prozent, aber das ist dem Wegfall hoher Gewinnbeiträge aus der Veräusserung von Liegenschaften ab 2016 geschuldet. Aber auch die Bergbahnen im ausserbörslichen Segment performen stark. So schaffte der Subindex auf OTC der Berner Kantonalbank, in dem rund 60 Titel notieren, in den letzten drei Jahren einen Anstieg von 50 Prozent.
Hohe Erlöse mit Hotels
Aber die Zahnräder stehen nicht still und die Bergbahngesellschaften bauen ihre Geschäfte aus. "Die heimischen Tourismusunternehmen sind in Investitionslaune und investieren nicht nur in Bergbahnen, sondern auch in Hotels und Freizeiteinrichtungen", weiss Branchenkenner Zern. Der reine Bahnbetrieb wird zusehends um Standbeine wie Erlebniswelten oder die Gastronomie ergänzt. Die Titlis-Bahnen etwa erzielen rund einen Viertel der Erlöse mit Restaurants und Hotels.
Bei den Investitionen greifen die Gesellschaften tief in die Tasche. So investiert BVZ in den nächsten zehn Jahren 330 Millionen Franken in neue Triebzüge und will so bei der Gornergrat-Bahn einen 20-Minuten-Takt einführen. Bei den Jungfraubahnen läuft das 470 Millionen Franken teure Projekt der V-Bahn an. Start soll Ende 2020 sein. Dadurch sollen Eigergletscher und Männlichen erschlossen werden und der Anschluss an den öffentlichen Verkehr mit deutlich kürzeren Reisezeiten gelingen.
Aber auch die Bergbahnen, die ausserbörslich gehandelt werden, bauen ihr Geschäft aus. Die Rigi-Bahnen planen innert der nächsten etwa fünf Jahre Investitionen von 75 bis 90 Millionen, Schilthornbahnen bis zu 90 Millionen Franken. Die Zermatt-Bergbahnen wollen mit dem Projekt Alpine Crossing das Kleinmatterhorn für Fussgänger aus Italien erschliessen und so die höchste Querung der Alpen schaffen", berichtet Experte Zern.
Oder die Weisse Arena. Der Bahnbetreiber will mit eigenen Hotelbetten mehr Gäste in das Skigebiet von Laax holen und setzt stark auf Digitalisierung. Mit einer App können die Besucher mittels Smartphone Skipässe kaufen, den Parkplatz reservieren oder Zimmer buchen. Eine Vision von Firmenchef Reto Gurtner ist die Lancierung einer Gaming-App, bei der die Nutzer weltweit spielen können. Zudem hat der Manager mit der Cassons-Pendelbahn in das Unesco-Welterbe Sardona ein ganz grosses Projekt am Start. Durch die Zustimmung der Bürger von Flims im Mai ist der Weg frei und bis zur möglichen Inbetriebnahme im Sommer 2023 könnten bis zu 80 Millionen Franken in die neue Ausflugsbahn fliessen.
Auch wenn im Zusammenhang mit dem Tourismusboom am Jungfraujoch von Overtourism im Sektor die Rede ist: Im ersten Quartal kamen noch einmal 7,3 Prozent mehr Gäste auf das Joch als im Vorjahreszeitraum und da es bei der Zahl der Skifahrer im Winter 2018/2019 einen Anstieg von 5,9 Prozent auf über 1,0 Millionen Menschen gegeben hat, könnten die Jungfraubahnen auch im Gesamtjahr zulegen. Mit einem geschätzten Gewinnanstieg von 8,22 auf 9,0 Franken je Aktie ist der Titel mit einem 17er-KGV noch nicht teuer. Spätestens der Start der V-Bahn in etwa 15 Monaten könnte den Kurs auf ein neues Allzeithoch befördern.
Die Zeichen stehen auf Expansion
Die BVZ Holding dagegen notiert schon auf einem Allzeithoch. Dennoch ist die Aktie mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis um 1,0 und einem geschätzten Gewinn je Aktie um 90 Franken mit einem 10er-KGV noch günstig. Die Titlis-Bahnen konnten zwar im ersten Halbjahr 2018/2019 per Ende April die Zahl der Gäste im Vergleich zum Vorjahresrekord um 1,4 Prozent steigern und verbuchten zum Start der Sommersaison im Mai und Juni einen Anstieg der Ersteintritte um 2,5 Prozent.
Doch im Winterhalbjahr lasteten Extrakosten für die Präparierung der Pisten und zusätzliches Personal auf dem Ergebnis. Der Gewinn im Gesamtjahr 2018/2019 dürfte mit geschätzt 20 Franken je Aktie unter demjenigen des Vorjahres liegen. Dennoch sind die Titlis-Bahnen mit einem erwarteten 15er-KGV nicht teuer. Die Aktie notiert im Bereich der starken Unterstützung um 320/330 Franken. Anleger setzen auf einen Rebound und schnelle Kursgewinne von etwa 20 Prozent.
Im ausserbörslichen Segment der Berner Kantonalbank präsentieren sich die Weisse Arena und die Rigi-Bahnen mit Kursen im Bereich des Buchwerts und KGV um 15 als vielversprechende Depotbeimischung. Aber egal, ob an der SIX oder auf OTC gehandelt: Mittelfristig stehen die Zeichen bei den heimischen Bergbahnen auf Expansion. Im ausserbörslichen Handel ist die Liquidität der Aktien aber im Vergleich zu an der SIX kotierten Werten gering. Deshalb sollten Anleger auf OTC nur mit Kurslimiten kaufen und verkaufen.
Dieser Beitrag erschein zuerst in der «Handelszeitung» unter dem Titel «Bergbahn-Aktien könnten bald wieder Rekorde erzielen»