"Die Korrektur war längst überfällig". Das war in den letzten Tagen von Aktienstrategen und -händlern immer wieder zu hören. Es war schon fast so etwas wie ein Aufatmen über den Kursfall zu Wochenbeginn spürbar, der den Dow Jones an einem Tag um 4,6 Prozent korrigieren liess und dem Swiss Market Index (SMI) am Dienstag einen Verlust von 2,9 Prozent bescherte.

Der Grund für die Erleichterung: Es war schon seit Monaten gespenstisch ruhig am Aktienmarkt. Der Volatilitätsindex VIX – er misst die Schwankungen am US-Aktienmarkt – war seit Mitte 2016 häufig unterhalb von 15 Punkten. Das bedeutet eine sehr tiefe Volatilität. Gleichzeitig ging es an der Börse stetig weiter nach oben - trotz bereits hoher Bewertungen. Es handelte sich demnach nun also um eine "gesunde" Korrektur.

Der Beginn eines Bärenmarktes?

Und nach der Korrektur folgt bereits der "Rebound", also eine Gegenreaktion: Der Dow Jones machte am Dienstag 2,3 Prozent an Boden gut, der SMI legt am Mittwoch 1 Prozent zu (Stand 13.00 Uhr). Im Aktienhandel wird dieses Plus da und dort als leichte Enttäuschung empfunden, denn die Verluste der letzten Tage sind noch längstens nicht kompensiert. Der SMI ist seit Jahresbeginn 5 Prozent im Minus.

Macht der Leitindex den Rückstand bald wieder wett oder droht gar ein Bärenmarkt? "Was der Markt in einem Tag oder auch in einer Woche macht, kann niemand vorhersehen", sagt Remo Rosenau, Leiter Research bei der Neuen Helvetischen Bank, auf cash-Anfrage. Und fügt an: "Wir glauben aber nicht, dass dies der Anfang eines Bärenmarktes war. Die Leute müssen sich einfach wieder an mehr Volatilität gewöhnen".

Gegen einen Bärenmarkt - also ein länger anhaltender Zeitraum fallender Aktienkurse im Ausmass von 20 Prozent - sprechen die positiven Fundamentaldaten: Das globale Wirtschaftswachstum könnte 2018 so stark wie seit 2011 nicht mehr ausfallen. Auch in der Schweiz wird die Wirtschaft deutlich anziehen: Nach 1 Prozent Wachstum im Jahr 2017 sollen es im laufenden Jahr gemäss dem Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) 2,3 Prozent sein. Dieses Umfeld spricht für steigende Unternehmensgewinne, was die Aktienkurse grundsätzlich stützt.

Kommt noch eine zweite oder dritte Welle?

Etwas konkreter ist die Prognose zur kurzfristigen Börsenentwicklung vom unabhängigen Vermögensberater Christof Strässle aus Luzern: "Mit der Beruhigung des US-amerikanischen Aktienmarktes letzte Nacht dürfte die Korrektur noch nicht gegessen sein. Schon bald dürfte eine zweite oder dritte Welle auf uns zukommen." Strässle erwartet den SMI in den nächsten Wochen in der Bandbreite zwischen 8500 bis 9100 Punkten. Aktuell ist der Leitindex bei knapp 8900 Punkten.

Auch Händler rechnen mit zunehmenden Schwankungen am Aktienmarkt, wenn auch in etwas geringerem Ausmass als zu Wochenbeginn. In welche Richtung letztendlich aber der allgemeine Kurstrend zeigen wird, dürfte  in den USA entschieden werden: Zieht dort die Inflation schnell an, muss die Federal Reserve den Zinsanstieg beschleunigen. Die Aussicht auf höhere Zinsen erhöht wiederum die Rendite von US-Staatsanleihen - und nimmt den Aktien etwas an Attraktivität.

Der starke Aufwärtstrend der letzten Monate dürfte also vorerst vorbei sein. Vermehrte Börsen-Ausschläge zeichnen sich ab - nach oben sowie nach unten.  Für Anleger mit gutem Timing bieten sich dadurch aber auch Einstiegschancen. Gleichzeitig sollte aber die Entwicklung der US-Inflation nicht aus den Augen verloren werden.