US-Ölbarone aus Oklahoma und Texas könnten den Scheichs und ihren Verbündeten in der Opec schnell wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Denn je mehr das Öl kostet, desto rentabler lässt sie das Schmiermittel der Weltwirtschaft aus amerikanischem Schiefergestein pressen. 

Hinzu kommt: mit dem künftigen Präsidenden Donald Trump hat die Branche in den Vereinigten Staaten schon in wenigen Wochen einen mächtigen Verbündeten im Weissen Haus. Trump und seine Anhänger halten nichts von Umweltauflagen, die die Produktion teuer machen. Die Rally am Ölmarkt könnte sich somit schnell als Strohfeuer entpuppen, die Ölschwemme bald wieder zur Flut werden und den Preis in die Tiefe reissen.

"Die Realität ist nun einmal so, dass bei Preisen über 50 Dollar, die US-Ölförderer wieder zu bohren beginnen", sagt Dean Rogers, Chef-Analyst beim auf Energie spezialisierten Hedge-Fonds Kase & Co. Auf dem Papier sieht der Preissprung der zurückliegenden 24 Stunden zudem dramatischer aus als er ist: Denn mit gut 52 Dollar je Barrel (159 Liter) kostet Öl aus der Nordsee gerade mal so viel wie Mitte Oktober. Ähnliches gilt für das US-Leichtöl WTI aus dem Golf von Mexiko, das bei rund 50 Dollar notiert.

Fast schon historische Einigung

Die Mitglieder des Öl-Kartells hatten bei ihrer Sitzung am Mittwoch in Wien beschlossen, erstmals seit 2008 wieder ihre Förderung zu drosseln - um knapp 1,2 Millionen Barrel pro Tag auf 32,5 Millionen Barrel. Der Vergleich mit 2008 hinkt aber: Denn vor acht Jahren war die Kürzung mit 4,2 Millionen Fässern deutlich höher ausgefallen.

Der britischen Barclays Bank zufolge entspricht das neue Niveau der ohnehin für 2017 erwarteten Förderung. Russland, das nicht Mitglied der Opec ist, erklärte sich zwar umgehend bereit, seine Förderung in der ersten Jahreshälfte 2017 um bis zu 300.000 Barrel täglich zu kappen. Wie Saudi-Arabien, das den Löwenanteil der Kürzungen schultert, hat Russland in diesem Jahr allerdings zeitweise so viel Öl wie noch nie zuvor gefördert.

Die Opec steht für rund ein Drittel der weltweiten Förderung. Neben dem Opec-Mitglied Saudi-Arabien sind Russland und die USA mit grossem Abstand und vergleichbaren Fördervolumen seit Jahren die grössten Ölproduzenten der Welt.

Goldman Sachs sieht Fasspreis von 55 Dollar

Laut Branchenexperten liegt die Krux in der Kontrolle. Denn bereits in der Vergangenheit haben sich viele Kartellmitglieder nicht an die Vorgaben gehalten. "Der Deal wird an dem weltweiten Überangebot kurzfristig nichts ändern", wagt Clement Thibault vom Analysehaus Investing.com deshalb keine allzu kühne Prognose.

Trotz des aktuellen Preisanstiegs sind die Prognosen vieler Experten daher moderat. So rechnen die Analysten von Goldman Sachs mit einem Anstieg der Preise für Nordseeöl auf 55 Dollar in der ersten Hälfte kommenden Jahres. Dauerhaft werde der Preis aber nicht so hoch bleiben, denn die geringeren Opec-Mengen liessen Raum für andere Produzenten wie eben die US-Schieferöl-Industrie. Deren Boom gilt als ausschlaggebend für das weltweite Überangebot, mit dem der Ölmarkt in den zurückliegenden Jahren zu kämpfen hatte und das den Ölpreis in den vergangenen zwei Jahren in den Keller purzeln liess.

Damals, im Sommer 2014, kostete ein Fass Nordseeöl noch mehr als 100 Dollar. Bis Mitte Januar dieses Jahres fiel der Preis auf 27,10 Dollar, dem niedrigsten Stand seit November 2003. Für die US-Bohrfirmen und damit die grössten Konkurrenten der Opec-Ölfirmen war da kein Geld mehr zu verdienen.

Kosten für Fracking stark gesunken

Doch die Amerikaner haben während des für sie besonders schmerzlichen Preisverfalls keineswegs geschlafen: Sie können inzwischen zu einem Preis Öl fördern, der bisher Opec-Länder wie Iran und Irak vorbehalten war, die auf herkömmliche Weise Öl an die Oberfläche pumpen. Von Texas bis North Dakota haben sich die Kosten für die Förderung des schwarzen Goldes nach Auskunft lokaler Branchenvertreter halbiert.

In North Dakota würden in rund 2000 Quadratmeilen Öl für 15 Dollar das Fass täglich gewonnen, erläutert Lynn Helms vom Ministerium für Rohstoff-Resourcen des Bundesstaates. Nach Angaben der Beraterfirma Rystad Energy sind die Kosten für die Förderung von North-Dakota-Öl inzwischen auf durchschnittlich 29,44 Dollar gefallen, 2014 kostete die Produktion eines Fasses noch fast 60 Dollar.

Auf eine Renaissance des Frackings setzen auch viele Investoren am Aktienmarkt. So schnellten unter anderem die Aktien des Schieferölförderers Continental Resources zuletzt an nur einem Tag um über 20 Prozent in die Höhe. An der Firma hält laut Reuters-Daten Harold Hamm 75,8 Prozent. Hamm, der die Firma selbst auch leitet, gilt als einer der führenden Kandidaten Donald Trumps für das Amt des Energieministers in Washington.

Die Experten sind gespannt, wie lange es nach der Regierungsübernahme dauert, bis der künftige Herr im Weissen Haus gemeinsam mit der Fracking-Industrie gegen die Opec in den Kampf zieht und dem Kartell wieder Marktanteile abjagt.

(Reuters)