Die Aktienmärkte haben den Bernanke-Schock weggesteckt. Der Swiss Market Index notiert am Dienstag zum ersten Mal seit über zwei Monaten wieder klar über 8000 Punkten. Die SMI-Performance seit Ende Juni beträgt über 10 Prozent, seit Jahresbeginn sind 17 Prozent zu verzeichnen. Der Dow Jones und der breiter gefasste S&P 500 beendeten den Handel Ende letzter Woche gar auf Rekordständen.

Vor zwei Monaten noch war die Verunsicherung gross. Denn US-Notenbankchef Ben Bernanke stellte ein allmähliches Zurückfahren der umfangreichen Anleihekäufe der Notenbank in Aussicht. Doch spätestens seit letzter Woche steht fest: Die Notenbanken in den USA und in Europa wollen ihre ultralockere Geldpolitik fortsetzen.

Der SMI gehört europaweit und, wenn man die grossen Indizes betrachtet, sogar weltweit zu den besten Börsenindizes in diesem Jahr und in den letzten zwölf Monaten. Vor allem die im SMI in gewichtigem Mass vertretenen defensiven Werte haben den Schweizer Hauptindex in die Höhe getrieben. Vier Titel dominieren derzeit sogar auf einem Allzeithoch.

Doch wer nun auf solchen Höhen Aktien wie Nestlé, Roche oder UBS erwartet, sieht sich getäuscht. Die aktuellen Allzeit-Hoch-Aktien tauchen gewöhnlich nie zuoberst auf der Liste der meistgehandelten SMI-Titel auf. Es handelt sich um Titel, die oft auch als "Zykliker light" beurteilt werden. Sie profitieren in den letzten Monaten mitunter von den Anleger-Erwartungen, dass sich die Konjunktur erholen wird.

 

Geberit: Wer kürzlich in den Ferien irgendwo in Europa das stille Örtchen aufsuchte, der wird mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Anlagen von Geberit gestossen sein. Die Aktie von Europas grösstem Sanitärtechniker hat in diesem Jahr 26 Prozent zugelegt, seit der Aufnahme in den SMI Mitte Juni 2012 um 43 Prozent. Das Unternehmen aus Rapperswil-Jona ist finanziell kerngesund, hat die Kosten im Griff und überzeugt durch seine Innovationskraft. Die Dividendenrendite von 2,6 Prozent spricht für ein Engagement, doch ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis mittlerweile auf über 20 angestiegen. Ebenso hat die Aktie mittlerweile alle Kursziele der Analysten durchbrochen. Aufkommende Gerüchte vom Mitte Juli, dass Geberit an der Übernahme des deutschen Badarmaturen-Herstellers Grohe interessiert sei, lasteten zwischenzeitlich auf der Aktie. Grohe soll 5 Milliarden Franken kosten. Zum Vergleich: Geberit hat einen Börsenwert von knapp 10 Milliarden Franken und Nettobarmittel von 400 Millionen Franken.

Fazit: Auf diesem Niveau nicht mehr einsteigen, aber Kursrückschläge für Engagements nutzen. Bestehende Aktionäre sollten Teile des Aktienbestandes als Gewinne realisieren.

 

Givaudan: Der weltweit führende Hersteller von Aromen und Duftstoffen weist ähnliche Bewertungskennzahlen auf wie Geberit: Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 20 und eine Dividendenrendite von 2,7 Prozent. Umsatz und Gewinn wurden im ersten Halbjahr deutlich gesteigert, ebenso die Profitabilität. Investoren griffen zu und liessen den Aktienkurs in diesem Jahr um 36 Prozent ansteigen. Daran hat nicht zuletzt Bill Gates Freude, der etwas über 10 Prozent am Genfer Unternehmen hält. Givaudan will wie Geberit das Wachstum in Schwellenländern beschleunigen und bis in zwei Jahren die Hälfte des Umsatzes in Emerging Markets erwirtschaften.

Fazit: Givaudan weist solides Wachstum auf, der Jahresgewinn wird die Dividende ansteigen lassen. Auch auf diesem Niveau ein Kauf.

 

Richemont: In den letzten Monaten oft abgeschrieben, aber immer wieder zurückgekommen: Die Uhren- und Schmuckproduzenten. Wegen der Unsicherheiten über das Wachstum in China erlitt die Aktie von Richemont wie auch diejenige von Swatch in den letzten Monaten einige Dellen. Mit einem Kurs von 94,50 Franken notiert der Titel von Richemont nun auf einem Allzeithoch. Die Firma hat eine geringere Abhängigkeit vom chinesischen Markt auf als etwa Swatch und hat mit der Schmucksparte einen weiteren Puffer gegen Rückschläge bei den Uhren. Beobachter sehen die im Juni um 14 Prozent angestiegenen Uhrenexporte nach China als Trendwende für die zweite Jahreshälfte. Prognosen über die Wirtschaftsentwicklung Chinas gleichen allerdings einem Kaffeesatzlesen.

Fazit: Wegen des Asien-Exposure nur noch mit relativ kleinen Volumen einsteigen. Bestehende Aktionäre können auch Gewinne realisieren.

 

Actelion: Die Aktie des in Allschwil BL beheimateten Unternehmens steigt seit Ende 2011 unaufhaltsam und hat sich in diesem Zeitraum verdoppelt. In diesem Jahr resultiert ein Plus von 46 Prozent. Es fehlt bloss noch wenig zum Allzeithoch aus dem Jahr 2007. Die Aktie profitiert seit einiger Zeit von der Biotech-Sektoren-Hausse weltweit. Lange litt der Aktienkurs aber unter der grossen Abhängigkeit vom Lungenblutdruck-Medikament Tracleer, das noch immer fast 90 Prozent des Konzernumsatzes ausmacht. Einen Kursschub erhielt die Actelion-Aktie Anfang August, als mit der Bekanntgabe der geplanten Übernahme von Ceptaris ein neuer Versuch gestartet wurde, die Produkte-Palette zu erweitern. Über flüssige Mittel verfügt Actelion genug, der Schutz vor Generika bei Tracleer läuft erst 2017 aus. Im ersten Halbjahr konnte Actelion den Gewinn um 17 Prozent steigern, erwartet wird ein sehr gutes Jahresergebnis.

Fazit: Trotz der üblichen Risiken bei Biotechnologie-Investments ist die Aktie auch auf diesem Niveau ein Kauf.

 

Die Allzeit-Hoch-Aktien im Swiss Market Index

Titel/KennzahlenKGV 2014KBVDiv.renditePerf. letzte 2 Jahre
Geberit206,02,6%63%
Givaudan193,62,7%69%
Richemont184,21,0%136%
Actelion195,01,5%92%

Quelle: cash.ch/Stand: 6. August 2013

KGV=Kurs-Gewinn-Verhältnis

KBV=Kurs-Buchwert-Verhältnis