Die Schweizer Börse hat die traditionelle Kaufflaute in den Sommerferien gut überstanden und steuert weiterhin auf ein überdurchschnittlich gutes Börsenjahr 2013 zu. Der SMI hat seit Anfang Jahr 16 Prozent zugelegt – eine Leistung, die letztmals vor 15 Jahren erreicht wurde.
Auf Titelebene halten sich im SMI die Über- und Underperformer genau die Waage. Zehn Aktien konnten den Leitindex bislang outperformen, einige Titel wie die Bankenaktien Julius Bär, Credit Suisse und UBS sowie Givaudan und Actelion haben seit Januar ihren Börsenwert gar um 30 bis 50 Prozent gesteigert.
Das «vergessene» SMI-Quartett
Von solchen Steigerungszahlen liegen die anderen zehn Titel aus dem SMI, die sich in den letzten acht Monaten unterdurchschnittlich entwickelt haben, weit weg. Ein Aktien-Quartett wurde von den Anlegern am meisten vernachlässigt: Nestlé, Syngenta und Holcim liegen seit Januar noch knapp in der Pluszone, Zurich Insurance Group hat gar eine Minus-Performance erzielt.
Doch welche von diesen Titeln hat "Nachzügler-Potenzial"? Wo lohnt es sich, als "Contrarian" - also als Investor, der entgegen der gängigen Marktmeinung anlegt - einzusteigen? cash hat die vier Aktien unter die Lupe genommen und sagt, wo Anleger gute Einstiegsmöglichkeiten vorfinden:
Nestle (plus 4 Prozent seit Januar): Im Vergleich mit den übrigen SMI-Schwergewichten Roche (plus 30 Prozent) und Novartis (plus 17 Prozent) ist die Kursentwicklung der Nestlé-Aktie 2013 eine richtige Enttäuschung. Bereits im letzten Jahr hatte der Titel bereits unterdurchschnittlich abgeschnitten. Auf den Kurs schlägt die Zurückhaltung der Konsumenten, die dem weltweit grössten Konsumgüterkonzern im ersten Halbjahr 2013 ein enttäuschend tiefes internes Wachstum beschert haben. Allerdings hat sich in den letzten Wochen das wirtschaftliche Umfeld in der Eurozone und den USA weiter verbessert – und das wird sich in den kommenden Monaten auch positiv auf die Konsumentenstimmung niederschlagen. Sollte sich diese Tendenz bestätigen, steigen die Aussichten, dass Nestlé im Gesamtjahr zumindest das untere Ende der organischen Wachstumszielgrösse von fünf bis sechs Prozent jährlich erreicht. Dies ist zugleich die Voraussetzung für eine anhaltende Kurserholung.
Fazit: Der in den letzten Tagen deutlich gefallene Aktienkurs bietet Einstiegschancen, zumal auf aktuellem Niveau die Dividendenrendite bei 3,1 Prozent liegt. Möglicherweise wird die Aktie erst gegen die Drittquartalszahlen vom 17. Oktober hin anziehen.
Holcim (plus 1 Prozent): Alleine der hohe Kursrücksetzer von fast 4 Prozent am Montag hat über zwei Drittel der bisherigen Jahresperformance vernichtet. Die UBS hatte im Nachgang des Zahlenrapports vom letzten Donnerstag die Aktie von "Buy" auf "Neutral" zurückgestuft. Ob die Analysten der Grossbank nicht etwas gar voreilig gehandelt haben? Denn zwischen den Zeilen beinhalten sich die durchzogenen Semesterergebnisse durchaus positive Nuancen. Die Kostensenkungsmassnahmen zeigen erste Wirkungen, und die Preise für Kohle und Brennstoffe sind tendenziell am Sinken. Das lässt darauf schliessen, dass die Margen im zweiten Halbjahr deutlich höher ausfallen werden. Eine solche Entwicklung gäbe dem wieder günstig gewordenen Titel (Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12 für 2014) Aufwind. Bedingung für höhere Aktienkurse ist aber, dass sich die Entwicklung in der Problemregion Nordamerika weiter verbessert.
Fazit: Auf dem aktuellen Niveau ein Kauf wert.
Syngenta (plus 1 Prozent): Nach dem steilen Kursanstieg im Vorjahr verharrt die Aktie des Saatgutherstellers Syngenta 2013 in einer Handelsspanne zwischen 370 und 400 Franken. Gefördert wurde die Verschnaufpause von den schlechten Halbjahreszahlen, die unter den Erwartungen der Investoren ausfielen. Belastet wurde das erste Semester vor allem vom verregneten Frühling, welcher die Anbausaison in verschiedenen Regionen massiv verzögert hatte. Trotz dieser Ergebnisdelle sind die Treiber für den Branchenleader – Preiserhöhungen und Kosteneinsparungen – weiterhin intakt. Selbst das Management geht davon aus, trotz dem schwierigen Start die Jahresziele 2013 zu erreichen. Die Bewertung (KGV 2014 bei 18) scheint auf den ersten Blick hoch, liegt aber unter jenem des amerikanischen Branchenkonkurrenten Monsanto, der mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 21 bewertet wird.
Fazit: Für längerfristige Anleger lohnt sich ein Einstieg bei Syngenta bei den aktuellen Preisen ohnehin. Dank der defensiven Ausrichtung werden die Syngenta-Aktien überdurchschnittlich performen, sobald der Stimmungsmodus an den Finanzmärkten wieder kritischer wird – zum Beispiel wenn die Ängste um ein Zurückfahren der US-Geldpolitik weiter zunehmen.
Zurich Insurance Group (minus 1 Prozent): Die Aktie des Erstversicherers liegt als einzige SMI-Aktie im roten Bereich. Das geht einher mit einem mauen Geschäftsverlauf. Hohe Kosten aus den Naturkatastrophen im Frühling in Europa und Nordamerika haben zu einem deutlichen Gewinneinbruch im Halbjahr geführt, zudem beklagt der Versicherungskonzern wegen den tiefen Zinsen sinkende Anlagerenditen. Diese Ausfälle will der Konzern mit höheren Margen kompensieren, weshalb in Kauf genommen wird, Marktanteile einzubüssen. Mit den jüngsten Halbjahreszahlen droht Zurich allerdings zudem, einige der Langfristziele im laufenden Jahr nicht mehr zu erreichen.
Fazit: Es gibt ausser der hohen Dividendenrendite von 7,1 Prozent kaum Gründe, weshalb die Zurich-Aktie gerade in den nächsten Monaten aus dem Kursloch finden sollte. Noch muss das Unternehmen zeigen, dass der eingeschlagene Margen-Kurs Erfolg bringt.