Die Hoffnungen auf Dividendenzahlungen in diesem Jahr waren gross - was sie laut AWP auch sein durften. Die Nachrichtenagentur verkündete im Januar, dass sich Anleger auch im laufenden Jahr mit hohen Dividendenzahlungen rechnen können.
Der US-Vermögensverwalter Vanguard ernüchtert diesen Glauben mit seiner neusten Analyse zum ersten Quartal diesen Glauben. «Es gibt ein erstes Anzeichen dafür, dass die steigende globale Unsicherheit das Vertrauen der Unternehmen zunehmend belastet», schreibt Viktor Nossek, Head of Investment and Product Analytics bei Vanguard. Zwar wuchs das weltweite Ausschüttungsvolumen um 9,4 Prozent - konkret auf 398 Milliarden Dollar - im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, jedoch liegt dieser Wert deutlich unter dem Anstieg von 15,3 Prozent im vierten Quartal 2024.
Einerseits belasteten Kürzungen der Ausschüttungen durch Konsumgüterunternehmen in den USA und in China. Im Jahresvergleich waren es rund 5,8 Milliarden Dollar, respektive 2,3 Milliarden Dollar. Diese Verluste konnten jedoch durch Ausschüttungen nordamerikanischer Finanzwerte und aus dem IT-Sektor ausgeglichen werden.
Andererseits behinderten Rückgänge im asiatisch-pazifischen Raum und in den Schwellenländern das Wachstum. Hier war das Wachstum knapp 7 Prozent geringer als noch im Vorjahr, während Unternehmen aus dem Pazifikraum, Japan nicht mit einbezogen, ihre Ausschüttungen um 14 Prozent reduzierten. Generell zeige sich ein durchwachsenes Bild, konstatiert Nossek. So betrug der Zuwachs in Japan 18 Prozent, in Nordamerika 4 Prozent, in Grossbritannien 1 Prozent, während er in Europa 0 Prozent betrug.
Schweiz hat drittes Quartal im Blick
Da die Schweiz rund zwei Drittel ihrer jährlichen Dividenden, so wie den grössten Teil der halbjährlichen Ausschüttungen im dritten Quartal ausschüttet, ist das erste Quartal üblicherweise eine ruhige Periode. Laut Vanguard werden lediglich 13 Prozent des Gesamtvolumens im ersten, zweiten oder vierten Quartal ausbezahlt.
Im dritten Quartal sind insbesondere Finanzwerte, Industriewerte und Basiskonsumgüter die dominierenden Branchen, wobei Nestlé, Zurich, UBS, Kühne + Nagel und Holcim die grössten Dividendenzahler sind. Dennoch gehören Roche und Novartis zu den grössten und zuverlässigsten Dividendenzahlern in der Schweiz, die mit stetig steigenden Dividenden überzeugen. Sie haben im März 9,70 Franken, respektive 3,50 Franken pro Aktie ausgeschüttet.
Vontobel Equity Analyst, Manuel Lang, erwartet nächstes Jahr bei beiden Pharmakonzernen eine höhere Dividende. Für Novartis prognostiziert Vontobel eine Dividende von 3,70 Franken, also ein Wachstum von 5,7 Prozent, während bei Roche die Dividende um 2 Prozent höher, also konkret 9,90 Franken, ausfallen dürfte. «Einzig Nestlé und Givaudan bieten in der Schweiz ähnlich vorhersehbare Dividendenerhöhungen, wie es in den letzten 29 respektive 24 Jahren der Fall war», so der Experte.
Gemäss Lang dürfte in der Schweiz ein durchschnittliches Dividendenwachstum von 6,7 Prozent pro Aktie in diesem Jahr resultieren. «Wir sehen Immobilientitel und Versicherungen als besonders sichere Werte, die dank ihren stabilen Einnahmequellen und Cash Flows mit hohen Dividendenrenditen von 4 bis 5 Prozent glänzen», ergänzt er.
China als Treiber - Nordamerika Nase vorn
Ein Lichtblick bei den Schwellenländern war China. Das «Reich der Mitte» war mit ungewöhnlichen «Rekord-Zwischendividenden» einer der Treiber. Laut Vanguard haben die vier grössten Staatsbanken, also ICBC, Bank of China, Agricultural Bank of China, Bank of Communications im ersten Quartal mehr als 24 Milliarden Dollar ausgeschüttet. Dies entspricht beinahe der Hälfte ihrer gesamten Ausschüttungen des vergangenen Jahres.
Dennoch befindet sich China mit 38 Milliarden Dollar umfangtechnisch am Ende des Klassements. Nordamerika führt die Liste der grösste Dividendenzahler im ersten Quartal mit rund 191 Milliarden Dollar an. Darauf folgen Schwellenländern (74 Milliarden Dollar) und Europa (51 Milliarden Dollar). Auf Sektorebene ist nach wie vor der Finanzsektor klarer Spitzenreiter mit 101 Milliarden Dollar, gefolgt vom Energiesektor (56 Milliarden Dollar), Gesundheitswesen (46 Milliarden Dollar), Technologie (39 Milliarden Dollar) und Basiskonsumgütern (32 Milliarden Dollar).
Attraktive Ertragsquelle
«Dividenden bleiben ein zentraler Bestandteil langfristiger Aktienrenditen», betont Nossek. Laut des Vanguard-Experten richte sich der Blick der Investoren nun auf Europa, da das zweite Quartal hierzulande die wichtigste Dividendenphase ist. Rekordausschüttungen in Dollar könnten dieses Jahr jedoch schwerer zu erreichen sein – insbesondere aufgrund wachsender handelspolitischer Spannungen, die Europas exportorientierte Wirtschaft belasten dürften.
«Schweizerische Dividenden bieten auch in der aktuellen geopolitischen Lage eine attraktive Ertragsquelle», meint Lang von Vontobel. Die geschätzte SPI-Dividendenrendite liege aktuell bei 3,07 Prozent, während 10-jährige Eidgenossen nur eine Rendite 0,37 Prozent aufweisen. Und weiter: «Die Schweizer Nationalbank hat erwähnt, dass Negativzinsen nicht auszuschliessen sind, weshalb sich dieser Spread noch weiter vergrössern dürfte, und Dividenden somit noch attraktiver werden.»