Die Zweifel wachsen, ob die Suche nach einer Rettungsleine für die Signa-Gruppe noch gelingen kann. Ohne einen Durchbruch in letzter Sekunde könnten in den kommenden Wochen Dutzende Insolvenzanträge quer durch die Gruppe folgen, heisst es in informierten Kreisen. Die jüngsten Gespräche zur Deckung des kurzfristigen Liquiditätsbedarfs von bis zu 600 Millionen Euro sind laut den Insidern, die über Signas Bemühungen informiert sind, ins Stocken geraten. Einige Gespräche dauerten am späten Montag zwar noch an und andere Optionen werden erwogen. Doch die Wahrscheinlichkeit einer Einigung ist gering, heisst es. Unter anderem Signas komplexe Struktur erschwere das Finden einer Lösung.

Breiter Kreise an bekannten Aktionären

Eine Insolvenz der unübersichtlichen und ineinander verschränkten Signa-Gruppe würde weite Kreise ziehen und zahlreiche Investoren Geld kosten. Gesellschafter und Aktionäre würden wie bei Insolvenzen üblich als erste leer ausgehen, darunter Benko selbst und einige europäische Superreiche wie der österreichische Baumagnat Hans Peter Haselsteiner, der deutsche Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne mit einer zehnprozentigen Beteiligung an der Signa Prime, Lindt+Sprüngli VRP Ernst Tanner mit drei Prozent an der Signa Holding oder der französische Auto-Clan Peugeot. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hat die Beteiligungsverhältnisse gemäss nachfolgender Grafik zusammengestellt: 

Die Aktionäre in verschiedenen Signa-Gesellschaft (2023).

Die Aktionäre in verschiedenen Signa-Gesellschaft (2023).

Quelle: Bloomberg

Beim Fremdkapital entfällt der grösste Teil auf Banken, die überwiegend besicherte Kredite für einzelne Bauprojekte und den Erwerb von Immobilien bereitstellten. Auch wenn sie in der vergleichsweise besten Position sind, könnte eine Insolvenz Gewinne schmälern, Bilanzen schwächen und die Institute in die wenig beliebte Position bringen, Liegenschaften womöglich eine Zeitlang selbst übernehmen zu müssen.

Einen Vorgeschmack auf die ins Haus stehenden Schwierigkeiten bekam bereits die Schweizer Bank Julius Bär. Dessen Aktien stürzten in den letzten sechs Handelstagen um 16 Prozent ab, weil die Bank einen sprunghaften Anstieg der Risikokosten meldete. Wie die Bank am Montag eingestand, sind dafür in erster Linie Kredite in Höhe von 606 Millionen Franken verantwortlich, die den informierten Kreisen zufolge an Signa gingen. Andere Banken, die Signa Geld geliehen haben, sind etwa die österreichischen Raiffeisen-Genossenschaftsbanken, die UniCredit und mehrere deutsche Landesbanken. 

In Schwierigkeiten steckende Adler-Grupp mit Milliardenverlust

In Deutschland steckt nicht nur die Signa-Gruppe, sondern seit längerer Zeit auch die Adler-Gruppe in Schwierigkeiten. cash.ch hat hier darüber berichtet. Die Adler-Gruppe verzeichnete in den ersten neun Monaten des Jahres einen Betriebsverlust von 971 Millionen Euro, da die Auswirkungen steigender Zinssätze und die Kosten ihres Restrukturierungsplans das Ergebnis beeinträchtigten. Der Verlust entstand, obwohl der Vermieter keine aktualisierte Portfoliobewertung für das dritte Quartal vornahm, nachdem er im ersten Halbjahr eine gesonderte Abschreibung in Höhe von 1 Milliarde Euro auf den Wert seiner Vermögenswerte vorgenommen hatte.

Nach dem Verkauf von zwei Entwicklungsprojekten und einem Portfolio neu gebauter Wohnungen in Berlin stieg die Beleihungsquote von Adler laut einer Mitteilung vom Dienstag immer noch auf 89,1 Prozent. Mit den Verkaufserlösen hat das Unternehmen Schulden in Höhe von 270 Millionen Euro getilgt, der Verkauf schreitet jedoch „langsamer als erwartet“ voran, heisst es in einer separaten Präsentation.

Das angeschlagene Unternehmen versucht, Vermögenswerte zu verkaufen, um seine Schuldenlast von 6,5 Milliarden Euro zu verringern, nachdem ein Unternehmensskandal zu einer strafrechtlichen Verfolgung geführt hat. Die Gläubiger stimmten zu, dem Unternehmen Anfang des Jahres 937 Millionen Euro an neuem Geld zur Verfügung zu stellen, um es über Wasser zu halten und Zeit für den geordneten Verkauf von Immobilien zu gewinnen.

Erschwert wurden die Umschuldungsbemühungen durch eine scharfe Kehrtwende auf dem deutschen Immobilienmarkt, der immer noch unter dem Ende der Nullzinsära leidet. Adler hat es immerhin geschafft, seinen in diesem Jahr fälligen Kredit zurückzuzahlen und verfügt über weitere Schulden in Höhe von 390 Millionen Euro, die 2024 fällig werden, verglichen mit Barmitteln in Höhe von 432 Millionen Euro in der Bilanz Ende September.

Im Jahr 2025 steht es vor einer grösseren Herausforderung, wenn Schulden in Höhe von fast 2,2 Milliarden Euro fällig werden. Um dies zurückzuzahlen, will das Unternehmen fast 6.800 Häuser sowie seinen verbleibenden 63-Prozent-Anteil an Brack Capital Properties verkaufen. Ein früherer Verkauf der Unternehmensanteile an den Konkurrenten LEG Immobilien scheiterte. Der angeschlagene deutsche Vermieter meldete negative Betriebsmittel in Höhe von -7 Millionen Euro, was er auf höhere Kreditkosten zurückführte. Das Portfolio des Unternehmens umfasst mittlerweile rund 25'000 Wohneinheiten, davon knapp 18'000 in Berlin. In seiner Blütezeit besass es etwa 70'000 Einheiten.

(Bloomberg/cash)