Einmal mehr wird die Aktie von Nestlé ihrem Ruf als "Fels in der Brandung" gerecht. Während die beiden Indexschwergewichte Roche und Novartis in den letzten Wochen von ihren Höchstkursen zurückgefallen sind, konnte sich der Titel von Nestlé behaupten. Nur ein gutes Prozent trennt die bei 76 Franken notierende Aktie von der im April erklommenen Bestmarke.

Anleger sind bereit, das Zwanzigfache des für das kommende Jahr prognostizierten Gewinns für den in Vevey beheimatete Nahrungsmittelhersteller zu bezahlen. Unter Ausklammerung der L'Oréal-Beteiligung errechnet sich immerhin noch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18. Das ist eine ganze Menge.

Dennoch traut man der Nestlé-Aktie bei J.P. Morgan im Hinblick auf die Jahresergebnispräsentation von Mitte Februar eine Aufholjagd auf die anderen europäischen Nahrungsmittelaktien zu. In Erwartung einer neuen geldpolitischen Lockerung durch die Europäische Zentralbank, haben diese in den letzten Wochen nämlich kräftig zugelegt.

Aus währungsseitigem Gegenwind wird Rückenwind

Die für das amerikanische Bankinstitut tätige Analystin erwartet bei den Westschweizern im Schlussquartal eine organische Wachstumsbelebung auf 4,3 Prozent. Damit werde sich Nestlé in positiver Weise von der Konkurrenz abheben, so schreibt sie weiter. Denn bei allen anderen europäischen Nahrungsmittelherstellern rechnet die Analystin mit einer Verlangsamung.

Noch optimistischer gibt sie sich bei den Westschweizern mit Blick auf das kommende Jahr. Dank dem schwächeren Franken und dem milliardenschweren Aktienrückkaufprogramm sieht sie den Gewinn je Aktie im kommenden Jahr um mehr als 13 Prozent wachsen. Werden die Aktienkäufe ausgebaut, sind sogar noch höhere Gewinnwachstumsraten möglich.

Analysten sind sich uneins

Die Nestlé-Aktie wird bei J.P. Morgan deshalb mit "Übergewichten" und einem Kursziel von 84 Franken zum Kauf empfohlen. Jene der beiden Erzrivalen Unilever und Danone werden hingegen mit "Untergewichten" eingestuft, was einer Verkaufsempfehlung gleichkommt.

Was das Schweizer Traditionsunternehmen anbetrifft, so sind sich die Experten alles andere als einig. Gemäss Erhebungen der Nachrichtenagentur AWP sind nur 10 von 24 Analysten in ihrer Beurteilung optimistisch. Eine Mehrheit von 12 Experten ist neutral und deren zwei sogar negativ gestimmt. Darunter auch der für Goldman Sachs tätige Analyst. Erst vor wenigen Tagen bekräftigte er in einer Branchenstudie die Verkaufsempfehlung mit einem optisch tiefen Kursziel von 66 Franken.

Als gewichtigste Komponente des Swiss Market Index (SMI) mit einem Anteil von 22,5 Prozent ist die Kursentwicklung bei Nestlé von zentraler Bedeutung für den Schweizer Aktienmarkt. Auf kurze Sicht lässt sich die Hürde von 9000 Punkten beim Börsenbarometer nur mit tatkräftiger Unterstützung des Indexschwergewichts zurückerobern. Dank der aggressiven Kaufempfehlung durch J.P. Morgan sind neue Höchstkurse bei dieser Aktie sehr wahrscheinlich geworden.