cash.ch: Herr Spahr, beginnen wir mit etwas Positivem: Nach 2019 ist die Aktien von Lonza auch dieses Jahr im Höhenflug. Ist der Titel weiter ein Kauf?

Cedric Spahr: Schweizer Qualitätsaktien wie Lonza müssen mit einem langfristigen Horizont gehalten werden. Zwar ist die Bewertungen nicht mehr günstig, genau wie bei Straumann oder Galenica. Trotzdem sehen wir bei Lonza generell noch gutes Wachstumspotenzial. Der Markt 'spielt' dabei ein auch die Veränderungsphantasie. Die Spezialitätensparte wird ausgegliedert, zudem wird man weiter in Pharma, Biotech und Nutrition investieren. Auch wenn der Markt bei Lonza kein bombastisches Wachstum erwartet, setzt er auf Qualität. Daher ist die Aktie trotz hoher Bewertung eine gute Anlage.

Zurzeit hat der Coronavirus die Märkte fest im Griff. Wie besorgt sind Sie?

Eines ist klar: Die Märkte hassen Unsicherheit. Die genauen Folgen des Coronavirus wird man wohl erst im Februar irgendwann eruieren können. Aus Marktsicht sind die Massnahmen auf den Virus das grösste Problem. Ganze Städte werden in Quarantäne gesetzt, vielerorts steht der Fremdenverkehr still und der Tourismus kommt zum Erliegen – nicht nur in China. Das ist natürlich ein Problem.

In der Schweiz leiden vor allem die ohnehin schon gebeutelten Luxustitel Swatch und Richemont unter der Virus-Angst...

Die Uhrenindustrie wird dieses Jahr auch ohne Coronavirus Mühe mit dem Absatz haben. Auch wenn die Uhrenexporte 2019 mit einem Wachstum von 5,8 Prozent eigentlich ordentlich waren, ist das Risiko gross, dass die Uhrenhersteller ihre Absatzprognosen in Hongkong und China heruntersetzen müssen.

Welche Schweizer Unternehmen leiden noch unter den Effekten des Coronavirus?

Das Gute ist: Schweizer Unternehmen sind generell meist Qualitätsunternehmen, die in einer  Nische arbeiten, wie etwa Geberit oder Sika. Daher sind sie weniger auf zyklische Verlangsamungen im globalen Wachstum anfällig. Aber klar ist: Zyklische Titel wie der Personalvermittler Adecco können auch unter dem Virus leiden. Auch beim Zementhersteller LafargeHolcim, dessen Produktion in Asien einen grossen Teil ausmacht, bin ich derzeit eher vorsichtig.

Die SMI-Schwergewichte scheinen auch dieses Jahr zu liefern. Sollen Anleger dranbleiben?

Generell ja. Die beiden Pharmaunternehmen Roche und Novartis sind strukturell besser aufgestellt als so manche Konkurrenten in Europa und den USA. Zudem sind die Bewertungen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 16 noch vernünftig. Roche hat seit ein paar Jahren vielversprechende Medikamente in der Pipeline, was die Umsatzphantasie anregt. Novartis hat dafür zuletzt gute Finanzahlen geliefert. Beide Titel haben Platz im Portfolio.

Und Nestlé?

Nestlé ist ein Klassiker mit stabilem Wachstum. Zwar liegt hier eine etwas höhere Bewertung vor. Das heisst, das Aufholpotenzial ist geringer. Trotzdem ist der Konzern ein Fels in der Brandung. Zuletzt wurde der Titel wohl auch als eine Art Ersatz für Obligationen genutzt.

UBS und Credit Suisse erlebten Anfang Jahr ein kleines Hoch. Von dem ist momentan nicht mehr viel übrig. Ihre Prognose?

Ich bin strukturell vorsichtig bei den beiden Schweizer Grossbanken. Das hat natürlich mit den Rahmenbedingungen für die Bankenindustrie generell zu tun, nicht zuletzt in Europa. Zudem ist das Geschäft mit der Vermögensverwaltung kein grosser Wachstumstreiber mehr. Auch wenn die UBS mit Iqbal Khan ein neues Managementmitglied im Wealth Management bekommt, ist der Markt noch nicht bereit, von vornherein eine höhere Bewertung zu zahlen, bevor konkrete Ergebnisse vorlegen.

Und die Credit Suisse?

Die CS ist etwas weiter mit dem Konzernumbau. Zudem konnte die Kosten gesenkt werden. Die Titel werden daher auch mit einer etwas höheren Bewertung gehandelt. Im Bezug auf die Marge würde ich für das erste Halbjahr die CS gegenüber UBS etwas bevorzugen. Aber wenn ich unter Schweizer Finanzwerten wählen müsste, würde ich eher auf Versicherer wie Zurich setzen. Dort geht es etwas ruhiger zu und her als bei den Banken, man erhält ebenfalls eine anständige Dividende und das Unternehmen weist ein stabiles Wachstum auf. 

2019 war ein Rekordjahr an den Börsen. Warum geht es auch 2020 aufwärts?

Wir sind starke Verfechter des vierjährigen Präsidentschaftszyklus an den Aktienmärkten. In diesem ist das dritte Jahr ein sehr starkes an den Börsen. Das war 2019 der Fall, auch dank der lockeren Geldpolitik der Fed. Auch 2020 stehen die Zeichen eher auf Plus. Das globale Wachstum zieht an und die Geldpolitik dürfte grosszügig bleiben. Natürlich gibt gewisse Fragezeichen wie die im Februar beginnenden Vorwahlen der US-Demokraten oder das Coronavirus. Doch der Markt geht derzeit von einer Wiederwahl Donald Trumps aus, was zumindest für die Aktienmärkte Stabilität heissen würde.