An Tesla-Chef Elon Musk scheiden sich die Geister: Die einen sind Fans des umtriebigen Geschäftsmannes. Die anderen sehen den Milliardär wegen politisch rechts gefärbter Kommentare und brachialen Managements seiner Social-Media-Plattform X kritisch. Der Erfolgsfahrt des Elektroautopioniers aus den USA tat das lange Zeit keinen Abbruch.

Doch das hat sich nach Einschätzung von Fachleuten geändert. Nach Daten der US-Marktforschung Caliber, die der Nachrichtenagentur Reuters vorlagen, fiel Teslas «Consideration Score», eine Kennziffer zum Messen des Interesses der Verbraucher an einer Marke, im Februar auf 31 Prozent. Den Höchststand hatte Caliber im November 2021 mit 70 Prozent ermittelt.

Nach Einschätzung der Marktforscher steckt dahinter auch die starke Verbindung zwischen dem Image von Tesla und dem von Musk. «Es ist sehr wahrscheinlich, dass Musk selbst zum Niedergang des Rufs beiträgt», sagte Caliber-Chef Shahar Silbershatz. Denn für vier von fünf Amerikanern sei Musk Teslas Gallionsfigur. Der Autobauer gab auf Anfrage keine Stellungnahme dazu ab.

In den USA ergab eine Umfrage der Verbraucherforschung CivicScience, die Reuters exklusiv vorliegt, dass 42 Prozent der Befragten im Februar ein ungünstiges Bild von Musk hatten gegenüber 34 Prozent im April 2022, als Musk seine Beteiligung an Twitter bekanntgab. «Eine bescheidene, aber wachsende Zahl von E-Auto-Käufern ist zunehmend von Elon Musks Verhalten und seiner Politik abgeschreckt und sucht nun nach praktikablen Alternativen zu Tesla auf dem Markt», sagte Ed Kim, Präsident der in Kalifornien ansässigen Beratungsfirma AutoPacific.

Potenzielle Tesla-Käuferschar schrumpft

Dass die potenzielle Tesla-Käuferschar schrumpft, kann auch an der alternden Modellpalette des Autobauers liegen. Das Marktumfeld für Elektroautos hat sich Musk zufolge auch verschlechtert wegen hoher Zinsen, die Kredite zum Autokauf verteuern. Während Tesla bei Calibers Stimmungsbarometer im Januar allein acht Prozentpunkte einbüsste, verbesserten sich die Werte der deutschen Premiumhersteller Audi, BMW und Mercedes-Benz in den USA auf 44 bis 47 Prozent. Trotz weiterer Preissenkungen fiel der Absatz von Tesla im ersten Quartal erstmals seit vier Jahren entgegen der Markterwartung, und zwar um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf knapp 387.000 Autos.

Regional entwickelt sich die Einstellung der Verbraucher unterschiedlich: In den USA, Kanada, Grossbritannien, Frankreich oder Schweden sackten die Beliebtheitswerte nach Daten der Marktforschung Brand Finance ab. In Deutschland, wo Tesla ein Werk in Grünheide bei Berlin betreibt, und auch in China gewann der Autobauer dagegen an Zuspruch.

Musks markante Persönlichkeit kam Tesla dank des von ihm erklärten Kampfes gegen den Klimawandel durch das Fördern von Elektromobilität zugute. Die eleganten, digital raffiniert ausgestatteten Autos stachen Benzinfresser aus. Tesla mauserte sich rasant vom Nischenhersteller zum Schwergewicht und wertvollsten Autobauer der Welt an der Börse. Ausgaben für Werbung oder Pressearbeit konnte sich das Unternehmen früher sparen, da Musk als Chef selbst ständig für Furore sorgte. Das hat sich inzwischen geändert.

Doch seine Unterstützung für die Republikaner in den USA und Beifall zu antisemitischen Äusserungen auf X, von dem Musk sich dann distanzierte, beunruhigen Finanzmarktanalysten mit Blick auf das Unternehmen. Auf eine entsprechende Frage eines Investors Anfang letzten Jahren sagte Musk mit Verweis auf seine damals 127 Millionen Follower auf X, er sei «einigermassen beliebt». Im November erklärte er: «Ob Sie mich hassen, mögen oder gleichgültig sind, wollen Sie das beste Auto oder wollen Sie nicht das beste Auto?»

Ruf von Tesla ist bei vielen immer noch hervorragend

Der Ruf von Tesla ist bei vielen immer noch hervorragend. Das Marktforschungsunternehmen S&P Mobility zeigt, dass Tesla die höchste Loyalität unter den grossen Automarken hat: Gut zwei Drittel der Tesla-Besitzer bleiben der Marke treu, wenn sie sich ein neues Auto anschaffen. So meint Christian Cook, ein Texaner im Besitz eines Model 3, der sich als politisch rechtsorientiert bezeichnet, Musks Agieren mache keinen Unterschied. Ihm persönlich sei die «blödsinnige» Kritik schnurz.

Kat Beyer, eine Klimaaktivistin aus Wisconsin, entschied sich im vergangenen Jahr trotz Musk zum Kauf eines Model Y. Dabei habe die zuverlässige Ladeinfrastruktur den Ausschlag gegeben. «Es ist schwer, das Auto zu fahren, das mit ihm in Verbindung gebracht wird», sagte Beyer. «Aber ich kann nicht zum Benziner zurückkehren.»

(Reuters)