"'George' ist eine Riesen-Chance für uns", sagte Privatkundenchef Peter Bosek in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Bei dem Wiener Institut sei man davon überzeugt, dass das Bankgeschäft der Zukunft auf Plattformen aufgebaut sein wird.
Dabei setzt die Erste Group, die mit ihren 16 Millionen Kunden in sieben Ländern in Mittel- und Osteuropa zu einem der grössten Kreditgeber in der Region zählt, auf eine Zusammenarbeit mit aufstrebenden Finanz-Start-ups (Fintechs). Das klassische Produktportfolio der Bank soll damit schrittweise in ein digitales Angebot verändert werden.
"Ein grosser Vorteil der Digitalisierung ist, dass wir Millionen Menschen nun Lösungen anbieten können, die auf ihre persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind", sagte Bosek. Beschleunigt werde das durch die Mitte Januar neu eingeführte Zahlungsdienst-Richtline PSD2. Die neue Regel nimmt den Banken ihr Monopol beim Zugriff auf Kontodaten. Die Geldhäuser müssen nunmehr auch Drittanbietern wie Fintechs den Zugriff auf Konten und Daten ihrer Kunden ermöglichen.
Grösste pan-europäische Banken-Plattform
"George" wurde 2012 vom hauseigenen Fintech entwickelt und 2015 am Heimatmarkt eingeführt. Derzeit zähle man 2,4 Millionen aktive Nutzer, bis Jahresende sollen es durch die schrittweise Einführung in anderen Ländern drei Millionen sein. "Damit sind wir die grösste pan-europäische Banken-Plattform", sagte Bosek. Im laufenden Jahr soll die Plattform noch in Rumänien starten, "vielleicht kommen auch noch Ungarn und Kroatien dazu".
In Österreich nutzt nach Angaben der Erste Group jeder dritte Online-Banking-Kunde diese Technologie. Die PSD2-fähige Plattform verfüge über ein Modul, über das Nutzer einzelne Zusatz-Optionen erwerben können. Auch Drittanbieter dürfen hier ihre Dienste anbieten. Laut Bosek sind bereits 200.000 solcher sogenannter Plug-ins aktiviert, wobei die eine Hälfte gratis sei, die andere zahlungspflichtig. "Wir probieren gerade aus, was funktioniert und was nicht".
Begrüsst wird von den Österreichern auch die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO/GDPR), die vergangene Woche in Kraft trat. Die Verordnung, die wegen des Skandals bei Facebook brandaktuell ist, verpflichtet Firmen dazu, mit den Daten ihrer Kunden sorgsamer umzugehen. Gespeichert werden darf nur noch, was wirklich gebraucht wird - und die Nutzer müssen zustimmen. "Auf einmal fühlt es sich wieder gut an, eine Bank zu sein, denn wir haben zum Thema Datenschutz eine komplett andere Historie", sagte Bosek und verwies auf das Bankgeheimnis.
Die Erste Group wird laut Bosek niemals Kundendaten verkaufen. "Das hat im Geschäftsmodell der Bank nichts verloren". Ausserdem werde das Thema von Ertragskraft her ohnehin überschätzt. "Was bekomme ich für einen Datensatz, wenn ich Ihre Schuhvorlieben verkaufen würde? Drei, vier Euro? Ich halte es für naiv zu glauben, dass das die Bilanz von Banken nachhaltig verändert wird".
(Reuters)