Julius Bär legte diese Woche ein Jahresergebnis vor, das unter den Erwartungen der Analysten lag, zu hohe Kosten offenlegte und das ein Sparprogramm nach sich zieht. Zudem wurden die Ziele gesenkt. Auch wenn der Reingewinn um vier Prozent stieg: Anleger straften die Privatbank an der Börse ab. Trotzdem wird Julius Bär die Dividende um 7 Prozent erhöhen. Es gibt Stimmen am Markt, welche die Dividendenerhöhung für nicht gerechtfertigt halten. 

Ein guter Dividendenzahler zu sein ist für ein börsenkotiertes Unternehmen prestigeträchtig. Es ist noch nicht allzu lange her, da nahmen Unternehmen in der Schweiz Kredite auf, um dann Dividenden auszubehalten. Das Aktionariat soll bei jeder Geschäftslage bei Laune gehalten werden, indem die Gewinnbeteiligungen ausgebaut werden – und am besten drücken die Anteilseigner dann bei operativen Problemen ihrer Firma ein Auge zu. Dieser Hintergedanke dürfte auch bei Julius Bär eine Rolle spielen.

Zinsen werden langsam steigen

Ob solche Manöver bei den Aktionären in einer so gut informierten Welt wie heute noch funktioniert, ist fraglich. Mit einem jährlichen Zückerchen sollen auch die UBS-Aktionäre bei der Stange gehalten werden. Die Grossbank hat im Januar beim Jahresresultat ein durchwachsenes Resultat vorgelegt: Im Geschäft mit reichen Privatkunden sind die Aussichten soso lala. CEO Sergio Ermotti betonte in erster Linie das Langfrist-Wachstum. Aber die Dividende wird von 65 auf 70 Rappen pro UBS-Aktie angehoben werden, und die Steigerungen sollen so weitergehen.

Die Managements gehen bei den Dividenden so forsch voran, weil die die Tiefzinsen dieses Handeln begünstigen. Zwar sei aktuell die Zinsprognose jeden Tag anders, sagt Urs Beck, Anlagespezialist bei EFG Asset Management und Manager des Fonds "New Capital Swiss Select Equity". Aber: der Marktkonsens erwarte, dass die Zinsen mit der Zeit anstiegen. "Dadurch werden Aktien von ihrem stärksten Konkurrenten, den Obligationen, stärker bedrängt. Die Dividendenrendite seht damit zu den Renditen anderer Anlageklassen in Konkurrenz."

Im Falle der UBS geht Fondsmanager Beck zwar davon aus, dass die heutige Dividende gehalten werden kann. Für die Zukunft ist er skeptischer. Die UBS habe seit der Finanzkrise etwas Buchwert generiert: "Allerdings nicht so stabil, dass man die Dividendenentwicklung als Aufwärtslinie einfach so weiterziehen sollte", sagt Beck. 

Solide Bilanzen wichtig

So schwierig wie bei den Banken ist es nicht überall. Tatsache ist, dass das Gros der Schweizer Firmen Schulden abbauen konnte, Nettocashpositionen aufgebaut hat und hohe Cash-Flows ausweisen kann. Sie verfügen über solide Bilanzen. Der Lebensversicherer Swiss Life, der puncto Dividendenrendite langsam zu den Spitzenunternehmen wie Zurich oder Swiss Re aufschliesst, ist in Sachen Cash-Generierung problemlos in einer Position, auch steigende Dividenden zahlen zu können. 

Auch bei den Kantonalbanken von Luzern oder Zug, die jüngst Dividendenerhöhungen vermeldet haben, ist dies aufgrund von deren sehr stabilem Geschäft weniger problematisch als bei den Grossbanken UBS, CS oder Julius Bär. Diese sind mehr von volatilen Finanzmärkten und einem teuren Privatkundengeschäft geprägt als die regionalen Institute mit ihrem grossen Kredit- und Hypothekengeschäft.

GAM und AMS  ziehen Notbremse

Aktuell beläuft sich die Dividendenrendite des Swiss Performance Index auf 3,7 Prozent. Die liegt stark an den Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis, die dank starken Cash-Flows starke Dividendenzahler sind und es wohl auch bleiben. 

Aber in der Breite kann es laut Marktbeobachtern durchaus dazu kommen, dass die Dividendenzahlungen abflachen werden.  Einzelne Managements haben schon die Notbremse gezogen. Grobe Verzerrungen zwischen tatsächlicher Leistung des Unternehmens und der Höhe der Dividende beziehungsweise der Dividendenrendite gibt es vor allem bei Krisenunternehmen. Der Vermögensverwalter GAM ist so ein Beispiel, aber da wurde die Streichung der Dividende aufgrund eines erwarteten Milliardenverlusts schon im vergangenen Dezember angekündigt. Auch der Sensorhersteller AMS hat nun wegen schlechter Zahlen und eines getrübten Ausblicks die Dividende gestrichen.

Marc Possa, Manager des Aktienfonds SaraSelect, erwartet indessen der laufenden Berichtsaison insgesamt weitere Ankündigungen steigender Dividenden. "Ob das danach so weitergeht, hängt von der Wirtschaftslage ab." Er selbst erwartet keine massiven Kürzungen bei den Dividenden, geht aber auch nicht von massiv steigenden Zinsen oder einer grossen Rezession aus. "Bei massiv rückläufigen Gewinnen würden Dividenden wohl gekürzt werden, um die Substanz zu erhalten: AMS ist ein Paradebeispiel dafür."

Firmenspezifische Eigenheiten

Managementgeführte Unternehmen – also der grosse Teil der SMI-Konzerne wie auch viele mittelgross kapitalisierte Unternehmen – sparen bei der Dividende erfahrungsgemäss schnell. Sollte sich das wirtschaftliche Umfeld dieses Jahr noch deutlich eintrüben, werden die Dividendenerhöhungen nächstes Jahr wohl einiges spärlicher ausfallen als in der aktuellen, "ausgabenfreudigen" Berichtssaision.

Firmen, die von Inhabern geführt werden oder die einen starken Kernaktionär haben, sind bei der Dividende in der Regel grosszüger. Die Auschüttung nicht mehr zu erhöhen oder gar zu kappen fällt ihnen schwerer als den managementgeführten Firmen. So erhöht die familiendominierte Roche seit drei Jahrzehnten jedes Jahr die Dividende - ohne Unterbruch. Auch bei Ems-Chemie, die von Magdalena Martullo und ihren zwei Schwestern kontrolliert wird, oder bei den von Investor Michael Pieper mit Beteiligungen gehaltenen Unternehmen sind die Dividendenchancen intakter, auch wenn es zu einer Rezession kommt.