Die US-Notenbank hat die Leitzinsen erwartungsgemäss um 25 Basispunkte angehoben. Fed-Chef Jerome Powell kündigte "einige" weitere Zinserhöhungen an, bevor in der Straffungskampagne eine Pause eingelegt werden dürfte. "Wir denken, dass wir viel erreicht haben", sagte Powell auf der Pressekonferenz. "Trotzdem haben wir noch mehr Arbeit vor uns.", so der US-Notenbankchef.

Dieses Mehr an Arbeit an der Zinsfront wurde an der Nasdaq nicht mit Abschlägen, sondern mit einem neuerlichen Kursfeuerwerk begleitet. Zum Schluss notierte der Index zwei Prozent im Plus. Nach Börsenschluss legten Meta dank vom Markt als sehr gut taxierte Unternehmenszahlen und Nvidia im Sog des Marktfiebers um die künstliche Intelligenz weiter kräftig zu. Und bei den ersten vorbörslichen Indikationen steht der Nasdaq heute morgen erneut ein Prozent höher bei 12'350 Punkten.   

Von inflationär zu deflationär in 5 Monaten

Die Konklusion an den Börsen scheint zu sein, dass es derzeit besser ist, gegen das Fed zu kämpfen - sprich tiefere Renditen trotz weiterer Zinserhöhungen und deshalb steigende Aktienkurse trotz höherer Zinsen für länger. Früher galt das Sprichwort "Don't Fight the Fed" - sozusagen eines der eisernen Gesetze an Wall Street. Das bedeutet: Steigende Zinsen gleich steigende Renditen und sinkende Aktienkurse.

Dieses Gesetz hat im Moment keine Gültigkeit. Ob sich das langfristig durchsetzt, sich gegen die Fed zu stellen, ist indessen fraglich. Ein paar Gründe sprechen dafür, dass es sich hier um ein eher kurzfristiges Phänomen handelt.

Erstens sind es aussergewöhnliche Zeiten, wenn eine Notenbank die Zinsen derart stark anhebt, wie die Fed das im letzten Jahr getan hat. Zweitens kommen Verzerrungen bei der Geldmenge nach der Corona-Pandemie hinzu, die einen Vergleich der wirtschaftlichen Aktivität, der Inflation und der Arbeitsmarktentwicklung schwierig machen. Interessant ist ferner, dass die Inflation, welche zuerst durch die Decke ging, seit nunmehr 5 Monaten viel schneller sinkt als dies die Marktteilnehmer erwarten.

Powell hat die freundliche Stimmung an den Aktienmärkten gestern mit der Aussage, dies sei der Beginn "eines disinflationären Prozesses", angeheizt. Die Konsequenz dieser Aussage dürfte die Marktfantasie auf wieder ultratiefe Zinsen beflügeln und den Aktien in nächster Zeit Rückenwind geben, meinen Marktkommentatoren. 

Kern-Erkenntnisse des Zinsentscheids

Der Offenmarktausschuss hob den Leitzins wie erwartet um 25 Basispunkte an auf ein Zielband von 4,5 Prozent bis 4,75 Prozent. In der Erklärung der Fed und Powells Pressekonferenz wurde sowohl auf Fortschritte in Sachen Inflation verwiesen als auch auf Pläne für eine weitere Straffung.

Der Ausschuss hielt an seiner Absicht fest, die Zinsen "weiterhin zu erhöhen", was die Pläne im Dotplot vom Dezember zu bestätigen scheint, sie sowohl im März als auch im Mai um einen weiteren Viertelpunkt anzuheben. Powell bekräftigte in seiner Pressekonferenz diese Absicht. Für eine angemessen restriktive Geldpolitik seien noch "ein paar" Zinserhöhungen nötig.

Erstmals erwähnt Powell, dass ein disinflationärer Prozess begonnen habe. Er verwies auf Verbesserungen in den Lieferketten und die Aussicht auf Entspannung der Teuerung im Wohnbereich. Das Hauptaugenmerk liege nach wie vor auf dem Dienstleistungssektor ohne den Wohnbereich. Hier dürfte der sehr angespannte Arbeitsmarkt die Preise beeinflussen. 

Powell zeigte sich bemerkenswert unbesorgt über die jüngste Lockerung des Finanzumfelds und betonte, sich mehr auf die langfristigen Trends zu konzentrieren. Er widersprach nicht der Einschätzung der Märkte über den Zinspfad der Fed. Sie spiegele in erster Linie die Ansicht des Marktes wider, dass die Inflation schneller sinken werde als er erwarte. Der Fed-Chef äusserte sich optimistisch zu den Chancen für eine weiche Landung und einen weiterhin guten Arbeitsmarkt.

(cash/Bloomberg)