Die Partei der Postfaschistin Giorgia Meloni, Fratelli d'Italia, hat bei der Parlamentswahl in Italien ersten Ergebnissen zufolge fast 26 Prozent der Stimmen erhalten. Das Rechtsbündnis ihrer Partei mit der Lega des ehemaligen Innenministers Matteo Salvini und der Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi wird damit in beiden Kammern des Parlaments über deutliche Mehrheiten verfügen. An den Finanzmärkten wurde der Wahlausgang mit Spannung verfolgt. Analysten sagten dazu in ersten Reaktionen:

Marco Wagner, Commerzbank: "Die Wahl in Italien hat die Machtverhältnisse klar nach rechts verschoben. Denn das Bündnis unter Führung der rechtsextremen Brüder Italiens (FdI) kommt nach bisherigem Stand der Auszählung in beiden Kammern des Parlaments auf eine komfortable Mehrheit. Allerdings verfehlt es eine Zweidrittelmehrheit, mit der Verfassungsänderungen möglich gewesen wären. Dadurch ist das von manchem befürchtete Szenario vom Tisch, dass die neue Regierung mit einer solchen Zweidrittelmehrheit problemlos die Verfassung ändern und damit einen Kurs wie Ungarn und Polen einschlagen könnte. Darüber hinaus gab sich Meloni, die klare Siegerin der Wahl, nach dem klaren Ergebnis recht konziliant. In ihren Reden in der Wahlnacht beteuerte sie die Bindung Italiens zu Europa sowie zum Nordatlantikbündnis und dass bei ihrer Haushaltspolitik die finanzielle Stabilität des Landes im Mittelpunkt stehen würde. Am besten beschreiben wohl folgende Worte die Politik Melonis: 'Italien gehört zu Europa, aber wir werden für unsere Interessen kämpfen.'"

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank: "Für die EU und die Euro-Zone kommt es derzeit dicke. Nicht nur, dass Europa unter einer veritablen Energiekrise leidet, jetzt kommt es auch noch zu einem historischen Sieg der Rechten in Italien. Auch wenn sich das Rechtsbündnis offiziell zur EU bekennt, der politische Gegenwind aus Italien wird grösser werden. Der ideologische Unterbau der Fratelli d’Italia ist in Wirklichkeit wenig auf Kooperation und Zusammenarbeit ausgelegt. Auch gilt es, die von der EU ausgeschütteten Milliarden-Beträge des Corona-Wiederaufbaufonds richtig zu investieren. An den Märkten hat man jedenfalls Zweifel, ob das italienische Rechtsbündnis die Gelder in die richtigen Kanäle lenken wird. Das Rechtsbündnis forciert eine lockere Fiskalpolitik. Es soll zu Steuersenkungen kommen. Geplant ist eine Reform der Einkommensbesteuerung, die auf eine Flat Tax umgestellt werden soll - also ein einheitlicher Steuersatz für alle. Die von Mario Draghi begonnen Strukturreformen sollen derweil nicht weitergeführt werden. Konflikte mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt sind vorgezeichnet – ohnehin hält das Rechtsbündnis von diesem Regelwerk wenig.

Die europäische Energiekrise, Rezessionsrisiken und nun auch noch ein seit dem Zweiten Weltkrieg historisch einmaliges Rechtsbündnis in Italien begraben die Hoffnungen auf eine rasche Erholung des Euro. Für die weitere Entwicklung der europäischen Gemeinschaftswährung ist nun unter anderem entscheidend, wie radikal das Rechtsbündnis tatsächlich agieren wird. Die nächsten Monate werden Klarheit bringen. Bis dahin bleibt die Luft für den Euro dünn."

(Reuters)