US-Präsident Donald Trumps überraschende 39-Prozent-Zölle auf in der Schweiz hergestellte Uhren treibt die Preise für Luxuszeitmesser in die Höhe. Manche Käufer versuchen, den Zoll zu umgehen, indem sie auf gebrauchte Modelle ausweichen – was wiederum die Preise auf dem Zweitmarkt steigen lässt.
Die Preise für Uhren haben in den letzten fünf Jahren eine Achterbahnfahrt hinter sich. Während der Pandemie explodierte das Interesse: Die Nachfrage überstieg das Angebot, Wartelisten wuchsen, und viele Käufer griffen zu gebrauchten Zeitmessern, wodurch die Preise für beliebte Modelle stark anstiegen.
Im Frühjahr 2022 änderte sich das jedoch schlagartig: Die Märkte schwankten stark, Kryptowährungen brachen ein und die Zinsen stiegen – der Zweitmarkt für Uhren platzte.
Diese Abwärtsbewegung ist nun, zumindest für die führenden privat geführten Marken, beendet. Laut dem aktuellen Bericht von Morgan Stanley und der Research-Plattform WatchCharts stiegen die Preise für gebrauchte Uhren der führenden Marken im dritten Quartal um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal – der erste klare Wertanstieg seit dem ersten Quartal 2022.
Der Bloomberg Subdial Index, der die 50 meistgehandelten Modelle verfolgt, legte in den vergangenen sechs Monaten in US-Dollar um rund 3,7 Prozent zu.
Preiserhöhungen
Um zu verstehen, was den Anstieg auf dem Zweitmarkt antreibt, lohnt ein Blick auf den Markt für neue Uhren. Die hohen US-Zölle zwingen die Hersteller, die Preise in den USA anzuheben. Patek Philippe erhöhte Mitte September um 15 Prozent, Cartier zog bei den meisten Modellen um 10 Prozent nach. Rolex hat nach zwei Preiserhöhungen in diesem Jahr bislang keine weiteren Anstiege angekündigt, doch Händler und Sammler beobachten die nächste Preisentscheidung genau.
Bislang wurde der Preisschock durch Vorratsaufbau abgefedert. Diese zusätzlichen Lagerbestände dürften laut Oliver Muller, Gründer der Beratungsfirma LuxeConsult, jedoch bis Jahresende aufgebraucht sein.
Einige wohlhabende Kunden sicherten sich noch vor den Preiserhöhungen ihre Wunschuhren. Andere greifen auf günstigere Modelle zurück, etwa von einer goldenen Rolex auf eine Kombination aus Gold und Stahl oder nur Stahl. Dass Rolex ähnliche Modelle in verschiedenen Materialien anbietet, erleichtert diese Umstellung.
Die Wartelisten wachsen weiter. Rolex wird in diesem Jahr voraussichtlich 1,2 Millionen Modelle fertigen, während Patek Philippe nur 72’000 und Audemars Piguet 51’000 produzieren, so Vontobel Wealth Management. Bei Rolex konzentrieren sich die Wartelisten jedoch auf besonders gefragte Sportmodelle wie Daytona, Submariner und GMT-Master. Viele Käufer weichen deshalb auf gebrauchte Uhren aus. Infolgedessen verzeichnete Subdial in diesem Jahr einen starken Anstieg der Zweitmarktaktivität.
Ungleiche Zweitmärkte
Da mehr Käufer auf einen begrenzten Bestand an gebrauchten Uhren in den USA treffen, stabilisieren sich die Preise. Auch steigende Aktienmärkte, Kryptowährungen – zumindest bis vor Kurzem – und Goldpreise dürften eine Rolle spielen. Und ähnlich wie Meme-Aktien wieder gefragt sind, könnte es auch bei Uhren zu spekulativen Käufen kommen: Der zweieinhalbjährige Preisrückgang hatte das Interesse einiger Sammler geweckt, insbesondere bei Rolex, Audemars Piguet und Patek Philippe. Die «Grossen Drei», die rund 60 Prozent des Zweitmarkts ausmachen, führten auch den vorherigen Boom und Bust an. Auch bei der diesjährigen Erholung stehen Patek Philippe und Rolex an der Spitze.
Einige weitere Marken wie Cartier (Richemont), Omega (Swatch) und TAG Heuer (LVMH) verzeichneten im dritten Quartal ebenfalls steigende Preise auf dem Zweitmarkt, so Morgan Stanley und WatchCharts. Swatch profitierte dabei vor allem von der MoonSwatch, die jedoch preislich niedriger angesiedelt ist.
Viele Uhren auf dem Zweitmarkt bleiben attraktiv. Nur Rolex-Modelle werden im Schnitt deutlich über dem Neupreis gehandelt – mit einer Prämie von 15,7 Prozent. Selbst hier werden etwa die Hälfte der Modelle weiterhin über dem Einzelhandelspreis gehandelt. Bei Patek Philippe und Audemars Piguet liegen die Mehrpreise auf dem Zweitmarkt vor allem bei den gehypten Linien Nautilus, Aquanaut und Royal Oak. Andere Marken haben nur wenige Modelle mit solchen Prämien.
Cartier-Uhren, die noch produziert werden, sind im Durchschnitt 31 Prozent günstiger als neue Modelle – attraktiv für Käufer, die von der wachsenden Beliebtheit der Marke profitieren möchten. Omega- und IWC-Modelle liegen auf dem Zweitmarkt rund 40 Prozent unter dem Neupreis. Kein Wunder, dass die Transaktionszahlen bei diesen drei Marken stark gestiegen sind.
Auch Jaeger-LeCoultre (Richemont) gewinnt an Aufmerksamkeit. Allerdings sanken die Preise im dritten Quartal um 5,2 Prozent, und viele gebrauchte Reverso-Modelle, die GQ als «It-Uhr 2025» bezeichnet, liegen deutlich unter dem Neupreis.
Ob die Dynamik auf dem Zweitmarkt anhält, ist unklar. Solange es jedoch keine Entlastung bei den Schweizer Zöllen gibt, werden die Preise für neue Uhren voraussichtlich weiter steigen. Wer also plant, seinen Bonus in hochwertige Armbanduhren zu investieren, sollte genau hinschauen.
(Bloomberg)
