Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat Mitte September den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent angehoben. Seither haben sich die Zinskosten für Immobilienbesitzer nochmals verteuert. Der Zinsindex für Wohnimmobilien des Vergleichsportals Hypotheke.ch weist aktuell einen durchschnittlichen Zins von 2,84 Prozent aus. Das ist der höchste Wert seit April 2011.

Zinsindex für Wohnimmobilien seit 2011 (Quelle: Hypotheke.ch).

Die Zeiten der Billig-Hypotheken sind wohl endgültig vorbei: Die aktuellen "Schaufensterpreise" für Hypotheken mit fünf Jahren Laufzeit fangen bei 2,28 Prozent an, bei Wohnkrediten über zehn Jahre lautet das günstigste Angebot auf 2,55 Prozent. Je nach Einkommen, Höhe des Eigenkapitals, Art der Immobilie können andere Zinssätze ausgehandelt werden. Für Hypothekarnehmerinnen und -nehmer, die keine Top-Bonität mitbringen, können die Zinskosten allerdings auch deutlich höher ausfallen.

Starke Bewegung beim Saron, Festhypotheken in einer Achterbahn

Bewegung gab es bei den Hypothekarzinsen in den letzten Wochen an breiter Front. Doch die grössten Aufschläge verzeichneten die Geldmarkthypotheken. Der Saron-Zinssatz ist infolge der SNB-Leitzinserhöhung innerhalb kurzer Zeit von minus 0,21 auf plus 0,43 angestiegen. "Bei den Festzinshypotheken haben wir hingegen eine Achterbahn, da am Kapitalmarkt sehr viel Erwartung eingepreist wird", sagt Hypothekenexperte und Geschäftsführer von Oxifina, Giampiero Brundia, gegenüber cash.ch.  

Den Refinanzierungssatz, welcher einer Festhypothek zugrunde liegt, bezeichnet man als Swap. Der Swap-Satz für zehn Jahre ist vor kurzem auf bis zu 2,36 Prozent gestiegen und danach wieder deutlich zurückgekommen. Im Moment weiss der Markt nicht so recht, wie es mit der Geldpolitik weitergeht. Deshalb kann man bei den Festzinshypotheken auch kurzfristig grosse Bewegungen von bis zu 0,5 Prozentpunkte in beide Richtungen beobachten. Aus dem Swap-Satz und der Marge des Finanzinstituts ergibt sich der Zinssatz für den Hypothekarnehmer. 

Das Phänomen der Achterbahn ist aber nicht neu, sondern besteht seit Jahren. "Es ist daher für Hypothekarnehmer gut, wenn man den Moment der Korrektur erwischt", so Brundia. Dies ist aber meist ein schwieriges Unterfangen. Das Problem: Die meisten Immobilienbesitzer haben Hypotheken mit Fälligkeitsdatum X und brauchen die neue Hypothek zu einem Zeitpunkt Y. Hier sei professionelle Unterstützung sinnvoll und mit finanziellem Mehrwert verbunden. Wie man beim Verhandeln von Hypotheken die Zinskosten optimiert, hat cash.ch hier erläutert.

Zinskosten für Saron-Hypothek werden weiter steigen

Der Saron folgt den Leitzinserhöhungen der SNB. Hier wird es bis zur nächsten Anhebung keine grossen Bewegungen geben. Aber in dem Moment, wo die Nationalbank den Leitzins nochmals anhebt, wird der Saron nochmals steigen. Brundia rechnet damit, dass eine Erhöhung von 25 Basispunkten im letzten Quartal 2022 folgen wird. 

"In der geldpolitischen Lagebeurteilung im Dezember erwarten wir eine weitere Erhöhung um 50 Basispunkte als wahrscheinlichstes Szenario", prognostiziert hingegen Burak Er, Head Research beim Immobilien- und Hypothekendienstleister Avobis, auf Anfrage von cash.ch. Bei einem Saron-Satz von etwa 1 Prozent könnte somit per Ende Jahr eine Saron-Hypothek bis zu 2 Prozent kosten.

Die Veränderung um plus einen Basispunkt (+0,01 Prozent) bedeutet zusätzliche jährliche Zinskosten einer Hypothek von 800'000 Franken um 80 Franken. Steigt der Zins für eine Saron-Hypothek tatsächlich mit dem Leitzins um 0,5 Prozentpunkt, fallen monatlich zusätzlich 333 Franken an.

Bei den Festhypotheken: Licht am Ende des Tunnels sichtbar

Ob im kommenden Jahr 2023 mit weiteren Erhöhungen gerechnet werden muss, hängt für Er von der Entwicklung verschiedenster Faktoren ab. "Ich rechne aber damit, dass die Zinsschraube im ersten Halbjahr um weitere 50 Basispunkte angezogen werden könnte." Bei den Festhypotheken sieht der Marktexperte von Avobis nach der momentan vorherrschenden Unsicherheit aber eine baldige Abkühlung.

"Bei den Festzinshypotheken glaube ich, dass wir das Zinsniveau erreicht haben, da der Markt viel eingepreist hat", sagt auch der Hypothekenexperte von Oxifina. Der Swap-Satz für zehn Jahre werde sich zwischen 2 und 2,5 Prozent einpendeln. Brundia prognostiziert, dass die Inflation zurückgehen und sich die Zinssituation in den nächsten 2 bis 3 Jahren wieder entspannen werde. "Der Swap-Satz für zehn Jahre wird dann zwischen 1,5 bis 2 Prozent liegen. Dadurch werden auch die Festzinshypotheken wieder günstiger." 

Festzinshypotheken werden im Szenario von Brundia aber nicht nur wegen der Bewegung auf dem Kapitalmarkt auf lange Sicht günstiger: Wenn das Zinsniveau steigt, profitieren gewisse Anbieter durch die Anhebung der Zinsmarge. Wenn das Zinsniveau sinkt, kommen die Zinsmargen wiederum unter Druck.

Preiskorrektur von bis zu 20 Prozent kein Weltuntergang

Es ist noch nicht absehbar und mit grosser Unsicherheit behaftet, ob Notenbanken im Falle eines schnellen Rückgangs der Inflation die Zinsen auch wieder senken werden. Speziell in der Eurozone, wo hohe Zinsen ein Problem für überschuldete Staatshaushalte sind, könnte der EZB-Rat einen Handlungsspielraum für wieder tiefere Zinsen in der Rezession schnell nutzen. Die SNB könnte wie in der Vergangenheit gleichziehen.

Die steigenden Zinsen wirken sich zunehmend auch an einem anderen Ort am Immobilienmarkt aus. Die Nachfrage nach Eigenheimen ist auf das Vor-Corona-Niveau zurückgegangen. Bei Mehrfamilienhäusern fallen die Preise bereits. "Preise werden stagnieren und um bis zu 20 Prozent korrigieren", meint Brundia. Von Weltuntergangsszenarien, die derzeit herumgereicht würden, halte er aber nichts.

Wohneigentümer würden zuerst an einem anderen Ort sparen, bevor sie die Liegenschaft verkaufen. "Die höheren Zins- und Amortisationskosten tun weh, können aber durch Konsum- oder Investitionsverzicht kompensiert werden." Sowieso sei das Zinsniveau historisch gesehen immer noch tief. Zudem sind die Kreditgeber bis jetzt in der Bewertung der Immobilie und vor allem bei der Tragbarkeit sehr restriktiv gewesen.

"Natürlich führen steigende langfristige Zinsen dazu, dass die Renditeerwartung an Immobilien ebenfalls zunehmen, was unter anderem Wertkorrekturen nach sich ziehen kann. Der Markt für Wohneigentum ist aber weiterhin stabil, da das Angebot knapp und die Nachfrage hoch ist und die Zinseffekte nachrangig gewichtet werden", gibt auch Er Entwarnung. Grundsätzlich würden die makroökonomischen Faktoren für einen beständigen starken Schweizer Immobilienmarkt sprechen, weshalb in der langen Frist bevorstehende mögliche Preiskorrekturen an Relevanz verlieren werden.