Mit etwas mehr als 2020 Dollar kostet eine Feinunze Gold so viel wie seit März letzten Jahres nicht mehr. Damals kletterte der Goldpreis in der Spitze sogar mal eben auf 2070 Dollar und damit in die Nähe des langjährigen Hochs vom August 2020.

Geht es nach dem bekannten Charttechniker Mensur Pocinci von der Bank Julius Bär, dann verläuft genau dort in der Region um 2070 Dollar die nächste und letzte Widerstandszone. Gelingt dem Edelmetall der Ausbruch, ist der Weg nach oben frei.

Neue Höchststände möglich

In Erwartung, dass sich die Gold-Unze auf einem Preisniveau von 2000 Dollar etablieren und danach Anlauf für einen Sprung über die besagte Hürde nehmen kann, erhöht Pocinci sein Anlageurteil von "Neutral" auf "Bullish". Mit anderen Worten: Er rechnet mit neuen Höchstständen. Noch Mitte Februar war er gar "Bearish" für das Edelmetall und riet zu Leerverkäufen (der cash Insider berichtete).

Nun stellt sich der für die Bank Julius Bär tätige Charttechniker jedoch gegen den hauseigenen Rohstoffstrategen. Erst kürzlich stufte dieser das Gold sogar von "Neutral" auf "Cautious" herunter (cash berichtete). Er begründete diesen Schritt damit, dass die Preise jüngst nicht nur zu schnell, sondern eben auch zu hoch gestiegen seien. Anders als Pocinci sieht der Stratege den Preis für eine Feinunze über die nächsten drei Monate auf 1850 Dollar zurückfallen. Seine 12-Monats-Prognose von 1725 Dollar lässt aus heutiger Sicht sogar zweistellige Verluste erahnen.

Eine Bank, zwei unterschiedliche Meinungen

Der Experte geht davon aus, dass sich die Probleme im US-Bankensektor auf ein paar wenige Regionalbanken beschränken und deren Probleme firmenspezifischer Natur sind. Er glaubt deshalb nicht an ein Übergreifen auf die ganze Branche. Ähnlich verhält es sich seines Erachtens mit der Rettung der Credit Suisse durch die UBS. Bekanntlich habe die Grossbank in den vergangenen Jahren mit zahlreichen hausgemachten Problemen zu kämpfen gehabt. Genau aus diesem Grund hält man die Hoffnung auf einen geldpolitischen Kurswechsel bei der US-Notenbank für übertrieben. Dasselbe gilt eben auch für die Flucht der Anleger in US-Staatsanleihen sowie in die Edelmetalle.

In Börsenkreisen erklärt man sich die beiden sich widersprechenden Expertenmeinungen mit den frappanten Unterschieden zwischen der charttechnischen Analyse und der Fundamentalanalyse. Allerdings würde etwas mehr "unité de doctrine" der Bank Julius Bär im vorliegenden Fall schon guttun, wie es weiter heisst.