Der breite US-Index S&P 500 beendete den Handel am Montag auf dem niedrigsten Stand seit Dezember 2020. Die anhaltende Furcht vor einer Rezession durch drastische Zinserhöhungen der US-Notenbank lastet weiter auf den US-Börsen. Geht es nach Goldman Sachs und BlackRock dürfte der Abverkauf noch weitergehen. Bloomberg berichtet, dass beide Vermögensverwalter kurzfristig eher pessimistisch gegenüber Aktien eingestellt sind, da die Märkte das Risiko einer globalen Rezession noch nicht eingepreist haben. 

Die Strategen von Goldman bezeichnen die steigenden Realrenditen als grossen Gegenwind am Markt und haben Aktien für die nächsten drei Monate auf untergewichtet gesetzt, während sie Cash übergewichtet lassen. BlackRock rät den Anlegerinnen und Anlegern ebenso, "die meisten Aktien zu meiden", und fügt hinzu, dass es Aktien der Industrieländer taktisch untergewichtet und Anleihen mit kurzer Laufzeit bevorzugt. 

"Das derzeitige Niveau der Aktienbewertungen spiegelt die damit verbundenen Risiken möglicherweise nicht vollständig wider und könnte weiter sinken, um einen Tiefpunkt des Marktes zu erreichen", schrieben Goldman-Strategen, darunter Christian Müller-Glissmann, am Montag in einer Mitteilung. Die von Goldman geschätzte Rezessionswahrscheinlichkeit ist nach dem jüngsten Ausverkauf von Anleihen auf über 40 Prozent gestiegen, was "historisch gesehen auf ein erhöhtes Risiko eines Aktienrückgangs hindeutet", schrieben sie.

Blackrock und Goldman Sachs sind mit ihrer negativen Marktsicht nicht allein: Ähnliche Befürchtungen werden von Morgan Stanley und JPMorgan geäussert. Dies, nachdem Zentralbanker von den USA bis Europa ihre Entschlossenheit zur Inflationsbekämpfung bekundet hatten, was in den letzten Tagen zu einem freien Fall der weltweiten Aktienkurse führte. Eine Atempause scheint nicht in Sicht zu sein, auch wenn der MSCI World Index seit Mitte September mehr als 8 Billionen Dollar an Wert verloren haben, was auf einen Anstieg der US-Renditen und des Dollars zurückzuführen ist. 

"Wir sehen keine 'sanfte Landung'", bei der die Inflation schnell auf das Zielniveau zurückkehre, ohne die Wirtschaft zu erdrücken, schrieben die Strategen des BlackRock, darunter Jean Boivin und Wei Li, am Montag in einer Mitteilung. "Das bedeutet mehr Volatilität und Druck auf Risikoanlagen".

«Dieser Bärenmarkt hat seinen Tiefpunkt noch nicht erreicht»

Da die Volatilität an den Aktienmärkten weiter zunimmt, hält JPMorgan auch im vierten Quartal an seiner Untergewichtung von Aktien fest. Die Grossbank bevorzugt Investment-Grade-Anleihen gegenüber Hochzinsanleihen, schrieb Sylvia Sheng, Global Multi-Asset Strategist, am Dienstag und rechnet mit einem schleppenden Wachstum in den USA und einer Rezession in Europa in den nächsten zwölf Monaten. 

Ein globales Rezessionswahrscheinlichkeitsmodell von Ned Davis Research stieg kürzlich auf über 98%, was ein "schweres" Rezessionssignal auslöste. Nur bei früheren akuten Abschwüngen, wie 2020 und 2008-2009, war die Wahrscheinlichkeit so hoch, so die Marktforscher. 

Die Tage des TINA-Mantras (There Is No Alternative) für Aktien seien vorbei, schreiben die Goldman-Strategen. Während sinkende Renditen die Attraktivität von Aktien seit der globalen Finanzkrise erhöht hätten, stünden die Anleger nun vor TARA (There Are Reasonable Alternatives), wobei Anleihen als besonders attraktiv erschienen, schrieben sie. 

Die pessimistische Einschätzung von Goldman kommt, nachdem die US-Strategen letzte Woche ihr Jahresendziel für den S&P 500 Index von 4300 auf 3600 gesenkt haben. In ähnlicher Weise haben die Europa-Strategen, darunter Sharon Bell, ihre Ziele für die regionalen Aktienindizes gesenkt und ihre Prognose für das Wachstum des Gewinns pro Aktie im Jahr 2023 für den Stoxx Europe 600 Index von Null auf minus 10 Prozent herabgestuft. "Dieser Bärenmarkt hat seinen Tiefpunkt noch nicht erreicht", schrieben Bell und ihre Goldman-Kollegen am Montag in einer separaten Notiz über europäische Aktien.

(cash)