Allerdings entschied Bundesrichter Amit Mehta am Dienstag (Ortszeit) auch, der Internet-Konzern Alphabet müsse weder seinen beliebten Chrome-Browser noch das mobile Betriebssystem Android verkaufen. Google erklärte dazu, man habe «Bedenken, wie sich diese Anforderungen auf unsere Nutzer und deren Privatsphäre auswirken werden» und prüfe die Entscheidung sorgfältig. Die Alphabet-Aktie legte nachbörslich um 7,2 Prozent zu. Der Richter begründete seine Entscheidung auch mit dem Aufkommen von KI-Diensten wie OpenAIs ChatGPT, die bereits Googles Dominanz untergraben würden. Google hatte angekündigt, Berufung einzulegen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung könnten daher noch Jahre vergehen.
Mehta verhängte weitere Auflagen gegen Google. So darf der Suchmaschinenbetreiber keine Exklusivvereinbarungen treffen, die Gerätehersteller daran hindern würden, Konkurrenzprodukte vorzuinstallieren. Die jüngsten Vereinbarungen mit Geräteherstellern wie Samsung und Motorola sowie den Mobilfunkanbietern AT&T und Verizon erlauben diesen bereits, konkurrierende Suchdienste zu laden. Die Staatsanwaltschaft hatte weitreichendere Massnahmen gefordert, wie einen Zwangsverkauf des Browsers Chrome, um Googles Marktmacht bei der Internet-Suche einzudämmen. Dazu gehören strenge Auflagen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und eben die Freigabe interner Daten. Sundar Pichai, der sowohl Google als auch den Mutterkonzern Alphabet leitet, hatte bei einer Aussage vor Gericht Letzteres entschieden abgelehnt. Er sprach von einer «faktischen Enteignung unseres geistigen Eigentums».
«Prozess des Jahrzehnts»
Der Entscheidung ging ein fünfjähriger Rechtsstreit voraus. Mehta hatte im vergangenen Jahr geurteilt, dass das Unternehmen ein illegales Monopol bei der Online-Suche und der damit verbundenen Werbung innehat. Alphabet beherrscht etwa 90 Prozent des Suchmaschinen-Marktes und streicht den Löwenanteil der weltweiten Ausgaben für Online-Werbung ein. Google zahlt Apple laut Analysten von Morgan Stanley jährlich 20 Milliarden Dollar für die Voreinstellung seiner Suchmaschine auf iPhones - eine Praxis, die nun fortgeführt werden darf.
Das Verfahren gilt als «Prozess des Jahrzehnts», weil die USA erstmals seit langer Zeit einem Unternehmen die Bildung eines illegalen Monopols vorwerfen. Im Jahr 1998 erlitt Microsoft eine Niederlage im Streit über die enge Verzahnung seines Browsers Internet Explorer mit dem Betriebssystem Windows. Der Software-Konzern entging damals nur dank eines Vergleichs einer Zerschlagung. Dieses Schicksal erlitt AT&T, nachdem 1974 eine Kartellklage gegen den Telekom-Anbieter eingereicht worden war.
Neben dem Verfahren wegen seiner Suchmaschine ist Google in weitere Rechtsstreitigkeiten über seine Vormachtstellung in anderen Märkten verwickelt. So will der Konzern gegen ein Urteil ankämpfen, das ihn zur Umgestaltung seines App-Stores verpflichtet. Zudem steht im September ein weiterer Prozess des Justizministeriums wegen illegaler Monopole bei Online-Werbetechnologie an. Die beiden Verfahren gegen Google sind Teil eines parteiübergreifenden Vorgehens der US-Behörden gegen grosse Technologiekonzerne, das während der ersten Amtszeit von Präsident Donald Trump begann und sich auch gegen Meta, Amazon und Apple richtet.
(Reuters)