"Never touch a falling knife" ist einer der bekanntesten Börsensprüche - dass man nicht in ein fallendes Messer greifen soll, trägt man nicht den metallenen Griffschutz einer Ritterrüstung, wie sie sehr vermögende oder institutionelle Anleger vielleicht haben.

Kleinanleger schrecken vor solchen Titeln zurück. Selbst die Möglichkeit, dass tiefe Kurse eine Einstiegschance sein können, lässt vorsichtige Börseninteressierte kalt. Aber ist die Vorsicht in jedem Fall berechtigt? cash nimmt fünf Aktien unter die Lupe.

Transocean: Wahrscheinlich das bekannteste "falling knife" der Schweizer Börse. Im Börsenbericht ist Transocean die schwankungsanfälligste Aktie, innert Jahresfrist hat der SMI-Titel aber alles in allem zwei Drittel an Wert verloren. Beim amerikanischen Ölplattformkonzern mit Schweizer Börsenkotierung gibt es mehr als ein Problem: Die Schulden sind hoch, die Kunden investieren bei einem gesunkenen Ölpreis weniger in Bohrausrüstungen, und dem Management wird nicht zugetraut, dass es die Krise meistern kann.

Hände weg? Ziemlich sicher ja. Wer im Ölplattformbusiness spekulieren will, braucht ein dickes Polster. Keiner der Analysten von Schweizer Banken, die den Titel beobachten, sprechen eine Kaufempfehlung aus, sondern raten zum Halten des Titels. Aber auch diese Empfehlung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Probleme beachtlich sind. Weil Transocean so volatil ist, und es keine Anzeichen für ein finanziell stabilere Zukunft für das Unternehmen gibt, haben Transocean-Aktien Casino-Charakter.

Schmolz + Bickenbach: Der mittlerweile von Viktor Vekselberg dominierte Stahlverarbeiter ist an der Börse innerhalb eines Jahres um 42 Prozent gefallen. Die Aktie Schmolz + Bickenbach ist 82 Rappen wert und damit ein Schweizer "penny stock", also ein Papier, das unter ein Franken wert ist. Mit der Finanzkrise, Kreditengpässen, Chefwechseln und Machtkämpfen hat Schmolz + Bickenbach einiges hinter sich. Mehrere Analysten haben in den letzten Monaten das Kursziel unter einen Franken gesenkt.

Hände weg? Nicht unbedingt. Schmolz + Bickenbach liefert hochwertige Stahlprodukte. Das Management strukturiert das Unternehmen weiter um, gemäss Branchenbeobachtern in die richtige Richtung, was auch der Aktie Aufwärtspotenzial bieten kann. Allerdings ist das Unternehmen immer noch grossen Unsicherheiten ausgesetzt. Wer die Aktie aber kauft, braucht wohl einen langen Atem. Die Analysten von der Bank Vontobel schreiben, dass eine deutliche Erholung des Aktienkurses noch eine Weile auf sich warten lasse. Dem Prinzip Hoffnung muss eine gewisse Beachtung geschenkt werden.

Sulzer: Noch eine Vekselberg-Firma. So klangvoll der Name des Traditionshauses aus Winterthur in der Schweizer Industriegeschichte nachhallt, so tiefgreifend sind die Probleme bei Sulzer. Der Margendruck im Öl- und Gasgeschäft ist gross, die Märkte der Division für chemische Trennkolonnen in Asien entwickelten sich schleppend. Dazu kommen eine kompliziert Restrukturierung und nicht zuletzt die Frankenstärke. Der Bestelleingang könnte im Gesamtjahr rückläufig sein. Die Investoren sind bei Sulzer schon seit längerem vorsichtig: Vor einem Jahr stand die Aktie 22 Prozent höher, wobei der kontinuierliche Rückgang des Aktienkurses seit 2013 anhält.

Hände weg? Die zahlreichen Probleme machen Sulzer noch nicht per se zum "falling knive". Die bad news sind langsam alle im Kurs eingepreist. In der zweiten Jahreshälfte könnten sich erste Effekte des Effizienzprogramms "Full Potential" auswirken, das aus Sulzer wieder eine schlagkräftigere globale Industriegruppe machen soll. Zudem ist Sulzer relativ günstig bewertet. Gute Neuigkeiten könnten den Kurs also steigern, wobei ein Engagement bei Sulzer im Moment immer noch eher eine Wette ist.

Aryzta: Der Backwarenhersteller hat die Geduld der Anleger zuletzt auf die Probe gestellt. Der Wert der Aktie hat sich seit einem Rekordhoch im vergangenen Sommer fast halbiert. Zukäufe wie jener des Tiefkühlprodukte-Spezialisten Picard kosten Geld und zeigen nicht an, wohin sich das Geschäft entwickeln soll. Organisch sank der Umsatz um 2,3 Prozent im dritten Quartal, in Nordamerika sanken die Verkäufe der Grossbäckerei gar um 6,7 Prozent. Der Ausblick wurde schon mehr als einmal gesenkt.

Hände weg? Glücklich wird sicherlich, wer herzhaft in ein Aryzta-Backwerk beissen kann - mit dem Kauf der Aktie wird dieser Zustand nicht erreicht. Der Weltmarktführer muss Unternehmensziele erreichen, und die Zukäufe müssen rasch einen Gewinnbeitrag leisten. Zweifel sind erlaubt, ob dies so rasch der Fall sein wird. Bei Aryzta ist also abwarten angesagt.

Syngenta: Im Jahresvergleich hat der Saatguthersteller 22 Prozent gewonnen - dadurch ist er das Gegenteil eines "fallenden Messers". Das Problem bei Syngenta ist die Newslage: Konkurrent Monsanto will den Basler Agrochemiekonzern kaufen, wogegen sich das Management um Mike Mack wehrt. Das Hin und Her macht Syngenta zu einem der SMI-Titel mit der höchsten Unsicherheit.

Hände weg? Die Märkte glauben, dass der Syngenta-Monsanto-Deal zustandekommen wird, deswegen sind sie der Aktie wohlgesonnen. Für Syngenta gibt es zahlreiche Kaufempfehlungen, und Analysten erwarten in der Mehrzahl einen steigenden Kurs. Wer Syngenta-Aktien kaufen will, setzt also darauf, dass Monsanto für Syngenta noch einen höheren Preis bezahlen könnte. Aktuell liegt das Angebot bei 449 Franken, der Kurs bei 402 Franken. Monsanto will Syngenta also unbedingt.